Constam & Sameli-Huber

Der Name Ernst Constam ist mit der Entwicklung des Schlepplifts für den Skisport verbunden wie kaum ein zweiter. Im März 1930 reicht der Zürcher Ingenieur ein Patentgesuch für eine „Schleppseilbahn mit Seilgehängen für Skiläufer“ bei den Behörden ein. Es ist der Auftakt für den sogenannten Bügelschlepplift, der heute auf der ganzen Welt anzutreffen ist.

Bereits in dieser ersten Version seiner Erfindung sind die Charakteristika des Bügelschlepplifts klar erkennbar. So sieht die Idee vor, dass in regelmässigen Abständen einzelne elastisch ausziehbare Schleppseile an einem umlaufenden Förderseil befestigt werden. Die Höhe des Förderseils über dem Grund ist dabei so bemessen, dass die Fahrgäste die Schleppseile nur an der Talstation greifen können. Auf der Strecke verläuft das Förderseil dagegen aus Sicherheitsgründen so hoch, dass sich die Wintersportler nicht versehentlich in den Schleppseilen verfangen können. Die Erfindung ist damit eine deutliche Weiterentwicklung gegenüber den ersten Schleppliften für den Skisport, die der deutsche Robert Winterhalder schon über zwei Jahrzehnte zuvor im Schwarzwald realisiert. Da das Förderseil über Zwischenstützen geführt wird, erlauben Constams Schlepplifte deutlich längere Trassierungen.

Anfänglich sieht der Erfinder vor, dass sich die Fahrgäste an den Schleppseilen festhalten. Schnell kommt Constam aber zu der Erkenntnis, dass dieses Beförderungsprinzip äusserst unkomfortabel auf längeren Strecken ist. So verändert er seine Idee dahingehend, dass am Ende des Schleppseils ein Bügel in Form eines J angebracht wird, den sich der Fahrgast unter das Gesäss schiebt. Auf diese Weise wirkt die Zugkraft auf den Körperschwerpunkt und erfordert von den Skifahrern keinerlei Kraftaufwand. Ein Prinzip, das den Wintersport revolutioniert. Und so kann Constam im Dezember 1934 mit Unterstützung des deutschen Seilbahnpioniers Bleichert schliesslich seinen ersten Schlepplift in Davos am Fusse des Jakobshorns eröffnen.

Der Davoser Skilehrer Jack Ettinger sieht in den Bügeln von Constam noch einen entscheidenden Optimierungspunkt. Die J-Form erlaubt zu diesem Zeitpunkt nur den Transport einzelner Fahrgäste. Ettinger schlägt daher vor, den Bügel um eine zweite Seite zu ergänzen. Es ist die Geburt des klassischen T-Bügels, oder „Sie-und-Er-Bügel“, wie er seinerzeit genannt wird. Ergänzt werden die Bügel bereits beim Erstlingswerk um ein Schleppgehänge, das das Schleppseil auf einer separat am Förderseil befestigten Trommel automatisch aufwickelt, wenn es nicht genutzt wird.


Modell eines Constam-Schlepplifts im Verkehrshaus Luzern.

Schlepplift nach Bauweise Constam (Mitte) in Le Markstein in den Vogesen.

Das System entwickelt schon bald darauf zum Kassenschlager. Im Zuge des aufstrebenden Wintersports in den 1930er Jahren kann Constam bis Ende des Jahrzehnts allein in der Schweiz 14 weitere solche Anlagen realisieren, darunter in renommierten Orten wie St. Moritz, Grindelwald und Arosa. Auch in den angrenzenden Alpenländern finden sich schnell Lizenznehmer. In Österreich erwirbt beispielsweise der heutige Weltmarktführer im Seilbahnbau, die Firma Doppelmayr, eine Lizenz zum Bau von Constams Schleppliften und realisiert erste Exemplare in Zürs am Arlberg.

Auch als Constam kurz darauf in die USA auswandert und dort in Kooperation mit lokalen Produzenten weitere Anlagen erstellt, findet sich mit Henri Sameli-Huber in der Schweiz ein Nachfolger. Dieser erstellt zunächst in weiten Teilen identische Schlepplifte, vereinfacht die Konstruktionen in mehreren Punkten aber entscheidend. So kombiniert er beispielsweise die zuvor auf zwei Gehänge aufgeteilte Aufhängung der Bügel und Einzugsapparate der Schleppseile zu einer einzelnen Konstruktion. Auch die Kombination der Antriebsanlage mit der Gewichtsabspannung auf einem kompakten, fahrbaren Brückenantrieb, vereinfacht den Aufbau der Stationen.


