American Steel & Wire

Die American Steel & Wire Company ist zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein namhafter Stahlproduzent in den USA, der zu dieser Zeit unter anderem auch im Bau von Materialseilbahnen aktiv ist. American Steel & Wire nutzt in diesem Zusammenhang eine Lizenz der Trenton Iron Company, welche ihrerseits 1888 in Besitz eines exklusiven Nutzungsrechts der Technologie des deutschen Seilbahnpioniers Bleichert ist. Bleicherts kuppelbare Zweiseilumlaufbahnen finden durch Trenton Iron und American Steel & Wire auf dem nordamerikanischen Kontinent weite Verbreitung.

Luftseilbahnen für den Personentransport lassen den USA noch deutlich länger auf sich warten als in Europa. Zu Beginn der 1930er Jahre beginnen dann aber die Planungen für eine Seilbahn am Cannon Mountain im Bundesstaat New Hampshire. American Steel & Wire wird mit der Realisierung des Projekts beauftragt und greift dabei erneut auf Technik aus dem Hause Bleichert zurück. Die erste grosse Luftseilbahn mit Pendelbetrieb entsteht daraufhin nach dem in Europa bereits weit verbreiteten System Bleichert-Zuegg. Zwischen dem Beginn der Planungen und der letztlichen Realisierung vergehen allerdings mehrere Jahre, sodass das Projekt erst 1938 abgeschlossen werden kann.

Der auch in den USA aufstrebende Wintertourismus beschert American Steel & Wire zur gleichen Zeit aber noch weitere Aufträge. Bis Mitte der 1930er Jahre sind in den Skigebieten Nordamerikas nur Seillifte als mechanische Aufstiegshilfen bekannt. Der Schlepplift mit hoher Seilführung und Gehängen zum Transport der Skifahrer bleibt jedoch nach seiner Einweihung durch Constam und Bleichert 1934 in Davos auch jenseits des Atlantiks nicht lange unentdeckt. Bereits im Jahr darauf kann American Steel & Wire nach Hanover im Bundesstaat New Hampshire das Seil für einen Schlepplift am Oak Hill liefern. Die Konstruktion ähnelt mit ihren Ein-Personen-Bügeln in Form eines J auffallend den Ideen Constams, wird aber nicht mit Einzugsapparaten, sondern mit festen Stangen ausgestattet. Das Prinzip des J-Bar findet daraufhin in den USA weite Verbreitung und ist noch heute anzutreffen.

1936 finden auch die Planer des Skigebiets Sun Valley im Bundesstaat Idaho Gefallen an den neuen Aufstiegshilfen. Die Eigentümer möchten das System gegenüber dem J-Bar allerdings in punkto Komfort und Schnelligkeit verbessern und beauftragt daraufhin mehrere Ingenieure mit der Suche nach einer praktikablen Lösung. Letztendlich münden die Überlegungen in eine Kombination der bereits bekannten Beförderungsprinzipien bei Einseilumlaufbahnen. Der J-Bar wird – inspiriert von den in den USA weit verbreiteten Transportanlagen für Bananenstauden – dahingehend verändert, dass der Fahrgast auf einer Plattform sitzend und ohne Bodenkontakt befördert werden kann. Zahlreiche Versuche können die anfängliche Skepsis beseitigen, sodass am Ende des Jahres 1936 mit Unterstützung von American Steel & Wire die beiden ersten Sesselbahnen der Welt am Proctor Mountain und Dollar Mountain eröffnet werden können. Eine dritte Anlage in Form eines J-Bar nimmt im selben Zug den Betrieb auf, wird aber bereits im Folgejahr an einen neuen Standort am Ruud Mountain versetzt und dort als weitere Einersesselbahn wiedereröffnet. Dieses Exemplar ist noch heute als Denkmal vollständig erhalten.

American Steel & Wire startet daraufhin in die Serienproduktion der erfolgreichen Erfindung. Bis Ende der 1940er Jahre erstellt das Unternehmen zahlreiche weitere Anlagen und etabliert sich damit als einer der erfolgreichsten Hersteller auf dem nordamerikanischen Kontinent. Die bei den frühen Exemplaren eingesetzten Holzstützen verschwinden schon bald zugunsten stabilerer und langlebigerer Stahlkonstruktionen, die restlichen charakteristischen Bauteile bleiben aber noch lange erhalten. Zwei Exemplare von American Steel & Wire sind noch heute in Mad River Glen, Vermont, und in Cordova, Alaska in Betrieb.