Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Winterberichte aus dem Kanton Graubünden.
Antworten
Benutzeravatar
Felix
Luftseilbahn Fil de Cassons
Beiträge: 5265
Registriert: Sa, 02.09.2006, 20:06
Lieblingsseilbahn: Klein Matterhorn, Fil de Cassons, Isenau, uvm.
Lieblingshersteller: Von Roll, Brändle, Giovanola
Kontaktdaten:

Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von Felix »

Bild

•• Prolog

Nach einem stressigen Herbst und Frühwinter kamen ein paar freie Tage über Weihnachten und Neujahr gerade richtig. Schon seit vielen Jahren ist es Tradition, dass es neben dem angestammten Ziel in meiner skifahrerischen Heimat auch meistens in ein paar nahegelegene Gebiete geht, um neue Gegenden, Skipisten und Seilbahnen kennen zu lernen. Gerade auch deswegen, weil die Lenzerheide für mich in keiner Weise mehr ein reizvolles Ziel darstellt. Vorbei sind die Zeiten, als sich ausser der kühn trassierten Pendelbahn auf das Rothorn Skilift an Skilift reihte, Hügel und Kuppen zum Springen einluden und es noch eine Herausforderung darstellte, nach knapp 700 Höhenmetern Schleppliftfahrt das Stätzerhorn zu erreichen. Inzwischen ist der Ischgl-Faktor dank jeder Menge Sesselbahnen, platt gebaggerten Geländekammern und einer florierenden Anzahl an Aprés-Skihütten so hoch, dass sich der Genuss bis auf wenige, bei der Masse unbekannte Bereiche, in Grenzen hält. Vor Weihnachten wagte ich mich einen Tag ins Hauptgebiet der Lenzerheide, bei moderatem Wetter und äusserst wenigen Leuten ging sich eine Runde durch das komplette Gebiet aus - mit Ausnahme von Geheimtipps wie der Wasserböden-Abfahrt, die Talabfahrten nach Valbella, Canols und Val Sporz oder auch Hängen wie Scalottas und Schwarzhorn konnte mich das Gebiet aber einfach nicht vom Hocker reissen. Mit der Verbindung nach Arosa ab der kommenden Saison wird sich auch einer der letzten nicht überlaufenen Hänge, das Schwarzhorn, dank neuer 6er-Sesselbahn in Luft auflösen. Nicht, dass ich etwas gegen die Verbindung einzuwenden hätte, sie ist unter Garantie ein äusserst wichtiges Projekt für den Tourismus in der gesamten Region, aber irgendwie geht damit einer der letzten wirklich schön zu fahrenden Hänge auf der Lenzerheide verloren.

Eine Ausnahme bildet hingegen das Skigebiet am Pradaschier oberhalb von Churwalden, welches völlig konträr zum restlichen Gebiet völlig natürlich beschaffen ist. Von einer eigenen Gesellschaft betrieben bietet es eine eigene Karte, die nur in diesem Sektor gültig ist, auch für die komplette Saison. Als Inhaber einer solchen Saisonkarte, die bislang bereits gut ausgenutzt wurde, geht noch ein weiterer Vorteil einher, da Pradaschier Teil des "Skipass Plus" ist, eine Kooperation verschiedener kleiner Skigebiete in Nord- und Mittelbünden. Als Inhaber einer Mehrtageskarte in einem der teilnehmenden Gebiete wird in sämtlichen anderen Gebieten 50% des Tageskartenpreises erlassen. Schon in der vergangenen Saison profitierte ich von der Regelung bei einem Besuch im Skigebiet von Tschappina, Besuche in anderen Gebieten gingen sich aus wettertechnischen Gründen leider nicht aus. Auch in diesem Jahr präsentierte sich das Wetter über Weihnachten nicht wirklich optimal, am letzten Tag des Jahres 2012 sollte es bei strahlendem Sonnenschein aber nach Sarn gehen, eines der wenigen Bündner Kleinskigebiete, in dem ich bislang noch nie zum Skifahren war.

Erstmals seit vielen Jahren nehme ich zu diesem Ausflug keine Spiegelreflexkamera mehr mit - zu Weihnachten gab es eine neue Kompaktkamera, die dank riesigem Bildsensor eine DSLR-ähnliche Bildqualität bieten soll und dazu auch mit Full-HD-Auflösung qualitativ bessere Videoaufnahmen ermöglichen soll. Somit ist der Ausflug nach Sarn gleichzeitig auch ein erster grösserer Kameratest, voller Vorfreude warte ich auf ein unbeschwerteres Fahren ohne sperrige Kameraausrüstung im Rucksack.


