Leitner
Die Ursprünge des heute weltweit tätigen Seilbahnherstellers Leitner gehen zurück auf die Gründung einer Produktionsstätte für landwirtschaftliche Maschinen durch Gabriel Leitner im Jahr 1888. Im Rahmen seiner Tätigkeit entwickelt Leitner zu dieser Zeit für die Landwirtschaft auch kleinere seilgezogene Transportanlagen. Die ersten Berührungspunkte mit Seilbahnen für den Personentransport hat das Unternehmen aus Sterzing zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Bei der Sanierung der ersten Kohlern-Seilbahn in Bozen ist Leitner neben anderen Herstellern involviert.
Doch erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs kann sich Leitner im hart umkämpften Seilbahnmarkt einen Namen machen. Gemeinsam mit dem Seilbahnpionier Karl Hölzl gelingt es Leitner 1947 in Corvara, eine der ersten Einersesselbahnen Italiens dem Betrieb zu übergeben. Es soll die vorerst einzige Beteiligung an einem solchen Projekt bleiben, denn Leitner konzentriert sich ab den 1950er Jahren zunächst auf die Erstellung von Schleppliften. Das eigens erstellte und weitgehend standardisierte Modell „Ski-Kuli“ findet ab 1952 zunächst in Südtirol, bald darauf aber auch in vielen anderen Regionen Italiens zahlreiche Abnehmer. Innert kürzester Zeit lässt Leitner die nationale Konkurrenz von Nascivera und Marchisio zahlenmässig weit hinter sich. Rund 50 Anlagen erstellt Leitner allein in Italien bis Ende des Jahrzehnts.
Zu Beginn der darauffolgenden Dekade widmet sich Leitner neben dem Schleppliftbau auch wieder den fix geklemmten Sesselbahnen. 1961 entsteht in St. Cassian das erste moderne Modell, im Jahr darauf nimmt in St. Vigil die erste Stehkabinenbahn des Unternehmens den Betrieb auf. Dieses in Italien beliebte Transportmodell zählt auch während der folgenden Jahre zu den meistverkauften Produkten von Leitner. Die vielleicht beeindruckendste Anlage dieser Art entsteht 1968 in der Cristalloscharte in Cortina d’Ampezzo bis in knapp 2900 Meter über dem Meer als Ersatz für einen Korblift. Zum Zeitpunkt ihrer Stilllegung im Jahr 2016 ist die Kabinenbahn die älteste ihrer Art in Italien.
Mit Ende der 1960er Jahre nimmt die Nachfrage nach Stehkabinen auch in Italien rapide ab und der Transport mit Sesseln setzt sich durch. Leitner kann 1969 in Ladurns sein erstes Exemplar mit zweiplätzigen Fahrzeugen eröffnen, woraufhin sich das Modell schnell zum Standard entwickelt.
Noch bevor Leitner den Schritt hin zu dreiplätzigen Sesseln bei fix geklemmten Anlagen wagt, betritt der Südtiroler Hersteller den Markt der kuppelbaren Seilbahnen. 1978 entsteht in St. Vigil die erste kuppelbare Dreiersesselbahn Italiens. Es handelt sich bei der Anlage jedoch nicht um eine von Leitner entwickelte Konstruktion, sondern um einen Lizenzbau mit Technik des französischen Herstellers Poma. Dieser ist mit seinen automatischen Kabinenbahnen schon in den 1960er Jahren Vorreiter auf dem Gebiet der kuppelbaren Bahnen und überträgt diese Idee ab 1972 auch auf Sesselbahnen. 1982 kommt es zu einer weiteren Kooperation, als Leitner seine erste kuppelbare Kabinenbahn in Meransen dem Betrieb übergeben kann, erneut mit Kuppeltechnik von Poma. Auch die bei Poma-Anlagen typischen Kabinen, bei denen die Fahrgäste Rücken an Rücken sitzen, übernimmt Leitner. Die prototypische Anlage wird 2008 an einem neuen Standort im bulgarischen Bodrost wieder in Betrieb genommen.
Inspiriert von den gemachten Erfahrungen und dem aufstrebenden Markt der Kuppeltechnik entwickelt Leitner daraufhin ein eigenes Klemmenmodell. 1985 kann die erste Anlage mit der neuen Spiralfederklemme in Obereggen eröffnet werden. Die kuppelbare Vierersesselbahn ist gleichzeitig die erste in Italien. Das Modell mit standardisierten Stationen ist schon bald darauf im ganzen Land gefragt, wodurch Leitner sich den kuppelbaren Markt weitgehend exklusiv mit der Konkurrenz aus dem Hause Agamatic aufteilt.
Zu Beginn der 1990er Jahre gerät der weiterhin familiengeführte Betrieb wie viele andere Hersteller zu jener Zeit aber in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mit Michael Seeber, einem Bauunternehmer aus der Region, findet sich 1993 ein Investor, der kurze Zeit später auch die Leitung des Unternehmens übernimmt. Unter dem neuen Eigentümer entwickelt Leitner nicht nur sein Produktportfolio weiter, sondern baut durch die Übernahme mehrerer anderer Unternehmen seine Position auch auf dem internationalen Markt weiter aus. Bis Anfang der 1990er Jahre entstehen Leitner-Anlagen nur vergleichsweise selten im Ausland, mit der Übernahme des Standseilbahn- und Pendelbahn-Spezialisten Waagner Biró in Österreich 1999 und der Integration des französischen Seilbahnriesen Poma in die Unternehmensgruppe von Seeber nach der Jahrtausendwende wächst Leitner zu einem der international bedeutendsten Seilbahnhersteller heran.
Das Unternehmen ist seither als Vollausstatter auf dem Seilbahnmarkt aktiv und kann zahlreiche beeindruckende Bahnen rund um den Globus eröffnen. Dazu zählen 2006 die Konstruktion einer fast sechs Kilometer langen Zweiseilumlaufbahn in Hong Kong sowie die erste Anlage vom Typ 3S 2009 in Bozen. 2018 und 2023 entstehen am Klein Matterhorn in Zermatt zwei weitere Bahnen des gleichen Typs, die die höchstgelegene Alpenüberquerung per Seilbahn in über 3800 Metern über dem Meer ermöglichen.
Die Seilbahn von Bozen nach Oberbozen ist 2009 die erste Zweiseilumlaufbahn von Leitner mit zwei Tragseilen je Fahrspur.
Die 2018 eröffnete Luftseilbahn zum Klein Matterhorn ist die höchstgelegene der Alpen und wird von Leitner als Zweiseilumlaufbahn mit zwei Tragseilen je Fahrspur konstruiert.
Patente im Zusammenhang mit Leitner
Leitner 1984 Einzugsapparat EP0135239A2
Leitner 1988 Kurve EP0281205A2
Leitner 1989 Klemme SU1466643A3
Leitner 1990 Klemme IT1244238B
Leitner 2000 Laufwerk DE20006725U1
Leitner 2001 Laufwerk AT4286U1
Leitner 2011 Laufwerk US2013319280A1
Leitner 2011 Laufwerk WO2009130239A1
Leitner 2013 MiniMetro EP2749469A1
Leitner 2016 Klemme EP2979950A1
Leitner 2017 MiniMetro CA3035486A1
Leitner 2019 Hybrides Seilbahn-Schienen-System EP3552916A1
Leitner 2019 Kabine IT201900016751A1
Leitner 2020 Sessel-Fahrradaufhängung EP3984866A1