Luftseilbahnen mit Pendelbetrieb
Grundlegende Systemeigenschaften
Bereits seit Jahrhunderten ist die Luftseilbahn ein geschätztes Mittel zum Transport von Personen und Waren über unwegsames Gelände. Ihre einfachste Ausprägung ist dabei gleichzeitig in vielerlei Hinsicht die vielleicht spektakulärste. Luftseilbahnen mit Pendelbetrieb, meist kurz als Pendelbahnen bezeichnet, dringen heute bis zu den höchsten Erhebungen der Erde hervor. Nicht umsonst gilt die Pendelbahn auch als Königin der Seilbahnen. Eindrucksvolle Ingenieurskunst, atemberaubende Fahrterlebnisse und meist auch eine einmalige Aussicht auf die Umgebung.
Der Pendelbetrieb ist grundsätzlich mit dem klassischen Prinzip der Standseilbahn vergleichbar. Zwei Fahrzeuge fahren stets auf der gleichen Fahrspur von einer Endstation zur anderen, wo sie anhalten und auf gleichem Wege wieder zurückfahren. Die Grösse der Fahrzeuge, bei denen es sich in der Regel um geschlossene Kabinen handelt, kann je nach Art und Zweck der Anlage sehr unterschiedlich ausfallen. Das Fassungsvermögen der kleinsten Fahrzeuge liegt bei zwei Personen, grössere, teils sogar mehrstöckige Kabinen bieten dagegen bis zu 230 Personen Platz.
In den Stationen halten die Kabinen auf ihrer jeweiligen Fahrspur in einer Bucht. Erneut analog zur Standseilbahn besteht die Möglichkeit, von der Seite in die Kabine einzusteigen. Der faktische Bahnsteig für den Fahrgastwechsel wird bei Luftseilbahnen mit Pendelbetrieb üblicherweise als Perron bezeichnet. Er besteht meist aus einer festen Beton- oder Stahlkonstruktion, von der aus die Fahrgäste niveaugleich in die Kabinen einsteigen können. Da die Kabinen in der Regel lediglich über eine zentrale Achse mit dem Seil verbunden sind, liegt der Kabinenboden stets horizontal. Entsprechend besitzt das Perron anders als bei der Standseilbahn keine Höhenunterschiede oder Stufen. Moderne Anlagen nutzen häufig ein verschiebbares Perron, welches jeweils zu der Fahrspur bewegt wird, auf der sich in der jeweiligen Station gerade keine Kabine befindet. Auf diese Weise kann der vorhandene Platz optimal genutzt werden.
Die Fahrzeugpositionen werden ständig von mechanischen oder elektrischen Kopierwerken überwacht, welche auch für eine automatische Verringerung der Geschwindigkeit bei der Überfahrt von Stützen oder bei der Einfahrt in die Station dienen. In den Stationen fahren die Kabinen dann auf einen Puffer auf, der die Anlage stillsetzt. Die gesamte Fahrt läuft daher heute bei moderneren Anlagen vollautomatisch ab. Das Personal kann, beispielsweise wenn die Windverhältnisse einen Normalbetrieb nicht ermöglichen, die Fahrgeschwindigkeit aber auch jederzeit manuell reduzieren. Bei sehr alten Anlagen ist es dagegen auch heute noch üblich, dass die Fahrt und insbesondere der Bremsvorgang bei der Stationseinfahrt manuell durch einen Maschinisten gesteuert werden.
Je nach Grösse der Anlage besitzen Pendelbahnen ein Einseil- oder ein Zweiseilsystem. Bei kleinen Anlagen übernimmt das Förderseil die Trage- und Zugfunktion, üblicherweise erfolgt aber eine Aufteilung der beiden Funktionen auf separate Seile. Im Laufe der Geschichte sind dabei die unterschiedlichsten Kombinationen Realität geworden. So entstanden beispielsweise Bahnen mit einem umlaufenden Zug- und einem Tragseil je Fahrspur, gängig waren aber auch Systeme mit je zwei solcher Seile oder sogar Pendelbahnen mit drei umlaufenden Zugseilen, aber nur einem Tragseil pro Fahrspur. Die heute üblichen Varianten besitzen ein umlaufendes Zugseil und je nach Kabinengrösse ein oder zwei Tragseile je Fahrspur. Eine klar definierte Proportionalität zwischen Kabinengrösse und Tragseilanzahl gibt es jedoch nicht, da neben der Grösse der Kabinen auch andere Faktoren wie die Windanfälligkeit und die Abstände zwischen den Stützen über die Seilzahl entscheiden.
