Arolla // 16. April 2017 // zuhinterst im Tal

Winterberichte aus dem Juragebirge und den Kantonen Wallis, Waadt und Freiburg.
Antworten
intermezzo
Kabinenbahn Isenau
Beiträge: 1389
Registriert: Do, 14.01.2010, 14:48

Arolla // 16. April 2017 // zuhinterst im Tal

Beitrag von intermezzo »

Arolla // 16. April 2017 // Hochalpiner Kessel im tiefsten Wallis


Bild


Osterzeit – Skifahrerzeit? Warum nicht…. Habe ich jedenfalls schon lange nicht mehr gemacht, über die Oster-Feiertage zum Skifahren zu gehen. Spontan fällte ich am Karfreitag den Entscheid – und entschied mich fürs Wallis (1 Tag Arolla, 1 Tag St. Luc/Chandolin). Ich sollte diesen Entschluss in keinster Weise bereuen, im Gegenteil! Während in vielen Teilen des nördlichen Alpenkamms Schlechtwetter prognostiziert war und an vielen Orten der Skibetrieb entweder schon eingestellt war, weil wenig bis gar kein Schnee mehr lag, lockte das Wallis mit gutem Wetter und Schnee in den höheren Lagen. Also nischt wie hin…

Meine Wahl fiel auf Arolla zuhinterst im Val d’Hérens, zu Deutsch auch Ehinger-Tal genannt. In Arolla war ich noch NIE, wie wohl ich noch ueberhaupt NIE in diesem ziemlich abgeschieden-schönen und touristisch wenig versauten Flecken war. Kleine Fussnote: Meine Grossmutter kam aus Evolène (in der Mitte des Val d’Hörens gelegen) - dort gibt’s ja auch ein Skigebiet. Mit einer langen Sesselbahn und einer kuriosen Talstation – die mitten im Nirgendwo im Wald in einer Schlucht auf einer Stahlbrückenkonstruktion steht... Das Val d’Hérens hat drei Skigebiete: 1.) Evolène, 2.) Les Haudères/La Forclaz und eben 3.) Arolla.

Die Fahrt rauf nach Arolla präsentierte sich als teilweise ziemlich abenteuerliche Reise. Von der Walliser Hauptstadt Sion schraubt sich die Strasse hoch, vorbei an den berühmten Pyramiden von Euseigne:

Bild

Ab dem hübschen Ortchen Les Haudères geht es dann weiter: Auf einer engen und höchst kurvigen Strasse mit einigen Schlaglöchern fährt man bis zuhinterst nach Arolla. Zum Glück war die Strecke komplett schneefrei. Na, bei Neuschnee dürfte die Strasse ein echtes Gaudi sein...

Bild

Jedenfalls kurz vor dem Ortseingang von Arolla führt die Strasse an einem alten Hotelkasten vorbei, der wohl schon seit längerem dicht ist. Und noch bevor man im Dörfchen Arolla auf 2000 Metern Meereshöhe landet, biegt man auf einen kleinen Parkplatz ab. Gegenüber steht ein kleines Kassahäuschen, daneben zwei Stangenschlepper (der älteren Sorte).

An meinem Besuchstag machte hier unten im Talstationsbereich alles ein wenig einen trostlosen Eindruck. Die Pisten waren - leider, leider - über Nacht überhaupt nicht präpariert worden. Obwohl es immerhin einen Flaum von 5 cm in der Nacht hingelegt hatte. Das war insbesondere bei der Talabfahrt schade, denn der Sulz vom Vortag war am Vormittag noch gefroren und dementsprechend schlecht zu fahren.

Parken ist gratis, Tageskarte für 40 Franken erstanden - und ab gings auf den "Fontanesses 3". Mit einem veritablen Katapultstart gings ab in die Höhe - vor allem der untere Stangenschlepper gebärdete sich manchmal reichlich ruppig;-)

Vorläufiges Fazit: Das Skigebiet hat mir gut gefallen, auch wenn ich hier anfügen muss, dass ich mehr erwartet habe. Das hat sicherlich damit zu zu, dass...

