Müller
Während mehr als fünf Jahrzehnten zählt Gerhard Müller zu den innovativsten Köpfen der Schweizer Seilbahnwelt. Bereits 1932 erstellt er am Albispass im Alter von nur 17 Jahren seinen ersten Schlepplift. Es ist eine Konstruktion, die überwiegend aus Motorradteilen zusammengestellt ist und bei der sich die Fahrgäste an einem umlaufenden und knapp über dem Boden schwebenden Förderseil festhalten. Diese Form des Schlepplifts erfährt als sogenannter Seillift ab den 1970er Jahren zunehmende Popularität. Die Anlage am Albispass ist eine der ersten nachgewiesenen dieser Art weltweit und nimmt damit noch vor den ersten Anlagen nach den später so weit verbreiteten Schleppliftsystemen von Constam, Hefti und Poma den Betrieb auf.
Seine Tätigkeit als Seilbahnkonstrukteur führt schliesslich 1947 zur Gründung der Maschinenfabrik Gerhard Müller in Dietlikon (GMD) im Kanton Zürich. Schlepplifte für den aufstrebenden Wintertourismus liegen zunächst weiterhin im Fokus von Müller. Noch im Gründungsjahr seines Unternehmens kann er ein erstes Exemplar in Champéry im Unterwallis dem Betrieb übergeben. Weitere Anlagen folgen noch in den 1940er Jahren in Lenzerheide und Veysonnaz. Schnell kann sich Müller mit seinen laufruhigen und bereits erstaunlich weit standardisierten Schleppliften schweizweit einen Namen machen. Mitte der 1950er Jahre finden sich daher an bereits rund zwei Dutzend Schleppliften die markanten Initialen GMD.
Erste Generation der Fachwerk-Portalstütze von Müller, wie sie in den 1940er und 1950er Jahren zum Einsatz kommt.
Schon zu Beginn des Jahrzehnts erkennt Müller aber, dass Schlepplifte nicht die alleinige Lösung für Aufstiegshilfen im Wintersport sein können. Inspiriert von den Ideen Constams und Sameli-Hubers erstellt er daher erste kombinierte Anlagen, die im Winter als Schlepplifte und im Sommer als Einersesselbahnen betrieben werden. Auch erste reine fix geklemmte Sesselbahnen nehmen in dieser Zeit den Betrieb auf.
Seine bedeutendste und weitreichendste Erfindung stellt aber die Entwicklung eines kuppelbaren Klemmapparats für Einseilumlaufbahnen dar. Anders als die nationalen Konkurrenzsysteme von Von Roll und Giovanola basiert das Prinzip bei dieser Klemme nicht auf Feder- oder Schwerkraft, vielmehr schraubt sich eine Klemmbacke nach Betätigung eines Zahnrades am Förderseil fest. Die daher als Schraubklemme bezeichnete Konstruktion erblickt 1950 in Sattel am Hochstuckli erstmalig das Licht der Welt. Angelehnt an die VR101 kommen bei dieser Bahn ebenfalls Sessel zum Einsatz, bei denen die Fahrgäste zur Seite hin sitzen. Zwei weitere Anlagen dieses Typs nehmen im Jahr darauf am Chasseron und am Flumserberg den Betrieb auf.
Die Schraubklemme kann sich neben der VR101 und der Giovanola-Schwerkraftklemme schnell als drittes Schweizer System bei Einseilumlaufbahnen etablieren. 1954 kommt die Klemme erstmalig in einer Doppelversion bei einer Kabinenbahn von Brig nach Rosswald im Wallis zum Einsatz. Auch der internationale Erfolg lässt nicht lange auf sich warten, sodass Müller teils mit lokalen Kooperationspartnern insbesondere in Frankreich, aber auch im restlichen Europa Anlagen mit seinen Schraubklemmen in Betrieb nehmen kann. In Österreich findet sich mit der Firma Girak ebenfalls ein prominenter Lizenznehmer.
Doch auch die fix geklemmten Bahntypen entwickeln sich schnell zum Exportschlager. Insbesondere in Nordamerika findet Müller zahlreiche Abnehmer für seine Zweiersesselbahnen, aber auch in Australien und Neuseeland ist der junge Unternehmer früh aktiv. Hauptabsatzmarkt bleibt aber die Schweiz, wo bis in die 1970er Jahre hunderte Müller-Seilbahnen den Betrieb aufnehmen. In diese Zeit fällt auch die Entwicklung eines weiteren avantgardistischen Systems, der sogenannte Aerobus. Dieser ist als leistungsfähiges Verkehrsmittel für den öffentlichen Personennahverkehr gedacht und zeichnet sich durch elektrische Fahrzeuge aus, die auf hängebrückenartig abgespannten Drahtseilen verkehren. Neben einer Testanlage in Dietlikon entstehen temporäre Anlagen mit dem System in Saint-Anne in Kanada und in Mannheim, der Durchbruch auf diesem Gebiet bleibt Müller jedoch verwehrt.
Trotz Weiterentwicklungen zeichnet sich in den 1980er Jahren immer mehr ab, dass das Konzept der Schraubklemme eine technische Sackgasse ist. Die letzten Anlagen nach diesem System entstehen Mitte des Jahrzehnts. 1985 stirbt Gerhard Müller an den Folgen eines Herzinfarkts, was gleichzeitig auch das Ende des gleichnamigen Unternehmens bedeutet. Im Rahmen eines Management-Buyouts wird die Geschäftstätigkeit aber unter dem neuen Namen Rowema weitergeführt. Rowema ist bis heute im Seilbahnbau aktiv und erstellt im Laufe der Jahre weltweit Anlagen, wenngleich in deutlich geringerer Stückzahl als zu Zeiten von Gerhard Müller. Das Produktportfolio ist dennoch nach wie vor breit aufgestellt, angefangen bei Schleppliften über fix geklemmte Sessel- und Gruppenbahnen bis hin zu einem kuppelbaren System, für das Rowema heute die Wopfner-Kuppelklemme einsetzt.
Kuppelbare Kabinenbahn von Müller der zweiten Generation aus den 1980er Jahren mit Schraubklemmen in Gstaad.
Die einzige kuppelbare Kabinenbahn von Rowema in der Schweiz erschliesst das Skigebiet Wispile in Gstaad.
Patente im Zusammenhang mit Müller
Müller 1934 Schlepplift CH174250A
Müller 1948 Einzugsapparat CH254437A
Müller 1950 Klemme CH284670A
Müller 1952 Klemme CH305601A
Seilbahnen von Müller in Deutschland und der Schweiz
Seilbahnen von Rowema in Deutschland und der Schweiz
Ort | Name | Typ | Betriebsdauer | Hersteller | Optionen | |||
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Gstaad (Wispile) | Gstaad-Bodmen | 4-KBK | 1988 - Heute | Rowema | ||||
Gstaad (Wispile) | Bodmen-Höhi Wispile | 4-KBK | 1988 - Heute | Rowema |