Girak

1920 gründen die Brüder Franz und Leopold Girak im niederösterreichischen Korneuburg eine Maschinenfabrik. Das Unternehmen spezialisiert sich alsbald auf den Bau von Seilbahnen und Hängebahnen für die Land- und Forstwirtschaft. Ab den 1930er Jahren beginnt Girak auch mit der Erstellung grösserer und kuppelbarer Materialseilbahnen unter Verwendung von Schraubklemmen nach Vorbild des deutschen Seilbahnriesen Pohlig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt Girak dem Zweiseilsystem treu und entwickelt basierend auf den gemachten Erfahrungen bei den industriellen Materialseilbahnen eine Variante, die sich auch für den Personentransport eignet. Erneut greift man auf das bereits seit Jahrzehnten bewährte Prinzip der Schraubklemmen zurück, die über einen charakteristischen Wurfhebel an der Aussenseite eines Laufwerks betätigt werden. Jede Kabine ist mit solch einem Laufwerk ausgestattet, besitzt vier Rollen für das Befahren des Tragseils und zwei Klemmapparate. Das Prinzip stützt sich damit auf die noch vor dem Zweiten Weltkrieg vom Salzburger Ingenieur Georg Wallmannsberger vorgeschlagenen sicherheitsrelevanten Verbesserungspotenziale der Schraubklemme gegenüber den eingesetzten Varianten bei den Materialseilbahnen. Wallmannsberger selbst hat zu diesem Zeitpunkt bereits eine zweite Variante seines Laufwerks mit Federklemmen entwickelt, die ab 1950 in den Alpen von mehreren Herstellern in Lizenz eingesetzt wird. Girak dagegen setzt bei seinen Anlagen weiterhin auf die Schraubklemmen. Auch die Firma Kienast setzt das Laufwerk mit den Schraubklemmen erfolgreich ein.


Zweiseilumlaufbahn von Girak aus den 1950er Jahren in St. Gilgen.

Zweiseilumlaufbahn von Girak aus den 1950er Jahren in St. Gilgen.

Zweiseilumlaufbahn von Girak aus den 1950er Jahren in St. Gilgen.


Zweiseilumlaufbahn von Girak aus den 1950er Jahren in St. Gilgen.

Girak-Laufwerk für Zweiseilumlaufbahnen mit Wurfhebelklemmen.

Die erste Anlage mit diesem System und die gleichzeitig erste kuppelbare für den Personentransport in Österreich errichtet Girak in Form einer Bauseilbahn für die Konstruktion des Margaritzen-Stausees bei Heiligenblut im Jahr 1949. Bahnen für den touristischen Personentransport folgen in Hallein, auf der Muttereralm, am Kitzbüheler Horn und schliesslich 1957 am Zwölferhorn in St. Gilgen. Die Muttereralmbahn wird nach Vorbild der Von-Roll-Seitwärtssesselbahnen mit zweiplätzigen Sesseln ausgestattet, später kommen parallel auch dort Kabinen zum Einsatz.

Als Anhänger des Zweiseilsystems patentiert Girak Ende der 1940er Jahre sogar einen Pendelschlepplift mit zwei zusätzlichen Tragseilen je Fahrspur. Durchsetzen kann sich diese Idee gegenüber den einfacher aufgebauten Anlagen nach dem System Constam, die in Österreich von der Firma Doppelmayr in Lizenz erstellt werden, aber nicht. So beginnt auch Girak ab Ende der 1940er Jahre bei fix geklemmten Anlagen das Einseilprinzip anzuwenden. Als einer der ersten Hersteller in Österreich errichtet das Unternehmen Einersesselbahnen, ab Ende 1953 kommen auch bereits zweiplätzige Exemplare zum Einsatz. Mit einer fortwährenden Standardisierung kann Girak während der folgenden beiden Jahrzehnte eine grosse Anzahl derartiger Bahnen nach ganz Österreich liefern.


Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak mit seitlichen Schliessbügeln an den Sesseln in St. Gallenkirch.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak mit seitlichen Schliessbügeln an den Sesseln in St. Gallenkirch.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak mit seitlichen Schliessbügeln an den Sesseln in St. Gallenkirch.


Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak in Bad Kleinkirchheim mit neuen Sesseln von Doppelmayr.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak in Bad Kleinkirchheim mit neuen Sesseln von Doppelmayr.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak in Bad Kleinkirchheim mit neuen Sesseln von Doppelmayr.

