Die Seilbahnruine von Bray, 12. Juli 2019
Bray, ein kleinerer Vorort Dublins mit gut besuchter Strandpromenade, Klippen und einem Aussichtsberg Namens Bray Head, beherbergt seit gut 50 Jahren eine Seilbahnruine, welche es so vermutlich nirgends mehr auf der Welt gibt. Darauf gestossen bin ich schon gut zwei Jahre vorher durch den Bericht von starli. Damalige Recherchen ergaben, dass ich vermutlich nie an dieses Ziel rankommen werde. Als zwei Kollegen und ich anfangs Jahr eine Reise nach United Kingdom und Irland planten, war meine einzige Bedingung, die Seilbahnruine von Bray zu inspizieren. Tatsächlich war Dublin für einen Tag auf unserer Liste. Der Fall war aber schon vornherein klar, dass ich alleine nach Bray fahren müsse, die anderen haben mit Seilbahnen und vor allem auch mit Ruinen nichts am Hut. Ich verzichtete daher gänzlich auf eine Stadt Entdeckungstour um nach Bray zu fahren, ca. 20 Autominuten von unserem Hotel am Rande Dublins entfernt.
Die Bergstation getarnt von Bray im Hintergrund
Bray
Der ehemalige Standort der Talstation ist gut mit dem Auto erreichbar. Zu Hause vermerkte ich die Koordinaten des Parkplatzes direkt daneben. Es stellte sich heraus, dass dieser komplett leer war, alle Leute und Touristen tümmelten sich am Strand herum, dort waren keine Parkplätze mehr auffindbar. Ein Indiz für die Stilllegung?
Parkplatz und die Strecke der ehemaligen Seilbahn. Dummerweise sind alle Stützen komplett weg.
Fundamente der alten Talstation
Blick von einem Stützenfundament runter zur Talstation und Mietwagen.
Die Seilbahn wurde seinerzeit in den 50er Jahren durch keinen Unbekannten gebaut. Es ist die einzig je gebaute Sesselbahn Giovanolas. Man lehnte sich damals an die Seitwertsphilosophie von Von Roll an und setzte ebenfalls Seitwertsessel für je zwei Personen ein. Auf diesem alten Foto ist ein Sessel abgebildet. Ein Zeitungsartikel berichtete im Oktober 2012 von der Geschichte der Sesselbahn. Ein Herr Namens Eamonn Quinn sah sich für eine Erschliessung eines Restaurants um und liess die Sesselbahn erstellen. Es war damals die allererste Seilbahn in dieser Art in Irland.
Weitere alte Fotos der Sesselbahn:
- komplette Strecke
- Talstation 1970
- Vermutlich vorletzte Stütze
-Bereits stillgelegte Bergstation mit intakten Sesseln
Der Aufgang zur Bergstation gestaltete sich weniger anstrengend als vorerst gedacht. Auf Maps erkannte ich einen Wanderweg, welcher direkt bei einem Privaten Haus endet. Das Anwesen des Hauses erstreckt sich bis zur Bergstation, demnach befindet die heutige Bergstationruine komplett auf privatem Gelände, welches von Stacheldrahtzaun umzäunt ist. Anscheinend erwartet man hier nicht gerne Besuch. Ich ging davon aus, dass ich die Bilder auch ausserhalb des Zaunes machen kann, ansonsten hätte ich beim Haus frech klingeln müssen und mein bestes Schulenglisch abliefern müssen. Dazu ist es dann nicht gekommen.
Erster Zoom zum Gerippe
Aufgang mit der alten Treppe
Oben angekommen verschaffte ich mir erstmals einen Überblick der Situation, ob noch andere Wanderer hier sind oder der Besitzer des Grundstückes zu Hause ist und ob irgendwelche Verbotsschilder angebracht sind. Ein Schild war tatsächlich auszumachen, darauf stand "Privateigentum, Eintreten verboten, Straftäter werden verfolgt". Ein Eintreten war ohne sich die Kleider zu zerreisen aber auch schlicht unmöglich.
Erstes Foto der Ruine, anscheinend liess man das Gebüsch vorne absichtlich stehen.
Unterhalb des restlichen Stahlgerüsts wurde nämlich irgendwann mal das Gebüsch gerodet, ein Zeichen für den absichtlichen Erhalt der Ruine?
Das Meeresklima macht den Stahlprofilen zu schaffen.
Auf der anderen nicht begehbaren Seite hingen tatsächlich noch immer zwei Sessel oder was von ihnen noch übrig geblieben ist.
Sehr kompakte Ausführung Giovanolas, mir ist schleierhaft, warum man kein Gebäude gebaut hat. Während des Betriebes kämpfte man bestimmt auch mit dem Rost.
Im Hintergrund Bray Head
Förderseil unmittelbar vor der Bergstation
Nebst der Begutachtung der kompletten Bergstation war mein eigentliches Ziel die komplett verrostete Giovanola Klemme des ersten Types. Ungelogen 30 Minuten versuchte ich die Klemme bestmöglichst abzulichten. Um so nahe wie möglich dran zu kommen, stieg ich auf die Mauer, worauf sich der Stacheldraht befand. Mein Auge ging immer wieder in Richtung des Wohnhauses, ob die Leute zu sehen waren. Ich wäre auch nicht sehr glücklich, wenn ein Fremder auf meinen Gartenzaun steigen würde.. Dennoch, es hat sich gelohnt.. Die Klemme samt Gehänge liess sich in allen Richtungen nicht einen einzigen Millimeter mehr bewegen.
Um auch die Rückseite zu fotografieren, ging ich den Wanderweg weiter rauf Richtung Bray Head. Dort tummelten sich die Leute, viele waren unterwegs zum Gipfel. Ich bog viel weiter unten ab um über den Zaun des Anwesens hinüber zu sehen und mich mit dem Zoom zu vergnügen. Unterwegs traf ich vermutlich die alte Aussichtsterrasse an, dessen Tor natürlich auch verschlossen war.
Ehemalige Plattform, dahinter die Ruine
Die beiden Sesselgerippe kurz vor der mutmasslichen Ausfahrt
Wer gut hinsieht erkennt, dass die vordere Klemme der beiden Gerippe das Förderseil immer noch klemmt, bzw. von der Korrosion nie wieder gelöst werden kann.
Zoom zum Umlauf und Motor, sowie dem kleinen Getriebe.
Das Grundstück, dessen Wiese vor nicht all zu langer Zeit frisch gemäht wurde, zieht sich bis zu diesem Gebäude links hin.
Die bald über 50 Jährige Seilbahnruine von Bray gilt für mich Persönlich zu einem schützenswerten Objekt. Das mag jetzt vielleicht etwas komisch erscheinen, da es doch komplett zerstört und defekt ist. Es ist ein Zeitzeuge und damit auch ein Unikat aus dieser Zeitepoche, welches es so sonst nirgends mehr auf der Welt gibt.
Seilbahnforum
50 Jahre Seilbahnruine von Bray
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Re: 50 Jahre Seilbahnruine von Bray
Danke für den interessanten Bericht!