Pohlig

Der gelernte Maschinenbauingenieur Julius Pohlig fertigt im Jahr 1873 eine erste eigene Materialseilbahn im Siegerland. In Kooperation mit dem in Wien ansässigen Ingenieur Theobald Obach gründet Pohlig 1874 ein Unternehmen, das sich in der Folge auf die Konstruktion von Seilbahnen für den Kohle- und Erztransport konzentriert. Obach ist zu diesem Zeitpunkt ebenfalls bereits seit einigen Jahren im Bau von Materialseilbahnen basierend auf einem 1871 in Österreich erteilten Patent für Anlagen mit getrenntem Trag- und Zugseil tätig. Auch Planungen für eine erste Personenluftseilbahn für die Weltausstellung in Wien 1873 gehen auf Obach zurück, gelangen aber letztlich nicht zur Ausführung.

Pohlig greift seinerseits ab 1878 in Lizenz auf Konstruktionsideen von Theodor Otto zurück, einem weiteren Pionier der Materialseilbahnen nach dem deutschen System mit getrenntem Trag- und Zugseil. Otto ist zu diesem Zeitpunkt erst seit kurzem wieder selbständig tätig, nachdem er zwischen 1874 und 1876 mit dem später grössten Seilbahnhersteller der Welt und Konkurrenten Pohligs, der Firma Adolf Bleichert, zusammenarbeitet. 1892 erwirbt Pohlig sämtliche Patente von Otto und übernimmt gleichzeitig auch das Unternehmen von den Erben des 1887 verstorbenen Theobald Obach. Eine weiterentwickelte automatische Schraubklemme kommt daraufhin bei den kuppelbaren Materialseilbahnen zum Einsatz. In dieser Zeit siedelt Pohlig mit seinem Unternehmen nach Köln über, muss dieses aber nach einem missglückten ausländischen Engagements 1903 verlassen. Die Geschäftsführung übernimmt das Kölner Carlswerk, eine Tochter des Drahtseilfabrikanten Felten & Guilleaume, mit denen Pohlig bereits zuvor beim Bau seiner Materialseilbahnen kooperiert.

Als einer der ersten Hersteller überhaupt erschliesst Pohlig nach der Jahrhundertwende auch den Markt der Luftseilbahnen für Personentransporte. Standseilbahnen sind zu diesem Zeitpunkt speziell in den Alpen als Aufstiegshilfe bereits gefragt, die Übernahme des Prinzips der schwebenden Materialseilbahn steckt zu diesem Zeitpunkt aber noch in den Anfängen. 1908 – und damit im gleichen Jahr wie die Kohlern-Seilbahn in Bozen und der Wetterhornaufzug in Grindelwald – eröffnet Pohlig in Hong Kong eine Luftseilbahn zum Beacon Hill. Nur der von Leonardo Torres Quevedo entworfene Vorläufer der klassischen Luftseilbahn, der Transbordador am Monte Ulia im spanischen Donostia-San Sebastián, ist zu dieser Zeit bereits in Betrieb.

1912 kann Pohlig nach zwei Jahren Bauzeit die erste Sektion der Pendelbahn auf den Zuckerhut in Rio de Janeiro eröffnen, kurz darauf folgt die zweite Teilstrecke. Die Seilbahn mit zwei Zugseilen und je zwei Tragseilen pro Fahrspur erweckt als Weltneuheit international Beachtung. Auch in der Zwischenkriegszeit stellen Luftseilbahnen mit Pendelbetrieb ein wichtiges Absatzfeld für Pohlig dar. Unter anderem entsteht 1928 nach Fusion mit der Wiener Fabbag eine der ersten Luftseilbahnen Österreichs auf die Bürgeralpe in Mariazell. 1933 erwirbt die Felten & Guilleaume – Carlswerk AG, die zuvor bereits die Traditionsunternehmen Bleichert und Heckel übernommen hat, auch die Mehrheitsanteile an Pohlig. Die Geschäftstätigkeit wird jedoch unter dem bestehenden Namen fortgeführt.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erweitert Pohlig sein Produktportfolio auch auf Umlaufbahnen für den Personentransport. Ab 1950 entstehen im Zuge des aufstrebenden Tourismus‘ vor allem in Deutschland zahlreiche Einer- und Zweiersesselbahnen. Die Anlagen können nicht nur in die Alpen geliefert werden, sondern finden auch als Aussichtsbahnen in der gesamten Bundesrepublik Abnehmer. Viele dieser Bahnen sind auch heute noch optisch häufig im Originalzustand erhalten.


Einersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren in Mittenwald am Kranzberg.

Einersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren in Mittenwald am Kranzberg.

Einersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren in Mittenwald am Kranzberg.


Einersesselbahn von Pohlig in Bad Reichenhall.

Einersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren am Dürrnbachhorn auf der Winklmoosalm.

Typische fahrbare Antriebsstation von Pohlig am Dürrnbachhorn auf der Winklmoosalm.


Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren in Edenkoben.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren in Edenkoben.

Fix geklemmte Zweiersesselbahn von Pohlig aus den 1950er Jahren in Edenkoben.

Ebenfalls 1950 wendet Pohlig das Zweiseilumlaufbahnprinzip für Personentransporte an. Eine Kabinenbahn mit vierplätzigen Fahrzeugen nimmt in jenem Jahr den Betrieb von Josefsthal bei Schliersee zum Spitzingsattel auf. Im Jahr darauf folgt eine weitgehend baugleiche Anlage von Rottach-Egern am Tegernsee auf den Wallberg. Mit der Kölner Rheinseilbahn folgt 1957 ein weiteres Exemplar. Pohlig greift dabei auf seine eigenen Konstruktionsideen aus der Zeit der industriellen Materialseilbahnen zurück, die Laufwerke werden bei der Wallbergbahn und in Köln später jedoch durch solche vom Typ Wallmannsberger ersetzt.


Zweiseilumlaufbahn für den Personentransport von Pohlig aus den 1950er Jahren in Rottach-Egern.

Zweiseilumlaufbahn für den Personentransport von Pohlig aus den 1950er Jahren in Rottach-Egern.

Zweiseilumlaufbahn für den Personentransport von Pohlig aus den 1950er Jahren in Rottach-Egern.

Weil die Zweiseiltechnik mit ihren hohen Bau- und Betriebskosten aber für viele potenzielle Abnehmer überdimensioniert ist, beginnt Pohlig in den 1950er Jahren auch mit der Erstellung von Einseilumlaufbahnen. Auch in diesem Fall greift der Hersteller mit der Giovanola-Schwerkraftklemme auf ein bestehendes System in Lizenz zurück. 1954 entsteht eine erste Anlage in Rüdesheim am Rhein zum Niederwalddenkmal, weitere Bahnen, insbesondere Parkanlagen im Rahmen der Bundesgartenschau, folgen kurze Zeit später. Das letzte solche Exemplar unter dem Namen Pohlig entsteht 1961 in Waldeck am Edersee.


Typische Parkseilbahn im Westfalenpark in Dortmund, wie sie in den 1950er Jahren mehrfach in Deutschland zu Bundesgartenschauen entstehen.

Pohlig-Kabinenbahn im Westfalenpark in Dortmund.

Weitgehend original erhaltene Pohlig-Kabinenbahn aus den frühen 1960er Jahren am Edersee.


Eckbauerbahn in Garmisch-Partenkirchen, typische Pohlig-Kabinenbahn mit Giovanola-Klemmen aus den 1950er Jahren.

Eckbauerbahn in Garmisch-Partenkirchen, typische Pohlig-Kabinenbahn mit Giovanola-Klemmen aus den 1950er Jahren.

Eckbauerbahn in Garmisch-Partenkirchen, typische Pohlig-Kabinenbahn mit Giovanola-Klemmen aus den 1950er Jahren.