•• Historie, Infrastruktur und Pisten im Skigebiet Sarn

Chronik der Entwicklung der Skigebiete am Heinzenberg

Das Skigebiet von Sarn, oberhalb von Thusis gelegen, verdient die Bezeichnung Kleinskigebiet, besteht es doch aus lediglich zwei Anlagen, die hintereinander in zwei Sektionen den Heinzenberg erschliessen. Beide Sektionen stammen ursprünglich aus dem Jahr 1969 und wurden in selbigem Jahr von der Firma Städeli, Oetwil in Form von Skiliften errichtet. Allerdings trifft man oberhalb von Sarn nicht etwa die damals üblichen Städeli-Portalmasten an, nein, die Bahnen wurden als Kombianlagen ausgeführt, die auch einen Betrieb als Sesselbahn ermöglichen. Diese Option des Sesselbahnbetriebs wurde aber nach meinen Informationen nie gezogen, sodass beide Anlagen stets als Skilift betrieben wurden. Nach 30 Jahren Betrieb erfolgte auf der ersten Teilstrecke dann schliesslich doch der Bau einer Sesselbahn, allerdings nicht unter Verwendung der bestehenden Infrastruktur, sondern durch eine Anlage der Firma Garaventa, die an Ort und Stelle komplett neu aufgebaut wurde, aber bereits ein erstes Leben im nahegelegenen Skigebiet von Savognin hinter sich hatte. Dort als Sesselbahn Stanegn in Betrieb wurde sie 1999 beim Bau der 6er-Sesselbahn auf den Piz Martegnas abgebaut und nach Sarn verfrachtet, wo sie seit nunmehr knapp 14 Jahren tadellos ihre Runden als Occasionsanlage dreht. Gleichzeitig handelt es sich bei der Bahn aus dem Hause Garaventa um die einzige Sesselbahn am gesamten Heinzenberg, denn das Nachbarskigebiet von Tschappina (Bericht) setzt sich ausschliesslich aus Skiliften zusammen. Eine Sesselbahn auf dieser Strecke scheint jedoch aus zwei Gründen sinnvoll, denn die Höhenlage von 1300 bis 1700 Metern Seehöhe in sonnenexponierter Hanglage sowie die Tatsache, dass die zugehörigen Skipisten weit abseits der Bahn anzutreffen sind, sprechen gegen den Betrieb eines Skilifts. Die zweite Sektion, der Skilift Alp Sarn, wird immer noch im Ursprungszustand betrieben; an den langen Spannfeldern, einem separaten Ausstieg und der immensen Seilspur lässt sich noch immer gut ablesen, dass dieser Skilift theoretisch auch als Sesselbahn betrieben werden könnte.

Pistenplan Sarn-Heinzenberg

Beim Blick auf den Pistenplan stechen sofort die unzähligen Abfahrtsvarianten ins Auge, die die beiden Anlagen erschliessen. Im Gegensatz zu manch grossem Skigebiet wird hier aber keinesfalls geschummelt - die eingezeichneten Varianten existieren tatsächlich alle samt und sonders in der Realität und lassen einen im ersten Moment staunen, wie mit derart wenig Infrastruktur diese Menge an Abfahrten bedient werden kann. Die endlosen Weiten des Heinzenbergs waren mir schon in der vorherigen Saison in Tschappina positiv aufgefallen, und auch in Sarn sollte ich nicht enttäuscht werden. Generell ähneln sich die beiden Skigebiete am Heinzenberg in sehr vielen Punkten, auf die ich - genau wie auf die wenigen Unterschiede - in Zusammenhang mit den erstellten Fotos näher eingehen will. Auf einige Punkte, die auf beide Skigebiete zutreffen, bin ich bereits im vergangenen Jahr im Bericht von Tschappina eingegangen:

Trotz der geografischen Nähe sind die beiden Skigebiete am Heinzenberg offiziell nicht miteinander verbunden. Ohne grosse Mühe kann allerdings über gespurte Wanderwege auch per Ski das Gebiet gewechselt werden, jedoch sind zwischenzeitlich einige kürzere Aufstiege zu bewältigen. Eine gemeinsame Skikarte gibt es jedoch bis heute nicht, sodass für jeden Sektor ein separates Ticket gelöst werden muss. Da beide Gebiete aber an der erwähnten Reduktion für Tagesgäste teilnehmen, müssen Feriengäste aus Tschappina für eine Karte in Sarn nur die Hälfte bezahlen und umgekehrt.