Klassische Einseilpendelbahnen
Einseilpendelbahnen stellen den einfachsten Fall einer Luftseilbahn mit Pendelbetrieb dar. Eine oder zwei Kabinen fahren von einem einzigen Förderseil getragen und gezogen zwischen zwei Endpunkten hin und her. Das System erlaubt aufgrund der begrenzten Tragfähigkeit des einzelnen Förderseils nur kleine Kabinengrössen. Vereinzelt sind auch Konstruktionen anzutreffen, bei der je Fahrspur zwei oder mehr Kabinen in einem Konvoi unterwegs sind. Auf diese Weise kann die geringe Kabinengrösse, die meist acht Personen Fassungsvermögen nicht übersteigt, etwas kompensiert werden. Derartige Anlagen werden auch als Gruppenpendelbahnen bezeichnet.
Neben der kleinen maximalen Kabinengrösse gehen aber noch weitere Nachteile mit der Einseilpendelbahn einher. Die mangelnde Tragfähigkeit des Förderseils sorgt auch dafür, dass wesentlich mehr Stützen auf der Strecke installiert werden müssen als bei einem Zweiseilsystem, ähnlich wie bei einer Einseilbahn mit Umlaufbetrieb. Gleichzeitig fällt die Förderleistung anders als bei Anlagen mit Umlaufbetrieb aber mit grösserer Streckenlänge immer geringer aus. Entsprechend eignen sich derartige Einseilpendelbahnen nur für den Betrieb auf wenig nachgefragten Strecken. Häufig, aber nicht immer, handelt es sich bei diesen Bahnen um Privatanlagen, die lediglich vom jeweiligen Eigentümer genutzt werden.
Klassische Zweiseilpendelbahnen
Die weitaus üblichere Form der Luftseilbahn mit Pendelbetrieb ist die Zweiseilpendelbahn. Für den touristischen Personentransport ist das System bereits seit den 1920er Jahren weit verbreitet und auch heute noch finden derartige Anlagen sowohl im Gebirge als auch in Städten vielerorts Abnehmer.

Historische, kleine Pendelbahn mit Wasserballastantrieb aus den 1920er Jahren in der Zentralschweiz.
Der technisch grösste Unterschied gegenüber der Einseilpendelbahn liegt in dem zusätzlichen Tragseil, das von einem sogenannten Laufwerk befahren wird. Das Laufwerk bezeichnet den Teil der Fahrzeuge, der während der Fahrt über die Tragseile hinweggleitet. Es setzt sich aus mehreren Rollen zusammen, welche an einem Träger befestigt sind, der wiederum mit dem Gehängearm und darüber mit der Kabine verbunden ist. Der zweite Grundbestandteil eines Laufwerks ist die Befestigung am Zugseil. Hierbei sind verschiedene Systeme zu unterscheiden. Ähnlich wie bei Standseilbahnen wird häufig eine Zugseilschleife eingesetzt, die an den Kabinen unterbrochen ist. Die Enden des Zugseils werden auf beiden Seiten der Kabine in einen sogenannten Vergusskopf eingelassen, welcher dann am Laufwerk befestigt wird. Der Vergusskopf ist ein besonders verschleissintensives Teil und muss daher in kurzen Intervallen immer wieder erneuert werden. Als besonders sicherheitsrelevanter Bestandteil einer Pendelbahn kommt dieser Wartung eine besondere Bedeutung zu.
Wegen dieser Nachteile kommt bei modernen Pendelbahnen heute üblicherweise ein endlos gespleisstes Zugseil zum Einsatz. An diesem werden die Kabinen, ähnlich wie beim Umlaufprinzip, über eine entsprechende Klemme befestigt. Dadurch ist es prinzipiell auch möglich, die Kabinen in den Stationen vom Zugseil zu lösen und beispielsweise bei geringem Fahrgastaufkommen nur mit einer Kabine hin und her zu fahren. Das endlose Zugseil hat gegenüber dem Vergusskopf aber vor allem auch Vorteile in der Sicherheit. Die Wahrscheinlichkeit eines Seilrisses ist deutlich geringer als ein Versagen des Vergusskopfes und seiner Aufhängung.