Anders als in den Nachbarländern finden sich in Österreich bis zum Beginn der 1970er Jahre neben vereinzelten Pendelbahnen nahezu ausschliesslich fix geklemmte Sesselbahnen und Schlepplifte. Der kuppelbaren Einseilbahntechnik öffnen sich die Behörden und Hersteller erst deutlich später als in Frankreich, Italien und der Schweiz. Der technologische Rückstand der einheimischen Produzenten auf dem Gebiet ist daher gross, sodass sich auch Girak dazu entschliesst, bei den ersten kuppelbaren Einseilumlaufbahnen mit dem System des Zürcher Seilbahnpioniers Gerhard Müller auf eine Schweizer Idee in Lizenz zurückzugreifen.

Erneut handelt es sich dabei um eine Schraubklemme, mit der Girak bereits zu Zeiten der Zweiseilumlaufbahnen Erfahrung sammeln kann. Das Unternehmen nimmt an der Klemme einige Erweiterungen vor, unter anderem erfolgt die Einrichtung einer neuartigen Klemmkraftprüfung. 1971 kann Girak in Ischgl am Pardatschgrat seine erste moderne kuppelbare Einseilumlaufbahn Österreichs eröffnen. Zu diesem Zeitpunkt existiert in Österreich nur eine einzige weitere kuppelbare Einseilumlaufbahn, die Katrin-Seilbahn in Bad Ischl, die 1959 auf Basis des Reussner-Kuppelsystems von der Firma Kienast erstellt wird. Girak selbst patentiert kurz zuvor ebenfalls ein solches System mit fest am Förderseil fixierten Mitnehmern, in die sich die Kabinen in den Stationen ein- und ausklinken, kann es aber unter eigenem Namen nicht in die Realität umsetzen.


Die Katrinalmbahn in Bad Ischl von Girak nutzt die Stützen des Vorgängers, einer Kabinenbahn nach dem Kuppelsystem Reussner, weiter.

Kabinenbahn von Girak in Bad Ischl, ursprünglich mit Müller-Schraubklemmen ausgestattet, heute mit Nockenklemmen bestückt.

Kabinenbahn von Girak in Bad Ischl, ursprünglich mit Müller-Schraubklemmen ausgestattet, heute mit Nockenklemmen bestückt.


Typische Girak-Kabinenbahn aus den 1970er Jahren in Bad Kleinkirchheim mit später nachgerüsteten Nockenklemmen.

Typische Girak-Kabinenbahn aus den 1970er Jahren in Bad Kleinkirchheim mit später nachgerüsteten Nockenklemmen.

Typische Girak-Kabinenbahn aus den 1970er Jahren in Bad Kleinkirchheim mit später nachgerüsteten Nockenklemmen.

So folgt stattdessen ab den 1970er Jahren noch ein knappes Dutzend weiterer Anlagen mit Müller-Schraubklemmen in Österreich. Schon damals zeichnet sich aber ab, dass die fast drei Jahrzehnte alte Technik langfristig keine Zukunft mehr haben wird. Obwohl durch die Weiterentwicklungen von Girak auch der Einsatz bei sechsplätzigen Kabinen möglich wäre, ist die Schraubklemme eine technologische Sackgasse. Aus diesem Grund entwickelt Girak zu Beginn des folgenden Jahrzehnts ein eigenes, neuartiges Kuppelsystem. Die bistabile Nockenklemme mit ihrem charakteristischen Hebel an der Aussenseite lässt höhere Fahrgeschwindigkeiten zu, ist im Betrieb weniger störanfällig und einfacher zu warten. Auch die bereits bestehenden Anlagen rüstet Girak in der Folge auf das neue Klemmensystem um. Weil die Behörden zu Beginn der 80er Jahre aber noch immer darauf bestehen, dass vierplätzige Fahrzeuge mit zwei Klemmapparaten ausgestattet werden müssen, erhält vorerst jede Kabine zwei Nockenklemmen. Erst später darf die Zahl der Klemmen bei der Nockalmbahn auf eine pro Fahrzeug reduziert werden.


Girak-Nockenklemme Typ A im geschlossenen Zustand am Förderseil.

Girak-Nockenklemme Typ A im geöffneten Zustand im Stationsumlauf.

Girak-Nockenklemme Typ B im geöffneten Zustand im Stationsumlauf.

