15-PB Huserenberg - Rotenfluh

Technik-Reportagen aus den Kantonen Luzern, Obwalden, Nidwalden, Schwyz, und Uri.
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migi
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15-PB Huserenberg - Rotenfluh

Beitrag von migi »

15-PB Huserenberg - Rotenfluh

Schon immer war der Grosse Mythen mit seinem spektakulären, exponierten Wanderweg ein sehr beliebtes Wanderziel. Um den Wanderern den Aufstieg ein wenig zu verkürzen, jedoch auch als Zubringer zu einem gleichzeitig eingerichteten Skigebiet, liess man im Jahr 1957 von der Firma Küpfer eine zweispurige Pendelbahn mit Kabinen für 15 Personen bauen. Sieben Stützen mussten für die gewünschte Linienführung im Gelände platziert werden. Auf Stütze vier richtete man einen Zwischeneinstieg für die aus einer handvoll Häuser bestehende Siedlung Gütsch ein, welcher auf vorherige Anmeldung bedient wurde. Der Antrieb kam in der Talstation zu liegen. Von dort aus wurde die Bahn jeweils auch bedient. Talwärts fahrende Gäste mussten in der Bergstation ihren Fahrtwunsch über ein Telefon anmelden. Eine später angebrachte Videoüberwachung bot dem Maschinisten eine Überwachungsmöglichkeit der Bergstation und der Zwischenausstiegs. Jede Fahrt dauerte sieben Minuten, pro Stunde konnten so pro Richtung bis zu 180 Personen Personen transportiert werden.

Wie sich über die Jahre herausstellte, hatte man beim Bau der Bahn übersehen, dass die Stützen in einem Rutschhang zu liegen gekommen waren. Mit zusätzlichen Fundamenten an den Stützenfüssen versuchte man die Lage einigermassen in den Griff zu bekommen und weiterhin einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Das grosse Sorgenkind blieb jedoch weiterhin die Stütze 5, welche sich jedes Jahr weiter seitlich aus der Bahnachse Richtung Tal bewegte. Nicht eingeweihte Fahrgäste dürften sich wohl oft über das durch die Verschiebung am Stützenkopf schleifende Laufwerk und das daraus entstehende, nicht sonderlich vertrauenserweckende Geräusch erschreckt haben. Auch der angeblich älteste Innerschweizer, der Föhnwind, machte der Bahn das Leben oft schwer. Regelmässig musste unter vollster Konzentration des Maschinisten mit verminderter Geschwindigkeit gefahren, nicht selten der Betrieb vorübergehend komplett eingestellt werden.

Als sich schlussendlich zur Jahrtausendwende abzeichnete dass sich die Probleme mit dem Rutschhang nicht dauerhaft in den Griff bekommen liessen, begann man mit Planungen für eine neue Seilbahnanlage. Auf leicht geänderter Streckenführung sollte einerseits das einige Schritte Fussmarsch von der bisherigen Bergstation entfernte Familienskigebiet besser erschlossen, gleichzeitig aber auch die Föhnproblematik entschärft werden. Als Bahntyp wählte man eine Gondelbahn, die auf der Höhe des Ausstiegs an Stütze 4 eine Zwischenstation erhalten sollte, die gleichzeitig auch den Weiler Huserenberg, der bisheriger Standort der Talstation der Pendelbahn, erschliessen sollte. Einsprachen aus der lokalen Bevölkerung, aber auch finanzielle Probleme verzögerten das Neubauprojekt jedoch. Während die Pendelbahn aus Alters-, aber schlussendlich auch aus Sicherheitsgründen 2004 stillgelegt und später abgebrochen wurde, liess die neue Gondelbahn weiter auf sich warten. Erst im Sommer 2013 erfolgte der Spatenstich. Die neue Bahn soll auf den Winter 2014/15 hin den Betrieb aufnehmen können - 10 Jahre nachdem die letzten Gäste die Rotenfluh per Seilbahn erreicht hatten.

Trotz neuer Seilbahn ist ein ganz kleines Stückchen Nostalgie geblieben. Eine der alten 15-plätzigen Seilbahnkabinen hat am Rande eines Wanderwegs auf der Rotenfluh als Selbstbedienungs-Hofladen einen neuen Einsatzzweck gefunden.

Link zum Datenblatt

15-PB Huserenberg - Rotenfluh


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Eine der beiden Kabinen in der unbedienten Bergstation.

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Das Laufwerk mit seinen zwei imposanten Fangsbremsen und einer interessanten Bauform des Tragseilsattels.

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Das Kommandopult befand sich in der Talstation. Rechts oben konnten auf einem Bildschirm die Bergstation und der Zwischenausstieg an Stütze 4 überwacht werden.

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Direkt unterhalb der Bergstation wurde in grossem Bodenabstand eine nahezu senkrecht abfallende Felswand überwunden.

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Blick talwärts von der Bergstation mit der letzten Stütze.

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Eine der beiden Kabinen in der einfach gehaltenen Bergstation.

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Die Aussenansicht der einige Höhenmeter unterhalb des Rotenfluhgipfels gelegenen Bergstation.

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Ein Fahrtwunsch musste von der Bergstation telefonisch mit diesem altertümlichen Gerät beim Maschinisten angemeldet werden.

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Nach über 40 Jahren Betrieb wurde die Pendelbahn im Jahr 2004 stillgelegt und zwischen 2006 und 2012 abgebrochen.

Fotos von der Antriebstechnik fehlen leider, da das am Besuchstag anwesende Betreiberehepaar uns den Maschinenraum der zweiten Sektion lieber nicht zeigen wollte. Die Gründe dafür entziehen sich meiner Kenntnis. Ich kenne lediglich das Gerücht dass sich dort einmal ein Unfall mit Personenschaden ereignet haben soll.

Hier noch ein Video aus dem Jahr 2003 - aufgrund damaligem Verwendungszweck mit akustischem Branding für ein anderes Seilbahnforum und einigen Aufnahmen der 15-PB Brunni - Holzegg. Die Bildqualität ist entsprechend der vor 10 Jahren üblichen Internetübertragungsgeschwindkeiten auf einem nicht unbedingt hervorragenden Niveau. Die Originalaufnahmen liegen mir leider nicht mehr vor da ich damals mit professionellem Equipment gefilmt, dieses jedoch zwischenzeitlich in vollem Umfang verkauft habe - inklusive den meisten bespielten DVCAM-Kassetten. :cry:


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bündner
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Re: 15-PB Huserenberg - Rotenfluh

Beitrag von bündner »

Besten Dank für die Bilder und das Video! :D
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Monte
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Re: 15-PB Huserenberg - Rotenfluh

Beitrag von Monte »

Schöne Fotos

Schade das die Bahn einer 0815 Godelbahn weichen musste. weigstens kommt man direkt nach oben und muss nicht mehr umsteigen.
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Felix
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Re: 15-PB Huserenberg - Rotenfluh

Beitrag von Felix »

Monte hat geschrieben:Schade das die Bahn einer 0815 Godelbahn weichen musste. weigstens kommt man direkt nach oben und muss nicht mehr umsteigen.
Naja, die Bahn wurde ja nicht wegen des Neubaus stillgelegt, sondern schon viele Jahre zuvor. Ich finde es daher ausgesprochen schön, dass die Rotenfluh wieder durch eine Seilbahn erschlossen wird. Eine 0815-Bahn ist immer noch um Längen besser als gar keine Seilbahn ;).
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