Für den unwahrscheinlichen, aber möglichen Fall eines Versagens des Zugseilstrangs besitzen grössere Zweiseilpendelbahnen am Laufwerk eine zentrale Sicherheitseinrichtung, die sogenannte Fangbremse. Diese Fangbremse ist je nach Bauart am oberen Ende oder in der Mitte des Laufwerks platziert und dazu in der Lage, die Kabine im Notfall am Tragseil festzuklemmen. Die Bremse wird in der Regel hydraulisch offengehalten und bei einem plötzlichen Wegfall der Zugkraft automatisch ausgelöst. Meist kann die Fangbremse über einen Hebel im Inneren der Kabine aber auch manuell betätigt werden. Kleinere Pendelbahnen besitzen aufgrund geringerer Sicherheitsanforderungen in der Regel keine Fangbremse. Auch moderne Anlagen mit endlos gespleisstem Zugseil verzichten meist auf den Einbau einer Fangbremse, da ein Zugseilriss – ähnlich wie bei einer Einseilbahn – als ausgeschlossen angesehen wird.
Die Abstände zwischen den Stützen sind bei Zweiseilpendelbahnen besonders imposant. Aufgrund der zusätzlichen Tragseile können solche Anlagen mehrere Kilometer lange Spannfelder stützenlos überwinden. Um diese Eigenschaft auszunutzen, fallen die vorhandenen Stützen daher auch extrem imposant aus. Die maximalen Stützenhöhen moderner Anlagen nähern sich mittlerweile der 200-Meter-Marke, schon in den 1930er Jahren entstand im Hafen von Barcelona aber bereits eine Seilbahn mit einer 107 Meter hohen Stütze. Diese Stütze ist bis heute auch die höchste ihrer Art, an der ein Ein- und Ausstieg in die Kabinen möglich ist. Derartige Zwischenstationen sind bei Pendelbahnen keine Seltenheit. Sie werden eingesetzt, wenn auf der Strecke bestimmte Punkte ebenfalls angebunden werden sollen. Der Zugang erfolgt in der Regel über Treppenhäuser oder einen Aufzug im Inneren der Stütze.
Auf den Stützen liegen die Tragseile auf einem sogenannten Seilsattel auf. Dieser sorgt für die gewünschte Ablenkung des Seils. Um die Tragseile zu schonen, werden sie in regelmässigen Abständen verschoben, damit nicht immer der gleiche Teilabschnitt auf dem Sattel aufliegt und gebogen wird. Aus diesem Grund besitzen Zweiseilpendelbahnen eine sogenannte Tragseilreserve, die meist für mehrere Verschiebezyklen konzipiert ist und daher auch während Jahrzehnten einen sicheren Betrieb erlaubt.
Ebenfalls regelmässig verschoben werden die kleinen Seilreiter, die bei Zweiseilpendelbahnen mit zwei Tragseilen häufig anzutreffen sind. Diese sind an den beiden Tragseilen befestigt und besitzen mittig eine Rolle für das Zugseil. Letzteres ist üblicherweise nicht so stark abgespannt wie die tragenden Seile, sodass es auf langen Spannfeldern ohne Seilreiter zu stark durchhängen würde. Um eine Berührung der Seile oder gar einen Überwurf zu verhindern, führen die Seilreiter das Zugseil in der gewünschten Position.
Zweiseilpendelbahnen sind, wie angesprochen, in völlig unterschiedlichen Grössen anzutreffen. Zur Bergerschliessung werden insbesondere in der Zentralschweiz auch heute noch sehr kleine Pendelbahnen mit Kabinen für zwei bis vier Personen eingesetzt. Die Anlagen sind minimalistisch ausgeführt, aber meist öffentlich zugänglich und sorgen mit ihren oft halboffenen Fahrzeugen für ein Fahrterlebnis der besonderen Art.