Betrachtet man den Pistenplan, so stechen speziell die zahlreich vorhandenen blauen Abfahrten ins Auge. Es liegt in der Natur der Sache, dass in sanft abfallenden Mattenregionen der Alpen keine steilen Abfahrten zu erwarten sind und dennoch kommen auch erfahrene Skiläufer am Heinzenberg voll auf ihre Kosten. Es ist eine Art der Abfahrt, die mir bis heute - trotz zahlreichen Besuchen in infrastrukturell-charakterlich vergleichbaren Skigebieten - in keinem anderen Skigebiet in diesem Ausmass begegnet sind. Hügel und Kuppen auf der Piste bereiteten mir schon seit jeher immer wieder Freude und sind in kleineren Gebieten bis heute auch keine Seltenheit. Doch das Skifahren am Heinzenberg erinnert in gewisser Weise an Wellenreiten, wenn man über die zahllosen Kuppen unbeschwert gen Tal gleitet. Hinzu kommt die mittig angebrachte Pistenmarkierung, die den Rand der Piste als solchen nicht mehr erkennbar machen - ein Detail, aber ein ganz zantrales Element mit grosser Wirkung. Ohne den sonst obligaten Stangenwald links und rechts geht die präparierte Spur nahtlos in das verspurte, aber naturbelassene Gelände über, sodass die Piste als Teil des ganzen Areals wirkt und nicht wie in vielen anderen Gebieten als Fremdkörper daherkommt. Die Markierungen haben den Charakter eines Vorschlags, wo es hingehen soll, im Gegensatz zum sonstigen Zwang-Erscheinungsbild.

[...] Wieder einmal zeigt sich hier am Beispiel Heinzenberg, dass ein gut abgestimmtes Verhältnis zwischen Lift- und Pistenkapazität einer der zentralen Knackpunkte eines unbeschwerten Skivergnügens ist. Das Zielpublikum - so mein Eindruck beim Besuch des Gebiets - das sich vorrangig aus Familien mit kleineren Kindern sowie der lokalen Dorfjugend zusammensetzt, scheint mit der gegebenen Infrastruktur bestens zufrieden zu sein: niemand ist darauf angewiesen, im Rekordtempo den Gipfel zu erreichen; niemand schert sich darum, wenn der Lift mal etwas länger steht, weil der Liftwart nach einem Halt zuerst noch ein wenig mit den Gästen plaudert, ehe er die Anlage wieder startet; niemand benötigt ein Kinderparadies mit überdachtem Förderband. Hier am Heinzenberg lernen die Kinder noch ausserhalb von eingezäunten Themenparks und Rundumsorglos-Paket die Bergwelt kennen - und auch alle anderen scheinen diese von Marketingabteilungen grosser Skigebiete totgesagte Art des Skilaufs sichtlich zu geniessen.



•• Der Skitag

Bild
Bereits vom äusserst geräumigen Parkplatz, der sich direkt entlang einer der drei Talabfahrten erstreckt, geniesst man einen sehenswerten Ausblick in das Domleschg. Hinter der sichtbaren Bergkette fahren sich heute die Skigäste auf der Lenzerheide gegenseitig über den Haufen.

Bild
Der Parkplatz, im Hintergrund die Sesselbahn Lescha-Dultschegnas und rechter Hand die rote Talabfahrt, die nach einer - wie sich später herausstellt - weit abgelegenen Schneise hier in einem flachen Schlussstück wieder zur Talstation der Sesselbahn quert.

Bild
Nach dem Kauf der Tageskarte - dank der angesprochenen Halbtaxregelung für 15 CHF - sitzen wir auch schon in der Sesselbahn nach Dultschegnas (deutsch: Dultschinas), die in gemächlichem Tempo gen Alp Sarn steuert. Spuren des Vorgängers sind am Boden noch deutlich sichtbar.

Bild
Stütze Nummer drei, ein Niederhalter, der der Bauart nach nicht aus Savognin stammt, sondern für den neuen Standort neu gefertigt wurde.

Bild
Neben dem zeitweiligen Ausblick auf den markanten Piz Beverin linker Hand verläuft die Sesselbahn mehrheitlich durch den Wald, einer der Hauptunterschiede zu sämtlichen anderen Anlagen am Heinzenberg, welche sich alle in baumfreiem Gelände befinden.

Bild
Gegen Ende der gut vierstündigen Fahrt wird der Wald lichter, ehe schliesslich die 1700 Meter hohe Bergstation erreicht ist, in welcher sich die Antriebsvorrichtung befindet. Die originale Bergstation steht übrigens noch immer in Savognin.

Bild
Unterwegs im Skilift Alp Sarn, der dank geringer Bügelfolgezeit und verhältnismässig flottem Tempo satte 1200 Personen in der Stunde auf den Gipfelgrat befördert. Dennoch ist von morgens bis am späten Nachmittag jeder Bügel besetzt, zeitweise müssen wir sogar einige Minuten Wartezeit in Kauf nehmen.