Schlepplift von Sameli-Huber am Hochstuckli in Sattel.

Schlepplift von Sameli-Huber am Hochstuckli in Sattel.

Schlepplift von Sameli-Huber am Hochstuckli in Sattel.

Die touristisch bedeutendste Weiterentwicklung ist jedoch die Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Schlepplifts auf die Sommermonate. Nach anfänglichen Versuchen, die Schlepplifte mit reduzierter Geschwindigkeit zu betreiben und dabei Wanderern das Bergauflaufen zu erleichtern, greift Sameli-Huber auf eine Erfindung zurück, die Constam noch kurz vor seiner Übersiedelung patentiert. So sieht Constam vor, statt der Schleppbügel im Sommer einplätzige Sessel als Sitzgelegenheit an das Förderseil zu hängen. Ein Prinzip, das damals versuchsweise in den USA bereits angewandt wird, in Europa aber erst später Verbreitung findet.

Die Kombination aus Schlepplift- und Sesselbahnbetrieb erfordert gegenüber reinen Sesselbahnen eine entsprechende Anpassung der Stationen. Erste Versuche finden ab 1943 bei einer Anlage am Jochpass in Engelberg statt, bei der neben Sesseln auch geschlossene Kabinen Einsatz finden. Durchsetzen kann sich letzteres Prinzip in der Schweiz vorerst nicht, kombinierte Schlepp- und Sessellifte kann Sameli-Huber dagegen bis zum Beginn der 1950er Jahre an zahlreichen Orten konstruieren, bevor er sich schliesslich aus dem Seilbahnbau zurückzieht. Mit Ablauf des Patentschutzes steigen zu dieser Zeit sowohl in der Schweiz als auch im benachbarten Ausland unzählige kleinere Unternehmen in den Bau von Schleppliften nach dem System Constam ein. Das Prinzip prägt die Seilbahnwelt bis heute.

Patente im Zusammenhang mit Constam

Constam 1930 Schlepplift CH147025A
Constam 1934 Luftseilbahn CH174855A
Constam 1935 Luftseilbahn Zwischenausstieg CH174505A
Constam 1935 Schleppbügel AT145894B
Constam 1935 Schleppbügel DE648573C
Constam 1938 Kurve CH204677A
Constam 1940 Kombilift CH221789A

Patente im Zusammenhang mit Sameli-Huber

Sameli-Huber 1946 Einzugsapparat CH251572A

Seilbahnen von Constam in Deutschland und der Schweiz

Seilbahnen von Sameli-Huber in Deutschland und der Schweiz

OrtNameTyp Optionen
Bernina Ospizio Bernina2-SLE   
Braunwald Braunwald-Hüttenberg2-SLE   
Les Hauts-Geneveys Bosse de Tête de Ran2-SLE   
Zermatt Zermatt-Sunnegga2-SLE   
Les Diablerets Les Vioz2-SLE   
Crans-Montana Montana-Arnouvaz2-SLE   
Adelboden Chüenisbärgli2-SLE   
Engelberg Trübsee-Jochpass2-SLE / 1-SBF / 2-KBF   
Schönried Schönried-Horneggli2-SLE   
Schönried Hornberg-Hornfluh2-SLE   
Gstaad Rütti-Bodmen2-SLE   
Urnäsch Sölzer-Osteregg2-SLE   
Pontresina San Spiert-Clüx2-SLE / 1-SBF   
Pontresina Clüx-Alp Languard2-SLE / 1-SBF   
Flühli Thorbach-Blasenegg2-SLE   
Leukerbad Obere Maresen2-SLE   
Alt St. Johann Alt St. Johann-Alp Selamatt2-SLE / 1-SBF   
Zermatt Sunnegga-Blauherd2-SLE   
Schwarzsee Schwarzsee-Riggisalp2-SLE / 1-SBF   
Stoos Stoos-Fronalp2-SLE / 1-SBF   
Kiental Kiental-Ramslauen1-SBF   
Saint-Cergue L'Archette-La Barillette1-SBF   
Rigi Windegg-Rigi Scheidegg2-SLE   
Sattel Herrenboden-Bärenfang2-SLE   
Flumserberg Tannenheim-Prodalp2-SLE / 1-SBF