Bernina - Diavolezza - Lagalb • 07. April 2015

Winterberichte aus dem Kanton Graubünden.
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Felix
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Bernina - Diavolezza - Lagalb • 07. April 2015

Beitrag von Felix »

Bernina - Diavolezza - Lagalb • 07. April 2015

Nachdem ich Ende März mit der Lenzerheide und der Pischa zwei von drei Zielen auf meiner Liste abgehakt hatte, war Flims-Laax-Falera mit der Sesselbahn La Siala das nächste Ziel. Das Wetter sollte mir dann in den folgenden Tagen allerdings nicht in die Karten spielen, denn Sturm und jede Menge Neuschnee verhinderten, dass das Objekt der Begierde überhaupt in Betrieb war. Auch als das Wetter dann über Ostern wieder etwas besser wurde, nahm die Sesselbahn den Betrieb nicht auf. Was mit der Bahn genau angestellt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Sicher trug die Lawinengefahr dazu bei, dass eine Öffnung schwierig war, aber andererseits schafften es alle anderen Skigebiete ja auch, ihre Anlagen über Ostern wieder flott zu machen. Es entstand der Eindruck, dass La Siala die einzige Bahn in der Schweiz war, die in diesen Tagen nicht lief. Am Ostermontag wurde der Betrieb dann endlich wieder aufgenommen, doch das Wetter liess einen Besuch an diesem Tag wiederum sinnlos erscheinen. Die absolute Krönung war dann aber die Tatsache, dass man in Flims das halbe Skigebiet nach Ostermontag einstellte. Jetzt, wo traumhafte Bedingungen herrschten, wo man La Siala mühevoll wieder präpariert hatte, jetzt machte man dann zu? Na gut Flims-Laax, da müsst ihr euch nicht wundern, wenn keiner mehr kommt - es gibt genug Leute, die auch in der Woche nach Ostern noch gerne skifahren. Aber nicht, wenn die Hälfte der Anlagen ohne tieferen Sinn und ohne rechtzeitige Ankündigung geschlossen werden. Der unspezifische Hinweis auf der Website, dass ab dem Dienstag nach Ostern ein reduzierter Betrieb herrschen würde, war wohl stark untertrieben! Es ist wirklich kein Wunder, dass die Feriengäste nicht nur wegen des Preisniveaus lieber nach Österreich oder Frankreich fahren, wo bis weit in den April und Mai hinein alle Bahnen nach Möglichkeit offen bleiben. Das Frühjahr ist nicht ohne Grund die beste Zeit zum Skifahren - aber irgendwie wollen viele Gebiete daran gar nicht mehr partizipieren.

Nachdem La Siala definitiv geschlossen war, bestand ohnehin kein Grund mehr, nach Flims zu fahren. Aber allein wegen der unsäglichen Schliessung des halben Skigebiets beschloss ich, fortan diejenigen Skigebiete zu unterstützen, die auch noch nach Ostern Vollbetrieb anboten. Als erstes ging es daher am 07. April ins Engadin, genauer gesagt zum Berninapass. Nach dem sehr lohnenden Besuch am Corvatsch im vergangenen Dezember war es bereits mein zweiter Aufenthalt im Engadin im laufenden Winter. Die beiden Luftseilbahnen an der Diavolezza und am Piz Lagalb waren schon seit längerem ein potentielles Ziel, aber wie so oft ging sich ein Besuch nie aus.

Der Charakter des Skigebiets ist zumindest in der Schweiz, durchaus aber auch weltweit, ziemlich einmalig. Zwei grosse Luftseilbahnen mit jeweils knapp 1000 Metern Höhendifferenz erschliessen zwei Berge in knapp 3000 Metern Höhe mit Blick auf die vergletscherten, höchsten Berge des Kantons Graubünden. Die ungewöhnliche infrastruktuelle Struktur ist gepaart mit den langen, abwechslungsreichen Pisten defintitiv eine Reise wert, trotz des engadin-typischen Preisaufschlags. Erwartungsgemäss wurde ich von dem Skigebiet nicht enttäuscht. Die Route über den Morteratschgletscher, mit über zehn Kilometern Länge eine der längsten Abfahrten der Schweiz, die Fahrt zurück zum Berninapass mit der RhB, die beiden kühn trassierten Luftseilbahnen - all das macht das Skigebiet interessant und verleiht ihm einen unverwechselbaren Charakter. Umso erstaunter war ich daher, als ich wenige Tage später lesen musste, dass mit dem Piz Lagalb einer der beiden Gipfel ab 2016 nicht mehr durch eine Seilbahn erschlossen werden soll. Unrentabilität wird der Bahn attestiert, was sich zumindest bei meinem Besuch in keiner Weise bemerkbar machte. Eine Stilllegung einer gerade einmal 20 Jahre alten Luftseilbahn!? Ich schrieb es ja schon oft - aus meiner Sicht ist die Verknappung und Konzentration des Angebots aufgrund sinkender Nachfrage in Skigebieten der falsche Weg. Wenn die Bahn zum Piz Lagalb erst einmal stillsteht, wird es an der Diavolezza nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch an dieser die Rentabilität schwindet, weil noch weniger Leute kommen. Opfert man jede Bahn, die nicht mehr rentiert, wird am Ende überhaupt keine Anlage mehr im Engadin am laufen sein. Sollte die Luftseilbahn tatsächlich stillgelegt werden, ist die Region um eine grosse Attraktion ärmer, denn alleine wird die Diavolezza zumindest in der Hauptsaison, wenn auch die anderen Gebiete in der Umgebung geöffnet sind, dann doch schnell etwas langweilig. Viel sinnvoller wäre es, die bestehende, etwas suboptimale Verbindung zwischen den beiden Luftseilbahnen durch eine neue Anlage zu verbessern. Die Rentabilität einer Anlage hängt nicht nur von dieser selbst ab - es sind eben wechselseitige Beziehungen und komplexe Zusammenhänge, die den Erfolg eines Skigebiets oder einer ganzen Tourismusregion ausmachen. Am Berninapass scheint man das nicht verstanden zu haben.

