Oehler
1881 gründet der Unternehmer Alfred Oehler gemeinsam mit seinem Studienfreund Robert Zschokke die Maschinenwerkstätte Oehler & Zschokke. Anfänglich konzentriert sich das junge Unternehmen auf die Herstellung von Baumaschinen, erweitert die Tätigkeit nach dem plötzlichen Tod Zschokkes 1883 bis zur Jahrhundertwende aber auch auf die Produktion von Transportanlagen. Zu den Spezialgebieten zählt zu dieser Zeit die Herstellung tragbarer Stahlgleise für Feld-, Dienst- und Industriebahnen. Oehler führt das Unternehmen bis zu seinem Tod im Jahr 1900 alleine weiter, bevor zunächst sein Bruder und sieben Jahre später sein Sohn Alfred Oehler in das Unternehmen einsteigt und im Jahr darauf die Geschäftsführung übernimmt.
Als eines der ersten Unternehmen erweitert Oehler zu dieser Zeit sein Geschäft mit den Transportanlagen auch auf Seilbahnen. Im Fokus steht dabei schon bald die Produktion von Seilbahnen für militärische Zwecke. Während des Ersten Weltkriegs zählen derartige Anlagen auf österreichischer und italienischer Seite zu einem strategisch wichtigen Element in den laufenden Gebirgskämpfen. Sowohl für Material- als auch für Soldatentransporte kommen die Bahnen an zahlreichen Orten zum Einsatz. Inspiriert von einem Besuch der österreichischen Gebirgsfront und ihrer Seilbahnen im Sommer 1916 entwickelt Oehler in der Folge für das Schweizer Militär ähnliche Konstruktionen. Im Fokus seiner Überlegungen steht eine weitgehende Standardisierung der Bauteile, um im Falle einer nicht unwahrscheinlichen Beschädigung durch kriegerische Aktivitäten schnell und einfach Abhilfe schaffen zu können. Seilbahnen gelten wegen ihrer fragilen Bauweise als leichtes Angriffsziel mit grossen strategischen Auswirkungen auf die Transportmöglichkeiten zur Front, sodass Oehler sich vermehrt auch mit der Frage einer adäquaten Tarnung beschäftigt.
In diesem Zusammenhang ist Oehler massgeblich am Aufbau des Seilbahndiensts der Schweizer Armee beteiligt und konstruiert in mehreren Baureihen bis Mitte der 1940er Jahre 118 standardisierte militärische Seilbahnen in der Schweiz. Neben grösseren Pendelbahnen entstehen vor allem kleinere und teilweise portable Feldseilbahnen im Gebirge. Wenige dieser Anlagen sind bis heute erhalten und dienen mittlerweile touristischen Zwecken, beispielsweise die Palfriesbahn in Ragnatsch.
Parallel zu den Militäranlagen widmet sich Oehler aber schon damals touristisch orientierten Seilbahnen. 1924 liefert das Unternehmen eine Schlittenseilbahn nach Crans-Montana, die zu den ersten mechanischen Aufstiegshilfen für den Wintersport weltweit zählt. Kleinere Luftseilbahnen für Personentransporte folgen 1931 in Erstfeld, drei Jahre später am Bürgenstock und 1935 schliesslich von der Stöckalp nach Melchsee-Frutt. Speziell letztere Anlage ist mit 3,5 Kilometern Länge ein beeindruckendes Projekt.
Als Mitte der 1930er Jahre die ersten Schlepplifte auf den Markt kommen und die kapazitätsschwachen Schlittenseilbahnen langsam ersetzen, wird Oehler auf das Gurtenliftsystem von Beda Hefti aufmerksam. Der Erfinder aus dem Kanton Freiburg kann die Idee, bei denen die Fahrgäste sich einen Gurt umschnallen, der mit einem Seil am umlaufenden Förderseil befestigt wird, 1935 erstmalig in La Berra in die Realität umsetzen. Nach einigen Optimierungen ist das System kurz darauf für den produktiven Einsatz geeignet und so produziert Oehler die Anlagen ab 1937 in Lizenz. Der erste Oehler-Gurtenlift entsteht am Nätschen oberhalb von Andermatt, knapp 20 weitere folgen während der nächsten zehn Jahre.