Bild
Nach anfänglich eher flacher Trassierung gewinnt der Skilift Alp Sarn im zweiten Abschnitt mächtig an Höhe. Die markanten Städeli-Sesselbahnstützen, wie sie in den 60er und 70er Jahren den Standard darstellten, lassen den Skilift kürzer erscheinen, als er in Wirklichkeit ist. Dennoch ist die filigrane Fachwerkkunst eine wahre Augenweide, sind die Stützen doch von weitem kaum auszumachen und von nahem ein prächtiges Fotosujet. Der Fahrkomfort leidet jedoch etwas unter den langen Spannfeldern, da der Seilverlauf der hügeligen Trassierung nur bedingt folgt.

Bild
Einer von insgesamt vier Niederhaltern auf der Strecke

Bild
Der letzte steile Anstieg ist geschafft und linker Hand erhalten wir einen ersten Blick auf eine der vielen, schön kupierten und naturbelassenen Abfahrten.

Bild
Ein "Selbstporträt" im unberührten Tiefschnee neben dem Schlepplifttrassee.

Bild
Der Ausstieg des Skilifts Alp Sarn, der sich etwas unterhalb der eigentlichen Bergstation befindet. Auf dem Grat wäre der Ausstieg, wenn die Anlage als Sesselbahn betrieben werden würde.

Bild
Trotz der für einen Skilift hohen Förderleistung verteilen sich die Leute auf den Abfahrtsvarianten prächtig, sodass genügend Platz für unbeschwerten Skigenuss bleibt. Generell stellen die Pisten im gesamten Sarner Gebiet keine grosse Herausforderung dar, sind sie doch eher flach trassiert. Jedoch oder gerade deshalb besitzt der Heinzenberg aber einen einmaligen Charakter mit seiner weitläufigen Landschaft und der in ihr zerstreut anzutreffenden Skipisten.

Bild
Als erstes wählen wir eine Variante von oben gesehen rechts des Lifts, die sich im Verlauf vom Tag als die schönste von allen Abfahrten herausstellt. Erstaunlicherweise sind gerade hier die wenigsten Leute unterwegs.

Bild
Ein weiteres Bild vom Skilift Alp Sarn. Hatte ich schon erwähnt, wie gut mir die Fachwerkstützen gefallen? ;)

Bild
Der malerische Ausblick ins Domleschg von der Alp Sarn - hier kommen die welligen Geländekonturen gut zur Geltung.

Bild

Bild
Eine weitere Abfahrtsvariante mit Blick auf den Piz Beverin.

Bild
Nach einigen Fahrten am Skilift Alp Sarn ist es an der Zeit, auch eine erste der drei Talabfahrten auszuprobieren. Diese blaue Abfahrt rechts vom Lift verläuft deutlich weniger gewellt als die Variantem am Skilift, ist jedoch nicht weniger schön zu fahren.

Bild
Nach einer erneuten Fahrt am Skilift machen wir uns auf in Richtung Parsirashütte, in der wir unsere Mittagsrast geplant haben. Der Weg zu dieser abgelegenen und weit vom eigentlichen Skigebiet entfernten Hütte verläuft von der Bergstation des Skilifts kilometerweit auf einem zeitweise präparierten, zeitweise aber auch auf Skispuren basierenden Weg, ehe der Weg kurz vor dem Ziel überraschend steil abfällt, ehe wir nach einigen Schwüngen auf der Terrasse der heimeligen Berghütte ankommen.

Bild
Viva la Grischa ...

Bild
Die Parsirashütte nach der Stärkung mit einer sehr empfehlenswerten Portion Älplermagronen samt hausgemachtem Apfelmuss.

Bild
Nach der Rückkehr über einen abermals quer zum Hang trassierten und kuppendurchzogenen Weg steigen wir die letzten rund 20 Höhenmeter vom Skiliftausstieg hinauf zur Bergstation auf den Grat, um das Panorama in vollen Zügen zu geniessen.

Bild
Der für den Sesselbahnbetrieb vorgesehene Ausstieg mit der im Vergleich zum monströsen Talstationsgebäude eher spartanischen Bergstation.

Bild
Panorama von der Skilift-Bergstation mit der Aussicht Richtung Norden linker Hand und rechts dem Piz Beverin sowie dem Safiental.

Bild
Panorama Richtung Nordosten mit Blick ins Safiental und in die Surselva. Am Gegenhang befindet sich Tenna.

Bild
Die technischen Rafinessen meiner neuen Kamera machen es möglich, dass sogar der Skilift von Tenna am Gegenhang zum Vorschein kommt. Hierbei handelt es sich um den vielbeachteten ersten "Solar-Skilift" der Schweiz, erbaut durch die Flumser Firma Bartholet.

