Skilift Homad, Wiriehorn

Technik-Reportagen aus dem Berner Oberland und dem Berner Mittelland.
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salvi11
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Skilift Homad, Wiriehorn

Beitrag von salvi11 »

Skilift Homad, Wiriehorn, Habegger, 1976

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Der Skilift Homad im Voralpenskigebiet Wiriehorn erschliesst den steilsten und bestmöglichsten Hang den es geben könnte. Mit einer Länge von gut über einem Kilometer verbindet er einen Berg, der nicht lukrativer für ein kleines Skigebiet wie dem Wiriehorn sein könnte.

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Ganze 440 Höhenmeter auf einem Bild

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1976 wurde er als günstig angesehene Neuerschliessung zum damalig eher überschaubaren Angebot erstellt. Prompt entwickelte er sich zu einem muss für jeden Profi, Tiefschneefahrer und Freaks unter den Skifahrer im Tal und Region Thun. Dies ist garantiert noch heute der Fall. Wer den Homad gefahren ist, kann sich auf die Schultern klopfen und von sich behaupten, dass er den steilsten Lift samt Pisten heile überlebt hat und dazu sogar noch die beste Aussicht auf das komplette Skigebiet, Niesenkette und Thunersee geniessen konnte. In den Glorreichen 80er Jahren wurden Europameisterschaften am Homad durchgeführt, es gab eine Abfahrtsroute direkt ins Riedli nach Zwischenflüh. Dass diese Zeiten längst vorbei und Geschichte sind, ist natürlich weitgehendst bekannt und verständlich. So besitzen die Pisten des Skilifts Homad über keine technische Beschneiung. Betriebstage werden weniger oder gänzlich vom stets warmen Westwindwetter weggeschwemmt. Auch deshalb wurde immer wieder über die Wirtschaftlichkeit des Skiliftes diskutiert, erstmals Mitte 2000er, als es um einen Ersatz des Förderseil ging. Nun ist es jedoch soweit, der Skilift Homad wird nach einem desolaten Winter 19/20 mit nur anderthalb Betriebstagen definitiv geschlossen. Ein Drittel des Skigebiet Wiriehorn wird ohne zu zögern gestrichen. Warum? Das wissen wohlmöglich nur die Zuständigen Mathematiker am Pult. Doch nicht so voreilig, zehn Tage nach der Schreckensbotschaft, hat ein Aktionär kurzerhand beschlossen, die Unkosten für den Betrieb des Skilift Homad zu übernehmen! Der Skilift Homad wird also auch im Winter 20/21 an trockenen Wochenendtagen und in den Ferien betrieben. Nochmals glück gehabt.

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Am 18. Dezember 1976 wurde der Skilift Homad als Neuerschliessung eröffnet. Die Firma Habegger in Thun, welche bis zu diesem Zeitpunkt jede einzelne Anlage im Gebiet erstellt hat, bekam zwangsläufig auch den Auftrag den Skilift Homad samt kurzem Rückbringer auf der Gegenseite zu bauen.
  • Name: Skilift Homad
  • Ort: Zwischenflüh, Heitern-Homad
  • Betreiber: Wiriehornbahnen AG
  • Typ: 2-SLE
  • Hersteller: Habegger
  • Seilhersteller: Teufelberger
  • Steuerungshersteller: Habegger
  • Talstationshöhe: 1412m
  • Bergstationshöhe: 1852m
  • Höhendifferenz: 440m
  • Länge: 1291m
  • Kapazität: 1000 P/h
  • Fahrzeit: 6,57min
  • Geschwindigkeit: 3,1 m/s
  • Stützenanzahl: 13
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Der Homadlift verbindet auf einer Länge von 1300m und 13 Stützen zwei schwarze Pisten. Er überwindet zwei Kuppen, wovon beide Kuppen nur über ein überdurchschnittlich steiles Trasse zu erreichen sind. In den ersten vier Jahren konnte man im Bereich Bodenfluh einen Zwischeneinstig benutzen. Der dafür vorgesehene Galgen wurde im Herbst 1980 jedoch zur Talstation verlegt um dort den Einstig zu erleichtern. Um den Lift in diesem Winter 20/21 wieder attraktiver zu machen, entschied man sich, den Zwischeneinstieg wieder zu reaktivieren. Ab dem 19. Februar bis 28. Februar 2021 war er in Betrieb. In dieser Zeit benutzten ihn 2'764 Gäste.

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Versetzter Galgen von Bodenfluh nach Heitern zur Talstation.

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Neuer Zwischeneinstieg ohne Galgen, aber mit aufgeschüttetem Schnee um an die Bügel zu kommen.