Pistenplan Bernina - Diavolezza - Lagalb

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Die Luftseilbahn zur Diavolezza mit einer ihrer beiden Abfahrten. Vor einigen Jahren erhielt die Bahn eine umfassende Sanierung, bei der auch die beiden Kabinen durch neue ersetzt wurden.

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Panorama vom Berghaus Diavolezza auf die höchsten Bündner Berge, die Berninagruppe.

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Der Einstieg in die Gletscherroute nach Morteratsch.

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Durch die konsequente Vermattung über Sommer kann am Diavolezzafirn so viel Schnee konserviert werden, dass der Skibetrieb bereits Mitte Oktober aufgenommen werden kann. Dann ist die kurze Sesselbahn zum Sass Queder als einzige Beschäftigungsanlage in Betrieb.

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Sesselbahn Diavolezzafirn-Sass Queder. Wie die Luftseilbahn stammt die Bahn aus dem Hause Garaventa. 1990 als fix geklemmte Anlage mit Zwischeneinstieg gebaut, wurde sie zehn Jahre später in eine kuppelbare Anlage umgebaut. Die nicht mehr verwendeten Teile wurden beim Bau der Sesselbahn am Trübsee in Engelberg wiederverwendet.

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Auch vom Sass Queder bietet sich ein wunderbarer Blick auf den Piz Palü und den Piz Bernina.

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Sesselbahn Diavolezzafirn-Sass Queder und das Berghaus Diavolezza. Als einzige Beschäftigungsanlage ist die Bahn mit ihren gut 200 Höhenmetern doch etwas kurz, zumal die untere Hälfte recht flach ist.

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Ein Blick von der Abfahrt an der Diavolezza auf den Berninapass und den Piz Lagalb mit seiner Luftseilbahn und seinen steilen Abfahrten. Es ist mir völlig unverständlich, wie man überhaupt in Erwägung ziehen kann, solch einen genialen Skiberg einfach so, ohne Suche nach Alternativen, aufzugeben. Aber damit setzt man nur eine langwährende Tradition fort, denn insgesamt sechs Anlagen rund um den Piz Lagalb wurden im Laufe der Jahre bekanntlich bereits ersatzlos stillgelegt.

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Impressionen von der Diavolezzabahn. Der Viertelstundentakt erwies sich leider als etwas ungünstig, da man nur jede zweite Fahrt nehmen kann und damit nur zwei pro Stunde möglich sind. Irgendwann hatte ich dann aber den Dreh raus, so lange an der Sesselbahn zu fahren, dass ich jeweils pünktlich zur Abfahrt der Kabine an der Talstation war.

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Auch die Gletscherroute nach Morteratsch, das Highlight in Pistenhinsicht, durfte natürlich nicht fehlen. Unterwegs war es interessant und traurig zugleich zu sehen, wie stark sich der Morteratschgletscher bereits zurückgezogen hat. Spannend ist die Abfahrt daher eigentlich auch nur in landschaftlicher Hinsicht. Aufgrund ihrer Länge besteht sie zu grossen Teilen nur aus (glücklicherweise abschüssigen) Ziehwegen.

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Nach einer weiteren Fahrt an der Diavolezza und einer kurzen Mittagsrast war es an der Zeit, Richtung Piz Lagalb aufzubrechen. Die Verbindung erfolgt in diese Richtung völlig problemlos ohne schieben und mittels dieses Seillifts.

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Gerade noch eben so passierte ich das Drehkreuz in der Talstation und stieg als letzter Skifahrer in die gut gefüllte Kabine ein, die sogleich zur Bergfahrt startete. Auch diese 1994 komplett neu gebaute Bahn stammt aus dem Hause Garaventa und ersetzte wie ihr Pendant an der Diavolezza eine Luftseilbahn Marke Von Roll.

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An der Bergstation ergab sich ein geniales Panorama von Südosten bis Nordosten. Der Blick an der Diavolezza ist zwar ebenfalls spektakulär, da man näher an den Gletschern und Gipfeln ist, aber mir gefiel die Weitsicht am Piz Lagalb doch etwas besser.

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Der Blick reichte über das Puschlav hinweg bis hin zum Skigebiet im italienischen Aprica.

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Luftseilbahn Piz Lagalb.

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Obwohl sich hier schon seit 1978 keine Rolle mehr drehte, war die Bergstation der ehemaligen Sesselbahn Vallin-Pas Chüra von Städeli noch immer auszumachen. Im besagten Jahr wurde sie in Arosa wieder aufgebaut.

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Impressionen von der Luftseilbahn Curtinatsch-Piz Lagalb.

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Zum Abschluss ging es nach etwas mühsamer Lauferei um 16.45 Uhr noch einmal auf die Diavolezza. Von den Betriebszeiten hier können sich einige andere Gebiete mal etwas abschauen!

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