Bild
Ein weiterer Pluspunkt des Heinzenbergs macht sich am späten Nachmittag bemerkbar, denn bis Betriebsschluss um 15.50 Uhr liegen sämtliche Pisten noch in der Sonne.

Bild
Gegen 15.45 Uhr starten wir zu unserer letzten Abfahrt von der Sarner Alp, auf welcher dieses letzte Foto entsteht. Im Anschluss daran nehmen wir die rote Talabfahrtsvariante, die quasi gänzlich durch den Wald trassiert ist und daher passenderweise den Namen "Piste del Bosco" trägt. Bequem können wir über den schneebedeckten Parkplatz von der Piste bis zum Auto abfahren. Zum letzten Mal im 2012 schnallen wir die Ski ab, machen uns auf den Heimweg und blicken zufrieden zurück auf einen wunderbaren letzten Skitag des Jahres in einem Gebiet, das wir für einen gemütlichen Skitag fernab jeglicher Hektik sicher wieder einmal aufsuchen werden.

Alle Bilder des Skitags gibt es wie immer im entsprechenden Album in der Fotogalerie.


Link zum Video

Reportagen und Reiseberichte auf www.enviadi.com
Benutzeravatar
salvi11
Kabinenbahn Isenau
Beiträge: 1342
Registriert: Mi, 16.09.2009, 15:11
Lieblingsseilbahn: alt und klapprig
Wohnort: Diemtigtal
Kontaktdaten:

Re: Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von salvi11 »

Ahh, einfach wunderschön mit den natürlichen unzähligen Pisten die zum Rasen oder ruhiges Carven einladen :) Ich versteh deine Meinung über Skigebiete die sich neu aufbauen und frisch für die Zukunft machen. Aber lassen wir sie nur machen, solche Gebiete wie in Sarn-Heinzenberg wird es noch länger geben und wenn man gerade in so ein Skigebiet geht, ist es umso schöner aus dem "Skipistenrummel" zu kommen.

Meine Meinung ist weniger grob als deine. Immerhin hat mein Lieblingsgebiet Grächen nur in die "Steine gesprengte Pisten" oder eine riesen Schneise durch den Wald. Das ist mir egal ob die Abfahrten wegen künstlichen Eingriffen nicht mehr dem natürlichen Verlauf folgen. Bei der Aprés Ski - Sache gebe ich dir aber vollkommen recht. Wenn da 500 Leute oben am Berg rum stampfen, den Abfall liegen lassen und am nächsten Tag mit Kopfschmerzen heimfahren kann ich nicht leiden. Ich bin für Aprés Ski, das aber im Rahmen des Möglichen liegt. Eine mittel grosse Bar mit Aussen- und Innenterasse für nicht mehr als 120 Leute im Ort selber und nicht auf dem Berg ist optimal.
Benutzeravatar
Felix
Luftseilbahn Fil de Cassons
Beiträge: 5265
Registriert: Sa, 02.09.2006, 20:06
Lieblingsseilbahn: Klein Matterhorn, Fil de Cassons, Isenau, uvm.
Lieblingshersteller: Von Roll, Brändle, Giovanola
Kontaktdaten:

Re: Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von Felix »

salvi11 hat geschrieben:Ich versteh deine Meinung über Skigebiete die sich neu aufbauen und frisch für die Zukunft machen. Aber lassen wir sie nur machen, solche Gebiete wie in Sarn-Heinzenberg wird es noch länger geben und wenn man gerade in so ein Skigebiet geht, ist es umso schöner aus dem "Skipistenrummel" zu kommen.
Nicht falsch verstehen, ich befürworte die Verbindung von der Lenzerheide und Arosa ausdrücklich. Die Gebiete sind vom infrastrukturellen Erschliessungsgrad sehr ähnlich und werden sich sicher sehr gut gegenseitig ergänzen. Dennoch blicke ich auch mit einem weinenden Auge auf den Bereich am Schwarzhorn zurück, denn es ist einer der letzten Teile der Lenzerheide, der noch so erschlossen ist, wie ich es vor knapp 20 Jahren erlebt habe, als ich dort meine ersten Schwünge im Schnee gezogen habe. Ein derartiger Zusammenschluss ist aber natürlich ein sehr wichtiges Projekt für die gesamte Region Mittelbünden und m. E. unerlässlich für eine funktionierende Tourismuswirtschaft. Genau wie du schreibst, auch die kleinen Skigebiete in der Region werden davon profitieren, wenn generell mehr Touristen angelockt werden. Und das ist für den Verbleib dieser Perlen äusserst wichtig. Insofern freue ich mich darauf, dass es einen neuen Tourismusmotor in Graubünden gibt, der uns auch weiterhin indirekt das Skifahren in kleinen Gebieten ermöglicht.
salvi11 hat geschrieben:Meine Meinung ist weniger grob als deine. Immerhin hat mein Lieblingsgebiet Grächen nur in die "Steine gesprengte Pisten" oder eine riesen Schneise durch den Wald. Das ist mir egal ob die Abfahrten wegen künstlichen Eingriffen nicht mehr dem natürlichen Verlauf folgen. Bei der Aprés Ski - Sache gebe ich dir aber vollkommen recht. Wenn da 500 Leute oben am Berg rum stampfen, den Abfall liegen lassen und am nächsten Tag mit Kopfschmerzen heimfahren kann ich nicht leiden. Ich bin für Aprés Ski, das aber im Rahmen des Möglichen liegt. Eine mittel grosse Bar mit Aussen- und Innenterasse für nicht mehr als 120 Leute im Ort selber und nicht auf dem Berg ist optimal.
Gut, Grächen ist aber insofern ein Sonderfall, als dass das Skigebiet in dafür völlig untauglichem Gelände liegt. Da bleibt einem eigentlich nichts anderes übrig, als die Pisten entsprechend zu bearbeiten, da sonst gar kein Skibetrieb möglich wäre.