a.) nur gerade zwei Lifte (Fontanesses 1 + 3) offen waren. Allerdings sind das die mit Abstand wichtigsten Lifte im Gebiet.
b.) Schade war, dass keine einzige Piste präpariert war. Wenn man offiziell schon bis Ostermontag offen hat, sollte man zumindest ein Minimum an Service erwarten dürfen.
c.) Etliche Pisten waren schon zu. Einige (Hintenrumabfahrten von der Scharte La Forclaz) sind zwar auf dem Pistenplan eingezeichnet, werden aber offenbar seit längerem nicht mehr angeboten.
d.) Das Skigebiet selber ist zwar sehr nett, aber alles in allem nicht umwerfend. Ich bin mir aber bewusst, dass das bei guten Schneebedingungen völlig anders ist. Ebenso weiss ich, dass Arolla in erster Linie ein Freeride- und Tourenparadies ist.
e.) Spektakulär ist die Landschaft in diesem winterlichen Hochkessel, toll der Blick auf die beeindruckenden Gletscher und die markante Pigne d'Arolla. Gleichzeitig fehlt mir im Skigebiet von Arolla der Weitblick. Das Blickfeld ist schon sehr eingeengt hier oben.
f.) Die vielen Stangenschlepper sind reizvoll und einzigartig. Die Unaufgeregtheit hier gefällt.


Zum Bericht:
Wie immer – zuerst einmal ein paar Bilder, der Text wird dann laufend fortgeführt…

Stangenschlepper-Paradies: Von hier aus - etwas unterhalb des kleinen Dorfs Arolla gelegen - startet der etwas mehr als 2000 Meter lange Schlepper "Fontanesse 1" - rechts im Bild ist der Übungslift "Fontanesse 2" zu sehen. Letztgenannter lief nur ungefähr zwei Stunden (von 11 bis 13 Uhr). Bin ihn nicht gefahren, da sich dieser im unteren Teil auf nahezu identischem Gelände wie der grosse Bruder nebenan befindet.

Bild

Etwas zur besseren Orientierung - Pistenplan (wahrscheinlich aus den 1970ern, wegen Berann und so...):

Bild

Im einzigen Restaurant des Skigebiets, oben bei der Bergstation auf La Forclaz, hängen diese beiden Vintage-Hingucker-Fotos mit dichtem Schnauzer und Ratrac, so wie es sich gehört:

Bild

Alles ein wenig Retro hier:

Bild

Steile Angelegenheit: der Stangenschlepper Fontanesse 1 überwindet vor allem im mittleren Teil einige wirklich happig-steile Abschnitte…

Bild

Oben auf dem Zwischenplateau wird’s dann flach:

Bild

Die 5 cm Deko-Schnee von der Nacht machen sich gut…

Bild

Zugpferd des Skigebiets: Der Schlepper „Fontanesses 3“ – dieser Lift schraubt sich immer höher hinauf bis auf knapp 2900 Meter…

Bild

Hochalpines und felsiges Gelände:

Bild

Kurve des Schlepper „Fontanesses 3“ und die beeindruckende hochalpine Kulisse im Kessel von Arolla:

Bild

Teil der Trasse vom "Fontanesses 3":

Bild

Eindrückliche Hochgebirgslandschaft:

Bild

Bild

Bild

Pisten im oberen Bereich waren, wenn auch nicht präpariert, pulvrig und gut zu fahren:

Bild

Bild

Bild

In Italien stünde hier links und rechts der Trasse ein roter Zaun...

Bild

Gletscherwelten...

Bild

Talabfahrt zur Talstation. Bei perfekten Bedingungen sicherlich ein Traum-Hang und gut zum Carven... Bei meinem Besuch war diese Piste am Vormittag okay zu fahren, am Nachmittag dann weniger, da völlig durchnässt...

Bild

Am unteren Ortseingang steht dieser alte Hotelkasten, das Hotel Mont Collon. Habe jetzt nicht nachgeschaut, aber im Vorbeifahren machte die Herberge nicht den Eindruck, als empfange sie noch Gäste...

Bild

Bild

Talstation KSSL Fontanesses 1. Ein ruppiger Poma-Schlepper der ersten Generation...

Bild

Bild

Die Trasse hat es in sich...