Im Jahr darauf fusioniert der gemeinsame Eigentümer Felten & Guilleaume – Carlswerk die drei bis dato eigenständigen Unternehmen Pohlig, Heckel und Bleichert zu PHB. Die Geschäftstätigkeit wird in Köln und Rohrbach bei Saarbrücken fortgeführt und insbesondere die kleineren Einseilumlaufbahnen werden auch in der Folge nach Plänen von Pohlig gebaut. Während Jahrzehnten ist PHB daraufhin der mit Abstand grösste deutsche Seilbahnhersteller und international gefragt.

Patente im Zusammenhang mit Pohlig

Pohlig 1899 Laufwerk AT837B
Pohlig 1903 Laufwerk AT21364B
Pohlig 1904 Laufwerk CH30953A
Pohlig 1908 Laufwerk AT39550B
Pohlig 1908 Umlaufbahn CH49356A
Pohlig 1910 Fangseil CH52809A
Pohlig 1928 Bergebahn AT122291B
Pohlig 1930 Antrieb DE517409C
Pohlig 1930 Klemme Doppelzugseil AT119082B
Pohlig 1950 Klemme DE1617325U
Pohlig 1950 Klemme DE800676C
Pohlig 1953 Klemme DE1649653U
Pohlig 1954 Klemme DE1671746U
Pohlig 1954 Klemme DE904053C
Pohlig 1954 Lore DE907655C
Pohlig 1955 Kurve DE1708171U
Pohlig 1960 Laufwerk AT207892B
Pohlig 1960 Laufwerk AT209946B

Seilbahnen von Pohlig in Deutschland und der Schweiz

OrtNameTyp Optionen
Vicosoprano Ca d'Faret-Murtaira??-LPB   
Todtnau Seebuck1-SBF   
Eisleben Sohle 7-Sohle 885-SPB   
Eisleben Sohle 8-Sohle 960-SPB   
Schliersee Josefsthal-Spitzingsattel4-KBK   
Mittenwald Mittenwald-Barfusspfad1-SBF   
Rottach-Egern Rottach-Egern-Wallberg4-KBK   
Garmisch-Partenkirchen Garmisch-Partenkirchen-Hausberg1-SBF   
Todtnau Hasenhorn1-SBF   
Rottach-Egern Kirchlhang-Wallberg1-SBF   
Rottach-Egern Setzberg1-SBF   
Ruhpolding Ruhpolding-Rauschberg20-LPB   
Bad Breisig Vinxtbachtal-Burg Rheineck2-SBF   
Edenkoben Edenkoben-Rietburg2-SBF   
Reit im Winkl Walmberg1-SBF   
Rüdesheim Rüdesheim-Niederwalddenkmal2-KBK   
Cochem Cochem-Pinnerkreuz2-SBF/B   
Bad Reichenhall Bad Reichenhall-Spechtenalm1-SBF   
Koblenz Ehrenbreitstein2-SBF   
Oberstdorf Höfatsblick-Koblat 11-SBF   
Bad Reichenhall Untere Schlegelalm1-SBF   
Bolsterlang Bolsterlang-Stuibeneck1-SBF   
Bolsterlang Stuibeneck-Bolsterlanger Horn2-SLE   
Garmisch-Partenkirchen Garmisch-Partenkirchen-Eckbauer2-KBK   
Köln Rheinpark Deutz2-KBK   
Köln Riehl-Rheinpark Deutz4-KBK   
Ruhpolding Rauschbergalm-Rauschberg1-SBF   
Reit im Winkl Winkelmoosalm-Dürrnbachhorn1-SBF   
Ruhpolding Steinbergalm 11-SBF   
Dortmund Westfalenpark2-KBK   
Aschau im Chiemgau Rossleiten1-SBF   
Oberaudorf Kessel2-SLE   
Waldeck Seeblick-Schloss Waldeck2-KBK   
Hindelang Hindelang-Imberger Horn1-SBF   
Bolsterlang Stuibeneck-Bolsterlanger Horn1-SBF