Meine Kritik bezieht sich eher darauf, dass in grösseren Gebieten ständig Pisten und Pistenverläufe mit grossem Aufwand entschäft werden, Engstellen künstlich verbreitert werden, Kurven und Kuppen entfernt werden, gesamte Pisten eingezäunt werden etc. und das alles, um irgendwie eine Gefahrenlosigkeit zu suggerieren, die in Wirklichkeit aber nie erreicht werden wird. Das Hochgebirge ist nunmal kein Kinderspielplatz, sondern ein Raum mit Gefahren und eigenen Regeln, für die man die Touristen sensibilisieren müsste, als dass man sie mit allen Mitteln versucht davor zu schützen. Das Problem liegt m. E. darin, dass die Betreiber für jeglichen Mist, den irgendwelche Gäste bauen, verantwortlich gemacht werden. Wenn ich höre, dass im Pitztal (glaube dort war das) der Betreiber verklagt wird, weil ein Skifahrer über einen Schneebrocken auf der Piste gestürzt ist, dann wundert es wenig, dass sich die Betreiber mit allen Mitteln gegen so etwas schützen wollen - und das funktioniert eben nur, indem man eine totale Sicherheit zu etablieren versucht, mit der auch jeder zugesoffene Vollidiot überall fahren kann. Das wiederum sorgt aber dafür, dass dank höherer subjektiv empfundener Sicherheit risikoreicher und unbedachter gefahren wird - ein Teufelskreis, der voll auf Kosten der Freiheit geht.

Genau das ist der Grund, warum ich die derzeitige Entwicklung besorgt betrachte, denn ich möchte auch in 20 Jahren noch so skifahren können, wie ich es gelernt habe - mit Entscheidungsfreiheit, Eigenverantwortung, ohne Tempo-30-Piste, dafür aber mit Herausforderungen, die es in einem 8er-Sesselbahn-Rundumsorglos-Skigebiet heute schon nicht mehr gibt. Was war das früher als Kind für ein Gefühl, als man den steilen Schlepplift zum ersten Mal bezwungen hatte und bis zu diesem Punkt jede Menge Lehrgeld gezahlt hatte. Wenn ich da z. B. an Ischgl denke, wie viel Prozent der Alibiskifahrer, die sich nach einer Abfahrt an der 6er-Sesselbahn beim Après-Skifahren profilieren und mitten im Gebirge ohne nachzudenken ihren Müll hinterlassen würde denn auf den Berg kommen, wenn an der Stelle ein Schlepplift stehen würde? Der Vorwurf trifft natürlich nicht auf alle Skifahrer zu, aber beim Zielpublikum von gewissen Grossskigebieten kann man einen Wahrheitswert sicher nicht ganz abstreiten. Wie soll man den Party-Marathon auf die Dauer auch überleben, wenn man jeden Tag 15.000 Höhenmeter am Schlepplift zurücklegt?

Naja, jetzt bin ich etwas abgeschweift... Wer Spass dran hat, soll sich eben auf den vollen Pisten über den Haufen fahren lassen und am Abend zulaufen lassen, solange sie mir die echten Skigebietsperlen nicht auch noch wegnehmen :)
Reportagen und Reiseberichte auf www.enviadi.com
Benutzeravatar
Samuel
Sesselbahn Haldigrat
Beiträge: 151
Registriert: Fr, 06.01.2012, 19:28
Lieblingsseilbahn: Alpin-Express
Lieblingshersteller: Von Roll
Wohnort: Zentralschweiz

Re: Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von Samuel »

Erst mal vielen Dank für den Bericht, Du schaffst es jedes mal mit deinen Presentationen mir noch so ein kleines Skigeibet schmackhaft zu machen.