Viele dieser Gurtenlifte erreichen beeindruckende Werte bei Länge und Höhendifferenz, die auch von späteren Bügelschleppliften nicht übertroffen werden. Höhepunkt ist 1945 die Eröffnung des damals längsten Schlepplifts der Schweiz von Innerarosa auf das Hörnli mit über 2,7 Kilometern Länge, einer Kurve und 51 Stützen. Drei Jahre später baut Oehler die Anlage in einen Kombilift um, wie er zu jener Zeit von Sameli-Huber beim Constam-Bügelliftsystem immer häufiger Einsatz findet. Anders als bei den fest mit dem Förderseil verbundenen Gehängen von Constam ist es aber ein Charakteristikum der Gurtenlifte, dass die Beförderungsmittel nur während der Bergfahrt ans Seil geklemmt werden. Für den Einsatz von einplätzigen Sesseln setzt Oehler daher auf eine Schwerkraftklemme, die sich durch Abheben in den Stationen vom Seil löst. In den Stationen werden die Sessel auf Stumpfgleisen abgestellt und die Sitzflächen für die nächste Fahrt um 180° gedreht. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass das Gehänge die Kurve des Hörnlilifts jeweils von der Aussenseite befahren kann.
Es bleibt jedoch bei der einen Versuchsanlage, die nach einem Unfall bereits 1963 durch eine Zweiseilumlaufbahn ersetzt wird. Oehler wendet sich ab den 1950er Jahren auch vom Gurtenliftsystem ab und setzt wie die meisten anderen Schweizer Hersteller in der Folge auf den klassischen Bügelschlepplift. Der Kuppeltechnik bleibt Oehler aber in anderer Form treu. Zu Beginn der 1950er Jahre erwirbt das Unternehmen vom Ingenieur Georges Reussner eine Lizenz zum Einsatz des wahrscheinlich ausgefallensten Kuppelsystems für Einseilumlaufbahnen überhaupt. Das Prinzip basiert auf fest mit einem umlaufenden Förderseil verbundenen Mitnehmern, in die vierplätzige Kabinen bei der Stationsausfahrt automatisch eingehängt werden. Bei der Stationseinfahrt lösen sich die Kabinen durch Befahren einer Schiene wieder von dem Mitnehmer. Was nach einer denkbar simplen Lösung klingt, entpuppt sich in der Praxis jedoch als pannenanfälliges System. 1951 kann Oehler eine Kabinenbahn erstmalig am Cry d’Er in Crans-Montana einsetzen, drei Jahre später folgt eine zweite Anlage in zwei Sektionen in Wangs am Pizol. Schon 1968 respektive 1975 weichen beiden Bahnen Ersatzanlagen und in der Schweiz ist das System daraufhin nicht mehr anzutreffen. Mit der österreichischen Firma Kienast und der französischen Firma Applevage findet Reussner zwar noch zwei weitere Interessenten für seine Idee, doch die erstellten Anlagen werden ebenfalls nach kurzer Zeit wieder stillgelegt.
Bis zum Beginn der 1970er Jahre konzentriert sich Oehler daraufhin wieder auf den Bau von Schleppliften, bevor die Seilbahnsparte im Zuge einer Umstrukturierung aufgegeben wird. Das Unternehmen geht daraufhin endgültig in der Georg Fischer AG auf, die bereits seit 1938 am Unternehmen Oehler beteiligt ist.
Patente im Zusammenhang mit Oehler
Oehler 1945 Gurtenlift-Abkuppelstelle CH250250A
Oehler 1949 Einzugsapparat DE813851C
Oehler 1953 Klemme FR1093685A
Oehler 1956 Klemme FR1149390A
Patente im Zusammenhang mit Oehler
Reussner 1945 Schleppgehänge FR914653A
Reussner 1949 Kabinenbahn AT168304B
Reussner 1949 Kabinenbahn CH281011A
Reussner 1949 Kabinenbahn DE918813C