Niederberger
Das 1881 von Remigi Niederberger gegründete Unternehmen zählt während mehr als einem Jahrhundert zu den traditionsreichsten Herstellern der Schweizer Seilbahnwelt. Noch vor der Jahrhunderwende beginnt Niederberger, die Hänge rund um den Firmenstandort Dallenwil mit sogenannten Heuseilen zu bestücken. Die simpel aufgebauten Anlagen dienen dazu, Heu von Wiesen oberhalb der Engelberger Aa ins Tal zu transportieren. Eine Materialbarelle gleitet dazu über ein Tragseil ins Tal, hinaufgezogen wird sie mittels eines Zugseils meist von Hand.
Schon bald finden aber nicht nur die einfachen Heuseile bei den Landwirten im Kanton Nidwalden Anklang, sondern auch grössere Seilbahnen. Niederberger stattet diese Anlagen meist mit zwei offenen Kabinen aus, die sowohl Material als auch wenige Personen befördern können. Der Konstrukteur greift dabei auf ein Prinzip zurück, das zu dieser Zeit auch bei Standseilbahnen im urbanen Bereich eingesetzt wird. Der Antrieb erfolgt per Wasserballast, indem ein Tank unter der jeweils in der Bergstation befindlichen Kabine mit Wasser befüllt wird, bis die Kabine so schwer ist, dass sie die zweite automatisch hinaufzieht. Im Tal leert sich der Tank dann über ein Ventil ebenfalls automatisch.
1911 setzt Niederberger bei einer Seilbahn von Dallenwil nach Niederrickenbach erstmalig auf einen Verbrennungsmotor. Und auch wenn vor allem der Kanton Nidwalden die Erschliessung der Weiler und Almen per Seilbahn vorantreibt, so kann Niederberger zu dieser Zeit auch in den Nachbarkantonen immer häufiger seine kleinen „Schiffli“, wie die Kabinen wegen ihrer charakteristischen Form genannt werden, in Betrieb nehmen. Zahlreiche ältere Anlagen kann Niederberger zudem ab den 1930er Jahren durch leistungsfähigere Exemplare ersetzen. Mit Klemenz Mathis und den Gebrüdern Odermatt finden sich im Laufe der Jahre weitere im Engelberger Tal beheimatete Konstrukteure, die sich mit dem Bau kleinerer Pendelbahnen nach Vorbild Niederbergers befassen.
Inspiriert von den ersten Sesselbahnen in den USA lässt Niederberger 1937 aber auch noch eine andere recht kuriose Erfindung patentieren. Bei dieser werden an einem umlaufenden Förderseil in regelmässigen Abständen Gehänge mit Podesten angebracht, auf denen die Gäste im Stehen den Berg hinauffahren. Dieser Stehlift kann somit als eine Art Korblift betrachtet werden, wobei anders als bei den später in Italien so populären Anlagen einzig die Gehängestange zum Festhalten dient. Entsprechend gering müssen die Bodenabstände ausfallen, da keine weitere Absturzsicherung vorhanden ist. Niederberger verweist in der Patentschrift auf einen beabsichtigten Einsatz auf Sportplätzen. Noch im selben Jahr kann dann am Hotel Fürigen nahe Stans am Vierwaldstättersee die erste und letztlich auch einzige Anlage nach diesem Prinzip eröffnet werden. Sie führt von der Harissenbucht zu einer Badeanstalt und ist als Ruine bis heute erhalten.
Es soll der einzige Ausflug Niederbergers in diesen Bereich der Seilbahntechnik werden, denn fortan widmet man sich wieder den Kleinpendelbahnen. In der ganzen Schweiz entstehen bis zur Jahrtausendwende Dutzende dieser Anlagen, im Laufe der Zeit auch immer häufiger mit geschlossenen Kabinen. Bis zu acht Personen finden in den Fahrzeugen Platz, womit sie kantonal konzessioniert sind und daher weniger strengen Vorschriften unterliegen. Auf diese Weise kann auch ein automatischer Betrieb realisiert werden, bei dem die Fahrgäste die Anlagen selbst bedienen und starten können. Für viele Landwirte bedeutet die touristische Nutzung der kleinen Bahnen in der Zentralschweiz einen lukrativen Nebenverdienst.
Gegen Ende des Jahrtausends beginnt Niederberger auch mit der Konstruktion kleinerer Schrägaufzüge. Die Anlagen verfolgen als Zubringer zu Liegenschaften den gleichen Zweck wie die Pendelbahnen und finden daher vorwiegend private Abnehmer. Einige öffentlich zugängliche Bahnen finden sich in der Schweiz aber ebenfalls, beispielsweise am Lac d’Emosson.
Wegen der immer strengeren Vorschriften für den Bau und Betrieb von Seilbahnen fällt die Entscheidung zur Erschliessung von Weilern und Anhöhen ab der Jahrtausendwende jedoch immer häufiger zugunsten einer Strassenanbindung aus. Das Geschäft mit den kleinen Pendelbahnen beginnt zu stagnieren, woraufhin Niederberger im Jahr 2006 von der Firma Inauen-Schätti übernommen wird. Diese passt das Konzept der Kleinpendelbahn den neuen Vorgaben an und hält die Tradition der Firma Niederberger bis heute aufrecht.
Patente im Zusammenhang mit Niederberger
Niederberger 1938 Stehlift CH197761A