Nascivera & Gradio

Francesco Nascivera steigt mit seinem gleichnamigen Unternehmen Mitte der 1950er Jahre in den Bau von Schleppliften ein. Die in Rovereto ansässige Firma findet zunächst in der erweiterten Umgebung ihres Produktionsstandortes nahe Trento Abnehmer für ihre Konstruktionen. 1954 nimmt im Skigebiet Folgaria eine erste Versuchsanlage den Betrieb auf, bereits drei Jahre später wird der Schlepplift deutlich vergrössert. In Folgaria setzt man in der Folge auch bei weiteren Neubauten auf Nascivera, aus Madonna di Campiglio erhält das junge Unternehmen einen weiteren Grossauftrag. 1963 erstellt Nascivera in Canazei seine erste fix geklemmte Einersesselbahn, eine zweite folgt im Jahr darauf erneut in Folgaria. Und am selben Ort ist es gut zwei Jahre später schliesslich so weit, dass Nascivera auch seinen ersten Korblift dem Betrieb übergeben kann. Ab 1968 zählt Nascivera zu den ersten Herstellern in Italien, die fix geklemmte Zweiersesselbahnen konstruieren. Bis dato ist Italien das Land der Einersesselbahnen, zwei Personen werden dagegen in der Regel stehend in den weit verbreiteten Korbliften transportiert.


Korblift von Nascivera in Folgaria.

Korblift von Nascivera in Folgaria.

Korblift von Nascivera in Folgaria.


Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Nascivera am Monte Panarotta.

Typische Zweiersessel von Nascivera.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Nascivera in Folgaria.

In seltenen Fällen exportiert Nascivera seine Produkte bis Ende der 1960er Jahre auch in das benachbarte Frankreich. 1965 liefert das Unternehmen einen ersten Schlepplift nach Morzine, im Jahr darauf eine fix geklemmte Zweiersesselbahn nach Avoriaz. Zwei weitere Schlepplifte folgen 1967 in Modane und Chalmazel, nach einer zweiten Zweiersesselbahn 1969 in Saint-Jean-d’Arves konzentriert sich die Firma aber exklusiv auf den italienischen Markt.

Als einer der ersten Hersteller greift Nascivera bei seinen Anlagen auf standardisierte Bauteile zurück. Ab den 1970er Jahren setzt der Hersteller auf Brückenkonstruktionen für Antrieb und Abspannung, die mit ihren spinnenartigen Stützpfeilern ein charakteristisches Aussehen besitzen. Bis zum Ende des Jahrzehnts zählt Nascivera zu den erfolgreichsten Seilbahnherstellern Italiens.


Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Nascivera in Arabba.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Nascivera in Arabba.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Nascivera in Arabba.


Schlepplift von Nascivera am Monte Baldo.

Schlepplift von Nascivera am Monte Baldo.

Schlepplift von Nascivera in Cave del Predil.

Zu Beginn der 1980er Jahre gerät das Unternehmen aber zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Das Produktportfolio entspricht mit Schleppliften und fix geklemmten Bahnen nicht mehr den Bedürfnissen der Skigebietsbetreiber, die zunehmend auf die Kuppeltechnik anderer Hersteller zurückgreifen. Nascivera muss wegen der prekären Auftragslage nach über 300 realisierten Seilbahnen daher kurze Zeit später Insolvenz anmelden. Mit den einstigen Konkurrenten Graffer und Agudio finden sich jedoch schnell zwei Unternehmen, die Nascivera im Rahmen eines Joint Venture übernehmen und die Geschäftstätigkeit fortsetzen. In Anlehnung an die beiden neuen Eigentümer trägt das Unternehmen fortan den Namen Gradio.

Fix geklemmte Sesselbahnen zählen auch weiterhin zu den Spezialitäten in Rovereto. Vereinzelt setzt Gradio mit Unterstützung der Mutterunternehmen aber auch Kuppeltechnik ein. Derartige Anlagen bleiben aber die Ausnahme, denn insbesondere Agudio vermarktet die kuppelbaren Bahnen vorrangig unter eigenem Namen, darunter auch bei den DMC-Anlagen von La Thuile und Arabba sowie bei einer kuppelbaren Vierersesselbahn in Pinzolo. Eine kuppelbare Sesselbahn unter Gradio entsteht in Folgarida am Monte Spolverino. Die Anlage besitzt allerdings genau wie die 1992 erstellte Sesselbahn Campo Imperatore in L’Aquila Stationen und Klemmen von Poma. Weil Agudio zu diesem Zeitpunkt bereits von Poma übernommen ist und die Technik des französischen Seilbahnriesen implementiert, stammen die Bauteile aus der Alpha-Baureihe.

Durch die Übernahme von Agudio durch Poma endet auch die Zusammenarbeit des italienischen Traditionsherstellers mit Graffer. Der Name Gradio verschwindet daraufhin aus dem Seilbahnbau, der Produktionsstandort in Rovereto wird vom Schweizer Hersteller Garaventa übernommen.