Bild

Hier kommt sogleich ein toughes Steilstück:

Bild

Bild

Im Hintergrund der charismatische Mont Dolin, im Vordergrund der Skilift "Le Remointze":

Bild

Der Mont Dolin, den man mit den Schleppern regelrecht umkurvt:

Bild

Bild

Bild

Einziger gastronomischer Betrieb im ganzen Skigebiet: Die Buvette gleich unterhalb der Bergstation des KSSL "Fontanesses 3":

Bild

Arolla ist ja vor allem auch ein Paradies für Tourengänger:

Bild

Bild

Bild

Bild

Bild

Packende Ausblicke:

Bild

Mont Blanc de Cheilon - mit und ohne Haube:

Bild

Bild

Bild

Lawinenverbauungen auf der Rückseite des Mont Dolon. Die Dinger oben, die heissen im Fachjargon "Kolktafeln". Sie sind laut dem Instititut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos die einfachste und billigste Art, das Risiko für Schneebretter zu senken und durchgehende grosse Schneeansammlungen zu verhindern:

Bild

Von der Scharte La Forclaz oben an der höchsten Stelle des Skigebiets starten im Normalfall die Hintenrumabfahrten. Bei meinem Besuch war nichts präpariert. Ich habe die Abfahrt gewagt, etwas fahrlässig...ging aber einigermassen gut...

Bild

Hier müsste im Normalfall die schwarze Piste durchführen:

Bild

Ungefähr in der Mitte des Hanges erreicht man unten einen künstlich angelegten Lawinendamm:

Bild

Bild
Zuletzt geändert von intermezzo am Di, 25.04.2017, 16:24, insgesamt 1-mal geändert.
Jannik
Niesenbahn
Beiträge: 33
Registriert: Do, 16.02.2017, 17:52
Lieblingsseilbahn: Kabinenbahn Männlichen
Wohnort: nähe von Basel

Re: Arolla // 16. April 2017 // zuhinterst im Tal

Beitrag von Jannik »

Ein sehr schöner Bericht, besonders die Bilder mit den Imposanten Gletschern haben mir gut gefallen. Leider schmelzen die uns buchstäblich unter den Füssen weg :cry: . Hoffen wir mal, dass der Gletscherschwund doch nicht so schnell geht wie vorher gesagt.
Von den Schneebedingungen wäre es sicher nicht schlecht gewesen, auf den Fotos sieht es ja ziemlich Winterlich aus. Aber das Problem mit den Präparieren der Pisten im Frühling kenne ich, obwohl ich dieses Jahr noch keine Probleme damit hatte :?: , von mir aus kann es gerne so bleiben :D .
intermezzo
Kabinenbahn Isenau
Beiträge: 1389
Registriert: Do, 14.01.2010, 14:48

Re: Arolla // 16. April 2017 // zuhinterst im Tal

Beitrag von intermezzo »

Grazie!

Ja, die Gletscherwelt dort oben ist in der Tat beeindruckend, noch ist man versucht zu sagen!
Benutzeravatar
Felix
Luftseilbahn Fil de Cassons
Beiträge: 5265
Registriert: Sa, 02.09.2006, 20:06
Lieblingsseilbahn: Klein Matterhorn, Fil de Cassons, Isenau, uvm.
Lieblingshersteller: Von Roll, Brändle, Giovanola
Kontaktdaten:

Re: Arolla // 16. April 2017 // zuhinterst im Tal

Beitrag von Felix »

Vielen Dank für die Berichterstattung aus Arolla! Dein Fazit
intermezzo hat geschrieben: Sa, 22.04.2017, 09:00Das Skigebiet hat mir gut gefallen, auch wenn ich hier anfügen muss, dass ich mehr erwartet habe.
kann ich zu 100% unterschreiben. Mir erging es 2008 in Arolla genau gleich. Auf dem Papier (Pistenplan) sieht es erst einmal nach einem überaus genialen Skigebiet aus und man reist mit entsprechend hohen Erwartungen an. Vor Ort folgte dann bei mir die Ernüchterung. Schmale, nur sehr rudimentär präparierte Pisten, die abgelegenen Abfahrten geschlossen, der Schlepplift vom Dorf ins Skigebiet stillgelegt, die Infrastruktur im Dorf ein trauriger und heruntergekommener Anblick. In Arolla zählt aber aus meiner Sicht eher das Gesamterlebnis (Landschaft, völlig abstruse Erschliessung mit Poma-Schleppliften in 3000 Meter Höhe, rustikales Gesamterscheinungsbild, ...) und daher sollte der Fokus bei einem Besuch nicht unbedingt auf dem Pistenski-Genuss alleine liegen. Dennoch schade, denn Potential wäre ausreichend vorhanden!
Reportagen und Reiseberichte auf www.enviadi.com
Antworten