In Skigebieten oder anderen Arealen mit grossem Bedarf an Förderleistung sind dagegen weit grössere Kabinen im Einsatz. Häufig werden derartige Pendelbahnen mittlerweile beispielsweise zur Verbindung von Skigebieten eingesetzt. Die langen Spannfelder erlauben eine weitgehend stützenlose Trassierung und ermöglichen dementsprechend geringe Eingriffe in die Natur.
Sonderform Seilkletterbahn
Eine Sonderform der Luftseilbahn mit Pendelbetrieb stellen sogenannte Seilkletterbahnen oder Selbstfahrer dar. Derartige Anlagen sind grundsätzlich aufgebaut wie eine klassische Pendelbahn, die Seile übernehmen aber lediglich die Tragefunktion. Die Seilkletterbahn zählt daher zu den Einseilsystemen. Die Kabinen besitzen aufgrund des fehlenden Zugseils einen im Laufwerk integrierten Antrieb, mit dem sie über das Tragseil fahren. Der grosse Vorteil dieser Konstruktion liegt darin, dass nahezu unbegrenzt viele Fahrzeuge beliebig eingesetzt werden können, ähnlich wie bei Strassenbahnen im öffentlichen Nahverkehr. Mit Seilkletterbahnen lassen sich somit höchste Förderleistungen auch in unwegsamem Gelände erreichen, während die Bausubstanz minimalistisch ausfallen kann. Die Streckenbauten können beispielsweise aus einfachen Stützen mit Tragseilsätteln ohne bewegliche Teile bestehen. Als nachteilig erweist sich jedoch die Tatsache, dass grosse Steigungen von den selbst angetriebenen Kabinen nicht ohne weiteres bewältigt werden können.
Speziell für den urbanen Einsatz stellen Seilkletterbahnen allerdings eine veritable Alternative dar, weil der Nachteil der begrenzten Steigungswinkel in diesem Fall nicht ins Gewicht fällt. Zahlreiche Prototypen unterschiedlicher Hersteller entstanden ab den 1960er Jahren. Der wohl bekannteste unter ihnen war der Aerobus des Schweizer Seilbahnpioniers Müller, der beispielsweise 1975 im Rahmen der Bundesgartenschau in Mannheim auch den Weg nach Deutschland schaffte. Unfälle, insbesondere der Absturz einer Kabine im französischen Les Deux Alpes, brachten Seilkletterbahnen allerdings in Verruf, sodass sich das System trotz der unbestreitbaren Vorteile bislang aber nicht etablieren konnte.
Sonderform Funifor
Eine spezielle Form der Zweiseilpendelbahn geht zurück auf das Südtiroler Seilbahnunternehmen Hölzl, welches seine Erfindung im Jahr 2000 in Form eines Prototyps erstmalig der Weltöffentlichkeit präsentieren konnte. Das sogenannte Funifor zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass es zwei Tragseile je Fahrspur besitzt, die aber in einem Abstand platziert sind, der grösser ist als die Kabinenbreite. Durch diesen grossen Seilabstand sind Funifor-Anlagen gegenüber klassischen Zweiseilpendelbahnen deutlich windstabiler. Bewegt werden die Kabinen von einem Zugseil, das in eine doppelte Schleife gelegt ist und über der Fahrspur der Kabinen zurückgeführt wird. Um ein gleichmässiges Ziehen der Kabinen zu gewährleisten, sind unterhalb des Laufwerks mehrere kleine Seilscheiben installiert, die etwaige Geschwindigkeitsunterschiede der Zugseilstränge ausgleichen können. Durch die Rückführung des Zugseils über der Fahrstrecke sind die Antriebe der beiden Kabinen unabhängig voneinander. Dies ermöglicht es, dass beide Kabinen separat voneinander betrieben werden können.
Im Gegensatz zur klassischen Pendelbahn muss sich also nicht immer eine Kabine in der Talstation und die andere am Berg befinden, die Kabinen fungieren vielmehr als unabhängige Anlagen. Dadurch kann bei wenig Andrang nur eine Kabine fahren gelassen werden, was Energie und Verschleiss spart. Bei grossem Andrang wird die Förderleistung durch die Unabhängigkeit gesteigert. Ebenso lässt sich die unter Umständen kostenintensive Einrichtung einer Bergebahn vermeiden, da beim Ausfall einer der beiden Antriebe die Kabine auf der anderen Fahrstrecke als Bergefahrzeug dienen kann.
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