Waagner Biró

Mit der Fusion der beiden 1854 gegründeten Metallbauunternehmen von Rudolph Philip Waagner und Anton Biró entsteht 1905 die Firma Waagner Biró, die in der Folge zu einem der bedeutendsten österreichischen Stahlbauer heranwächst.

In den 1950er Jahren beginnt Waagner Biró auch mit dem Bau von Seilbahnen. Der Einstieg erfolgt zu Beginn des Jahrzehnts mit mehreren Standseilbahnen für die Errichtung des Reißeck-Stausees in Kärnten. In der Folge sind es vor allem Luftseilbahnen mit Pendelbetrieb, die Waagner Biró realisieren kann. Neben den Vöest ist Waagner Biró der grösste österreichische Hersteller auf diesem Gebiet und erstellt vorwiegend in Tirol und Salzburg, vereinzelt aber auch in den restlichen Ländern mehrere beeindruckende Anlagen. Überwiegend handelt es sich dabei um Bahnen mit 50- bis 60-plätzigen Kabinen, die anders als im Nachbarland Schweiz allerdings in der Regel mit einem Tragseil pro Fahrspur auskommen. Erst 1987 setzt Waagner Biró bei der Rüfikopfbahn in Lech erstmalig in Österreich auf ein Doppeltragseil.


Luftseilbahn mit Pendelbetrieb von Waagner Biró in Zell am See.

Luftseilbahn mit Pendelbetrieb von Waagner Biró in Zell am See.

Luftseilbahn mit Pendelbetrieb von Waagner Biró in Zell am See.


Luftseilbahn mit Pendelbetrieb von Waagner Biró in Schruns.

Luftseilbahn mit Pendelbetrieb von Waagner Biró in Schruns.

Die Seilbahn zum Rüfikopf in Lech von Waagner Biró ist eine der wenigen in Österreich mit zwei Tragseilen je Fahrspur.

Die mit Abstand spektakulärste Bahn kann Mitte der 1960er Jahre in Kaprun eröffnet werden. In zwei Sektionen mit insgesamt über 2000 Metern Höhendifferenz erschliesst die Pendelbahn fortan das Gletscherskigebiet am Kitzsteinhorn. Die untere Sektion wird aufgrund ihrer Länge mit vier Kabinen ausgestattet und damit faktisch in zwei Abschnitte aufgeteilt, sodass die Gäste in der Streckenmitte umsteigen müssen. Die obere Sektion zum Gipfel des Kitzsteinhorns weist nach einem Umbau und einer Vergrösserung der Kabinen später die damals mit 113,6 Metern höchste Seilbahnstütze der Welt auf.


Luftseilbahn zum Kitzsteinhorn-Gipfel in Kaprun von Waagner Biró.

Die Seilbahn am Kitzsteinhorn weist während Jahrzehnten die höchste Seilbahnstütze der Welt auf.

Luftseilbahn zum Kitzsteinhorn-Gipfel in Kaprun von Waagner Biró.

Zur Erhöhung der Förderleistung greift Waagner Biró in den 1960er Jahren nicht ausschliesslich auf grössere Kabinen zurück, sondern treibt als einer der ersten Hersteller auch das Prinzip der Gruppenpendelbahn voran. Bei diesem kommen statt einer grossen mehrere kleine Kabinen zum Einsatz, die aber dennoch in einer Gruppe zwischen Tal- und Bergstation pendeln. Zu den ersten dieser Art zählen die Gerlossteinbahn in Zell am Ziller und die zwei Sektionen umfassende Ankogelbahn in Mallnitz. 1989 wandelt Waagner Biró das Prinzip zu einem Umlaufbetrieb hin ab, als zur Erschliessung des Hinteren Brunnenkogels im Gletscherskigebiet Pitztal eine Zweiseilumlaufbahn mit in Gruppen zusammengefassten Kabinen und einer Zwischenstation samt Kurve eröffnet werden kann.

Nicht nur fix geklemmte Kabinenbahnen, sondern auch kuppelbare Anlagen erstellt Waagner Biró in geringer Stückzahl. Das Unternehmen greift dazu anfänglich auf die Ideen von Georg Wallmannsberger zurück, dessen patentiertes Zweiseilumlaufbahnsystem ab den 1950er Jahren von zahlreichen weiteren Herstellern in Lizenz genutzt wird. Letztmalig setzt Waagner Biró das System Mitte der 1970er Jahre bei der Rendlbahn in St. Anton am Arlberg ein, bei den folgenden Anlagen greift das Unternehmen auf die Kuppeltechnik der Maschinenfabrik Girak zurück. Auch bestehende Anlagen, darunter die Kanzelwandbahn im Kleinwalsertal und die Eisgratbahn im Stubaital, baut Waagner Biró später auf die Girak-Nockenklemme um.


Zweiseilumlaufbahn von Waagner Biró in Riezlern mit umgebauten Laufwerken und Girak-Nockenklemmen.

Zweiseilumlaufbahn von Waagner Biró in Riezlern mit umgebauten Laufwerken und Girak-Nockenklemmen.

Zweiseilumlaufbahn von Waagner Biró in Riezlern mit umgebauten Laufwerken und Girak-Nockenklemmen.

Mit der Tunnelbahn Fleissalm entsteht 1987 ein kurioses Seilbahnkonstrukt in Form einer Gruppenpendelbahn, die in weiten Teilen unterirdisch verläuft. Die Kabinen fahren bei dieser Anlage jedoch nicht wie sonst üblich auf einem Tragseil entlang, sondern auf einer Schiene, sodass die Anlage zur Kategorie der Standseilbahnen gezählt werden kann.

Auch Standseilbahnen im klassischen Sinne erstellt Waagner Biró ab den 1970er Jahren wieder. Erneut ist es 1974 Kaprun, wo mit der Gletscherbahn die erste grosse und leistungsfähige unterirdische Standseilbahn für den Skisport in Betrieb genommen werden kann. Das Konzept zielt vor allem darauf ab, die Landschaft möglichst wenig durch die Aufstiegshilfen zu beeinträchtigen und findet später am Pitztaler Gletscher und auch in den restlichen Alpenländern zahlreiche Nachahmer. Die Geschichte der Gletscherbahn Kaprun endet jedoch ein Vierteljahrhundert später bei einem Brand im Tunnel, der zur grössten Seilbahnkatastrophe überhaupt führt, auf tragische Weise.

Die Seilbahnsparte hat Waagner Biró zu diesem Zeitpunkt bereits veräussert. Ende der 1990er Jahre zieht sich das Unternehmen aus der Konstruktion von Seilbahnen zurück und verkauft den Bereich an das Südtiroler Unternehmen Leitner. Dieses ist bis dato weitgehend auf Einseilumlaufbahnen spezialisiert und wird mit der Übernahme des Standseilbahn- und Pendelbahnspezialisten Waagner Biró zum Vollausstatter.