Ich würde jetzt die Lenzerheide nicht in einen Topf mit Ischgl werfen, denn auf die Lenzerheide geht man laut mir wegen dem Schifahren, die Party ist Ergänzung. In Ischgl geht man aber wegen der Party, nicht wegen dem Skigebiet, denn hier hat man Ramba-Zamba von 12 Uhr bis am Morgen. Orte wie Sarn haben in Zukunft sowiso wieder mehr Chancen, den die Ruhe wird man wieder öfter suchen und für die Party muss man nicht in die Alpen.
Winter 14/15: 8 Skitage: je 4x Zermatt und Saas Fee
Benutzeravatar
bündner
Kabinenbahn Rellerli
Beiträge: 1515
Registriert: Sa, 05.06.2010, 16:48
Lieblingsseilbahn: Alle Bahnen von Hölzl
Lieblingshersteller: Hölzl
Wohnort: Chur
Kontaktdaten:

Re: Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von bündner »

Genialer Bericht wie immer! :)
Felix hat geschrieben: Bild
Gegen Ende der gut vierstündigen Fahrt wird der Wald lichter, ehe schliesslich die 1700 Meter hohe Bergstation erreicht ist, in welcher sich die Antriebsvorrichtung befindet. Die originale Bergstation steht übrigens noch immer in Savognin.
:denken: Langsam ist sie, aber übertreibst du da nicht ein wenig? :wink:
Felix hat geschrieben:Wenn ich da z. B. an Ischgl denke, wie viel Prozent der Alibiskifahrer, die sich nach einer Abfahrt an der 6er-Sesselbahn beim Après-Skifahren profilieren und mitten im Gebirge ohne nachzudenken ihren Müll hinterlassen würde denn auf den Berg kommen, wenn an der Stelle ein Schlepplift stehen würde? Der Vorwurf trifft natürlich nicht auf alle Skifahrer zu, aber beim Zielpublikum von gewissen Grossskigebieten kann man einen Wahrheitswert sicher nicht ganz abstreiten.
Siehe Blais Gronda Lift. Eine erschreckend hoher Anteil aller Liftbenützer schaffen es, obwohl sie einigermassen gut fahren, nicht sich selbstständig anzubügeln. Dabei ist es einer dieser Lifte wo man wirklich nur hinstehen muss und fast nichts machen muss, wenn man nicht völlig schräg daneben steht oder in der Weltgeschichte herum starrt.
Felix hat geschrieben:Meine Kritik bezieht sich eher darauf, dass in grösseren Gebieten ständig Pisten und Pistenverläufe mit grossem Aufwand entschäft werden, Engstellen künstlich verbreitert werden, Kurven und Kuppen entfernt werden, gesamte Pisten eingezäunt werden etc. und das alles, um irgendwie eine Gefahrenlosigkeit zu suggerieren, die in Wirklichkeit aber nie erreicht werden wird. Das Hochgebirge ist nunmal kein Kinderspielplatz, sondern ein Raum mit Gefahren und eigenen Regeln, für die man die Touristen sensibilisieren müsste, als dass man sie mit allen Mitteln versucht davor zu schützen.
Wobei das in gewissem Ausmasse auch aufgrund des Druckes von Seiten der Gäste geschieht. Wenn ein Skigebiet nicht landschaftlich sehr grosse Reize hat, hat es praktisch keine andere Möglichkeit.
salvi11 hat geschrieben:Aber lassen wir sie nur machen, solche Gebiete wie in Sarn-Heinzenberg wird es noch länger geben und wenn man gerade in so ein Skigebiet geht, ist es umso schöner aus dem "Skipistenrummel" zu kommen.
Da habe ich so meine Zweifel. Wie soll sich ein Gebiet eine neue, aufgrund der kaum herrschenden Konkurrenz völlig überteuerte Anlage leisten können deren technische Lebenszeit sich auf nur knapp 30 Jahre beläuft? Dazu kommen immer mehr Vorschriften, ich bin sicher es ist nur eine Frage der Zeit bis irgend ein völlig dämliches (EU-)Gesetz zur Sicherheit auf Skipisten kommt...
Bild
intermezzo
Kabinenbahn Isenau
Beiträge: 1389
Registriert: Do, 14.01.2010, 14:48

Re: Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von intermezzo »

Wie nicht anders von Dir erwartet - wunderbarer und ausführlicher Bericht zum Heinzenberg. Sehr schön auch die Bemerkungen zur Lenzerheide; diesbezüglich ticke ich ähnlich wie Du!