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Strecke im mittleren Bereich Bodenfluh, hier noch ohne Zwischeneinstieg

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Erster Steilhang vor Stütze 2 und 3

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Erster Steilhang im Winter

Zu beginn wurde das Talwärts fahrende Förderseil bodennah geführt und hat jede Stütze befahren. Nach wesentlich grossen Problemen mit dem Seildrall liess man diese Seilführung im Laufe der Betriebsjahre umändern. So z.B. mitten im Januar 1985, als man das Rücklaufseil bei den Stützen 10 und 11 ausgehängt hat. Weil die damaligen Betreiber das Rücklaufseil bei Stütze 10 und 11 während der Wintersaison ausgehängt haben, musste das Förderseil im Sommer zwangsläufig gekürzt werden. Im Rapport von damals steht, dass sie das Seil zu viel gekürzt haben. Mehrere Berechnungen und Telefone mit der Firma Von Roll-Habegger hat ergeben, dass das Rücklaufseil bei Stütze 4 und 5 ebenfalls ausgehängt werden darf.

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Stützen 10 und 11 und hoch oben geführtes Rücklaufseil

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Bis heute einseitig geführter Niederhalter bei der Stütze Nr. 4.

Die filigranen Fachwerkstützen passen nicht zum sonst so robusten und schweren Skilift. Das Förderseil hat einen Durchmesser von 30mm und könnte ebenso für eine fixe Sesselbahn verwendet werden.

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Detail einer Rollenbatterie, im Hintergrund der Thunersee

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1988 fand der bis dato grösste Umbau des Liftes statt. Bei den Stützen 12 und 13 wurden immer wieder grosse Verschleisse der Seilrollen festgestellt. Der Nachfolger von Habegger, die Firma Von Roll, baute diese beiden Stützen um und realisierte mittels einer zusätzlichen 6er Rollenbatterie ein grösserer Ablenkwinkel, womit sich die Kraft auf den einzelnen Seilrollen massgeblich verkleinert. Die Stütze ist durch ihre markante Grösse bereits vom Talboden aus gut zu sehen.

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Beide Stützen wurden mit einem Träger verbunden. In der Mitte des Trägers realisierte Von Roll dann die zusätzliche Rollenbatterie.

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Mit Revisionsbarelle im Sommer

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Die Antriebstation ist im Tal sehr kompakt auf einem Betonsteher im einem grosszügigen Stationsgebäude eingefügt. Nebst dem Antrieb befindet sich im Gebäude eine kleine Werkstatt, die Steuerung des Liftes, mehrere gut zugängliche Lagerflächen, eine Trafostation sowie ein Munitionslager für die Lawinensprengungen. Der Motor wird heute mit einem Sofstarter betrieben. Früher übernahm diese Aufgabe eine Hydroflow-Kupplung. Weil man die Geschwindigkeit des Hauptmotors nicht steuern kann, befindet sich direkt unterhalb des Hauptmotors ein Revisionsmotor, welcher mit einer Kette vors Getriebe gekoppelt werden kann. Mit dem Revisionsmotor kann bedeutend gemächlicher gefahren werden.

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Dunkelblau Hauptmotor, Hellblau Revisionsmotor, Gelb Scheibenbremse und links davon das Kettenrad für den Revisionsantrieb.

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Die Umlenkstation ist gut 100m vom Abbügelplatz entfernt und steht direkt am Abgrund der südwestlichen Flanke des Homads. Die sehr leichte Station ist Habeggertypisch mit zwei Hauptstehern ausgeführt, welche mit einem Fachwerkträger miteinander verbunden sind, welcher Zeitgleich die Führung des Spannschlittens übernimmt. Mit 26 Tonnen ist das Gegengewicht für einen Skilift untypisch schwer.

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Bereits 2015 erstellte ich ein Video des gesamten Liftes. Im Winter 17/18 schliesslich montierte ich meine Go Pro an ein Gehänge und liess sie einmal rumfahren. Zugut der Letzt hoffe ich, dass der Skilift Homad auf irgend einer Weise längerfristig gerettet werden kann. Alles weitere findet ihr im PDF hier (Info zur GV 2020).



Link zum Video



Link zum Video

Zuletzt geändert von salvi11 am So, 14.03.2021, 12:35, insgesamt 7-mal geändert.
intermezzo
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Re: Skilift Homad, Wiriehorn

Beitrag von intermezzo »

Sehr schöne Reportage dieses aussergewöhnlichen Liftes.

Gute Kunde: Der Hohmad wird diesen Winter doch in Betrib genommen. Zum Glück:

https://www.jungfrauzeitung.ch/artikel/186010/
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salvi11
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Re: Skilift Homad, Wiriehorn

Beitrag von salvi11 »

Welch erfreuliche Nachricht. Ich ändere dies in der Reportage :)
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