1985 setzt Girak die Nockenklemme in Bad Kleinkirchheim erstmalig bei einer kuppelbaren Vierersesselbahn ein, im Jahr darauf kommt eine verstärkte Variante bei einer Kabinenbahn mit sechsplätzigen Fahrzeugen zum Einsatz. Girak greift noch bis Ende der 1990er Jahre auf die Nockenklemme zurück.


Die erste kuppelbare Vierersesselbahn von Girak entsteht Mitte der 1980er Jahre in Bad Kleinkirchheim.

Kuppelbare Sesselbahn Maibrunn von Girak in Bad Kleinkirchheim.

Kuppelbare Sesselbahn Maibrunn von Girak in Bad Kleinkirchheim.


Kuppelbare Kabinenbahn von Girak mit sechsplätzigen Kabinen aus den 1980er Jahren in Bad Kleinkirchheim.

Kuppelbare Kabinenbahn von Girak mit sechsplätzigen Kabinen aus den 1980er Jahren in Bad Kleinkirchheim.

Kuppelbare Kabinenbahn von Girak mit sechsplätzigen Kabinen aus den 1980er Jahren in Bad Kleinkirchheim.

1996 verkauft Girak das Unternehmen an den Schweizer Seilbahnhersteller Garaventa, der die Geschäftstätigkeit daraufhin unter dem Namen Girak-Garaventa fortsetzt. Die Technik bleibt dabei vorerst unverändert, sodass Girak-Garaventa die Nockenklemme unter anderem auch bei einigen wenigen kuppelbaren Sechsersesselbahnen einsetzt. Mit der Erweiterung auf achtplätzige Kabinen greift der Hersteller in der Folge aber auf die von Garaventa entwickelte Spiralfederklemme zurück. Auch bei kuppelbaren Sesselbahnen gleicht Girak-Garaventa Ende des Jahrzehnts die Technik dem neuen MCS-System von Garaventa an. Bis zur Fusion von Garaventa und Doppelmayr im Jahr 2002 erstellt Girak-Garaventa weiterhin unter eigenem Namen Seilbahnen in Österreich und teils auch im angrenzenden Ausland. Nach der Fusion verschwindet der Name Girak endgültig aus dem Seilbahnbau, das ehemalige Werk dient heute in erster Linie der Produktion von Sesseln.


Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Girak-Garaventa in Bad Kleinkirchheim.

Fix geklemmte Vierersesselbahn von Girak-Garaventa am Katschberg.

Fix geklemmte Vierersesselbahn von Girak-Garaventa am Katschberg.


Kuppelbare Vierersesselbahn von Girak-Garaventa in Zürs am Arlberg.

Kuppelbare Vierersesselbahn von Girak-Garaventa in Zürs am Arlberg.

Kuppelbare Vierersesselbahn von Girak-Garaventa in Zürs am Arlberg.


Kuppelbare Kabinenbahn von Girak-Garaventa in Kitzbühel mit Nockenklemmen.

Kuppelbare Kabinenbahn von Girak-Garaventa in Kitzbühel mit Nockenklemmen.

Girak-Nockenklemme Typ B im geschlossenen Zustand am Förderseil.


Kuppelbare Kabinenbahn von Girak-Garaventa aus den 1990er Jahren mit Kuppelsystem von Garaventa in St. Oswald.

Kuppelbare Kabinenbahn von Girak-Garaventa aus den 1990er Jahren mit Kuppelsystem von Garaventa in St. Oswald.

Kuppelbare Kabinenbahn von Girak-Garaventa aus den 1990er Jahren mit Kuppelsystem von Garaventa in St. Oswald.


Kuppelbare Sechsersesselbahn von Girak-Garaventa nach dem MCS-System von Garaventa.

Patente im Zusammenhang mit Girak

Girak 1949 Klemme AT166576B
Girak 1949 Schlepplift AT163076B
Girak 1956 Mitnehmerklemme AT190968B
Girak 1966 Klemme CH429811A
Girak 1979 Klemmkraftprüfung Schraubklemme AT377487B
Girak 1981 Klemme AT370686B
Girak 1982 Klemme AT375047B
Girak 1982 Klemme EP0063558A1
Girak-Garaventa 1997 Standseilbahn AT405733B
Girak-Garaventa 1998 Fahrbetriebsmittel AT2344U2

Seilbahnen von Girak in Deutschland und der Schweiz

OrtNameTyp Optionen
Bayrischzell Bayrischzell-Tanneralm1-SBF   
Pfronten Pfronten-Breitenberg4-KBK