Tja, der Heinzenberg mag zwar skifahrerisch nicht besonders anspruchsvoll sein - doch das muss ein Skigebiet meiner Meinung nach auch gar nicht. Zwischendurch liebe ich solche Gebiete fast noch mehr als wesentlich - sowohl vom Namen und den Möglichkeiten her - renommiertere Stationen. Die Weitläufigkeit des Heinzenbergs und seine coupierten, schön naturbelassenen Pisten gefallen mir sehr gut.

Richtig witzig fand ich Deinen Verschreiber oben bei der Bildlegende:
"Gegen Ende der gut vierstündigen Fahrt wird der Wald lichter, ehe schliesslich die 1700 Meter hohe Bergstation erreicht ist, in welcher sich die Antriebsvorrichtung befindet. Die originale Bergstation steht übrigens noch immer in Savognin."
Nicht schlecht - 4 Stunden im gleichen Sessel - das habe ich bis dato noch nicht geschafft!
Benutzeravatar
Felix
Luftseilbahn Fil de Cassons
Beiträge: 5265
Registriert: Sa, 02.09.2006, 20:06
Lieblingsseilbahn: Klein Matterhorn, Fil de Cassons, Isenau, uvm.
Lieblingshersteller: Von Roll, Brändle, Giovanola
Kontaktdaten:

Re: Sarn-Heinzenberg • 31. Dezember 2012

Beitrag von Felix »

Vielen Dank für die positiven Rückmeldungen! :)
bündner hat geschrieben::denken: Langsam ist sie, aber übertreibst du da nicht ein wenig? :wink:
intermezzo hat geschrieben:Richtig witzig fand ich Deinen Verschreiber oben bei der Bildlegende:
Nicht schlecht - 4 Stunden im gleichen Sessel - das habe ich bis dato noch nicht geschafft!
:oops: Ja, ganz so langsam ist sie dann tatsächlich nicht - da sind wohl ein t, ein e und ein l verloren gegangen :lol:.
bündner hat geschrieben:Wobei das in gewissem Ausmasse auch aufgrund des Druckes von Seiten der Gäste geschieht. Wenn ein Skigebiet nicht landschaftlich sehr grosse Reize hat, hat es praktisch keine andere Möglichkeit.
Da gebe ich Dir schon Recht, dass der Gast hier quasi die Richtung vorgibt, nicht umsonst sind die angesprochenen Gebiete mit ihrem Konzept allesamt sehr erfolgreich. Jedoch ist es sicher nicht der einzige Weg, ein Skigebiet erfolgreich zu betreiben, wie das vielerorts behauptet wird. Es bräuchte einfach mehr Andersdenkende, die sich trauen, gegen den Strom zu schwimmen, dann würde eventuell auch die gesamte Gesellschaft entsprechend sensibilisiert werden. Aber solange die derzeitige Grundhaltung Bestand hat, dass der Betreiber für alles verantwortlich gemacht wird und dies auch von Gerichten gutgeheissen wird, statt dass sich die Gäste mal an die eigene Nase fassen, werden die Berge wohl immer mehr in Watte eingepackt werden müssen. Ich halte es für falsch, alles, aber wirklich alles durch Regeln und Gesetze zu diktieren - vieles regelt sich auch völlig problemlos von alleine, das gilt nicht nur bezogen auf das Beispiel Skifahren und Gebirge. Aber als einzelner ist man dahingehend machtlos. Vermutlich werden die Leute erst wenn alle Pisten vollständig eingezäunt sind sowie Tempolimit und Verkehrsregeln auf der Piste gelten merken, was eigentlich den Reiz am Skifahren ausmacht...
bündner hat geschrieben:Wie soll sich ein Gebiet eine neue, aufgrund der kaum herrschenden Konkurrenz völlig überteuerte Anlage leisten können deren technische Lebenszeit sich auf nur knapp 30 Jahre beläuft? Dazu kommen immer mehr Vorschriften, ich bin sicher es ist nur eine Frage der Zeit bis irgend ein völlig dämliches (EU-)Gesetz zur Sicherheit auf Skipisten kommt...
Naja, Sarn hat es auch geschafft, die untere Sektion nach 30 Jahren zu ersetzen und der Occasionshandel bei Seilbahnen wird in den nächsten Jahren sicher noch zunehmen. Insofern sehe ich das weniger problematisch, zudem zumindest nach der derzeitigen Gesetzgebung die Anlagen bei adäquater Wartung durchaus noch deutlich länger als 30 Jahre betrieben werden können. Was die drohenden Einschränkungen durch Gesetze angeht, da gebe ich Dir vollkommen Recht, das wird wohl früher oder später so kommen. Dann kann man nur hoffen, dass nicht nur wir hier im Stillen, sondern auch noch ein paar andere Leute für ihre Freiheit kämpfen...
Reportagen und Reiseberichte auf www.enviadi.com
Antworten