Brändle & EGZ
Der Name Karl Brändle ist auch heute noch an zahlreichen Seilbahnanlagen anzutreffen, und das, obwohl der Konstrukteur nur während gut zwei Jahrzehnten im Seilbahnbau tätig ist. Den Anfang machen im Zuge des aufstrebenden Skitourismus nach dem zweiten Weltkrieg kleine und leichte Tellerschlepplifte nach dem System Vogler. Brändle ist zu dieser Zeit bei der Eisenbahngesellschaft Zürich (EGZ) als Konstrukteur tätig. Das Unternehmen erstellt in der Schweiz einige wenige, meist portable Anlagen an Übungshängen.
Bereits zu Beginn der 1950er Jahre macht sich Brändle daraufhin selbständig und gründet sein eigenes Unternehmen, das sich mit der Planung und Konstruktion von Schleppliften befasst. Die Produktion der Anlagen übernimmt Brändle anders als viele seiner Konkurrenten dagegen nicht selbst, sondern lässt diese Arbeiten durch Drittfirmen ausführen. Zügig erfolgt auch die Abkehr von den kleinen und leichten Vogler-Schleppliften. Bereits 1952 kann Brändle daraufhin an der Parsennfurka in Davos einen ersten langen und steilen Schlepplift mit seiner charakteristischen Fachwerk-Portalstütze ausstatten. Die schweren Konstruktionen werden schnell zu seinem Markenzeichen. Denn während die meisten anderen Hersteller zu jener Zeit noch auf Holz als Baumaterial setzen, verwendet Brändle bereits Stahl. Dank der robusten Bauweise kommt er dadurch bei seinen Schleppliften auch mit weit weniger Stützen als andere Hersteller aus. Und die Anlagen erweisen sich gleichzeitig als äusserst langlebig, sodass auch bei späteren Umbauten die Stützen meist erhalten bleiben. Auch Brändle selbst stattet später mehrere von Constam und Sameli-Huber erstellte Schlepplifte mit neuen Stahlstützen aus.
Als vorteilhaft erweisen sich die Stützen nicht nur bei langen und steilen Schleppliften in schwierigem Terrain, sie eignen sich auch bestens zum Sommerbetrieb mit eingehängten Einersesseln. Der erste solche Kombilift von Brändle erblickt 1954 wiederum in Davos das Licht der Welt, aber auf der anderen Talseite an der Ischalp. Weil von Beginn an mit einer hohen Nachfrage am Brämabüel-Hang ausgegangen wird, konstruiert Brändle eine spezielle Doppelstütze, die die Möglichkeit zur nachträglichen Erweiterung um eine zweite Parallelanlage offenhält. Um die Geländeeingriffe zu minimieren, sieht der Konstrukteur eine innenliegende Auffahrspur für beide Anlagen vor, während die talfahrenden Bügel die Aussenseiten der Stützen befahren sollen. Die Verwirklichung der zweiten Anlage erfolgt wenige Jahre später jedoch nicht durch Brändle, sondern die Firma Oehler, die die Auffahrseite des zweiten Schlepplifts kurioserweise dennoch auf die Aussenseite verlegt.
Weitere Kombilifte erstellt Brändle zur selben Zeit auch in Wangs am Pizol. Die untere Sektion Furt-Gaffia besitzt gleich mehrere leichte Kurven und wird nach weniger als zwei Jahrzehnten Betrieb bereits durch einen begradigten Kombilift aus dem Hause Oehler ersetzt. Die Anlage ist daraufhin ab 1975 aber noch für knapp drei weitere Jahrzehnte in Feldis im Einsatz.
Auch reine Sesselbahnen erstellt Brändle bereits in den 1950er Jahren. Die erste in der Schweiz entsteht 1957 von Findeln nach Sunnegga in Zermatt, die erste überhaupt dürfte dagegen bereits einige Jahre zuvor in Garmisch-Partenkirchen dem Betrieb übergeben worden sein. Die Anlage ist nicht die einzige, die Brändle ins Ausland exportieren kann, denn auch beispielsweise im nordschwedischen Abisko entsteht in Kooperation mit einem lokalen Fabrikanten eine Zweiersesselbahn nach Plänen von Brändle, die bis heute in Betrieb ist. In der Schweiz entstehen in der Folge jedoch nur vereinzelte Sesselbahnen von Brändle, so beispielsweise in Flims und in Churwalden. Letztere Anlage ist noch heute in modifizierter Form am nahegelegenen Hochwang im Schanfigg im Einsatz.
Kleinere Pendelbahnen entstehen zu jener Zeit ebenfalls aus der Feder von Karl Brändle. Bereits 1957 kann er eine steile Bahn mit vierplätzigen Kabinen zur Erschliessung der Ortschaft Embd oberhalb von Kalpetran im Wallis eröffnen, eine weitere folgt kurz darauf in Muotathal zur Glattalp. Auch ausserhalb der Schweiz entstehen Pendelbahnen von Brändle, die bekannteste unter ihnen am Masada in Israel. Und auch im Bau von kuppelbaren Einseilumlaufbahnen versucht sich Brändle. Die einzige Anlage, die in der Folge jedoch den Betrieb aufnehmen kann, entsteht 1967 im Tierpark Kolmården in Stockholm. Brändle stattet die Anlage, die in Dreiecksform durch den Tierpark verläuft, mit einer eigens entwickelten Klemme aus. Pläne für eine weitere Anlage existieren auch in dem damals neu erschlossenen Skigebiet San Bernardino, aber der Auftrag geht letztlich doch an den Konkurrenten Gerhard Müller.
Ende der 1960er Jahre zieht sich Brändle aus dem Seilbahnbau zurück. Die letzte Neuanlage nimmt in der Schweiz 1969 am Tscheischhorn im Avers den Betrieb auf und ist – in modifizierter Form – heute auch eine der letzten, die noch die klassischen Brändle-Fachwerkstützen besitzt.