15-PB Stoos - Fronalpstock

Technik-Reportagen aus den Kantonen Luzern, Obwalden, Nidwalden, Schwyz, und Uri.
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migi
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15-PB Stoos - Fronalpstock

Beitrag von migi »

15-PB Stoos - Fronalpstock

Das autofreie und durch eine Standseilbahn - ab 2016 nach einem Neubau die steilste der Welt - erschlossene Dorf Stoos liegt oberhalb des Muotatals auf einem Hochplateau. Oberhalb des urchigen Dorfes erhebt sich der markante Fronalpstock. Vom Gipfel aus geniesst man einen herrlichen Rundumblick auf die Alpen, sowie hinunter auf den mehr als 1400 Meter tiefer liegenden, tiefblauen Vierwaldstättersee. Kein Wunder zieht es hier bei gutem Fernblick viele Ausflügler zur Aussichtsplattform, die direkt oberhalb einer senkrecht abfallenden Felskante hängt und den Blick ins Bodenlose freigibt.

Lange Zeit war der schöne Ausblick nur dem wandernden Publikum vorbehalten. Denn obwohl das Militär hier oben bereits früh aufgrund der strategisch günstigen Lage seine Einrichtungen platzierte, war die vorhandene Militärseilbahn nur dienstlichen Zwecken vorbehalten. Ein Projekt aus frühen Jahren für die Verlängerung der damaligen, 1969 eingestellten Zahnradbahn Brunnen - Morschach kam aus Kostengründen nie zu Stande. Als sich Ende der 80er-Jahre ein Ersatz der Militärseilbahn aufdrängte, entschloss man sich zum Bau einer neuen Anlage, welche auch der Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Das Militär beteiligte sich mit einem Anteil von 75 Prozent an der neuen Bahn. Die Talstation kam am südlichen Ende des Dorfes Stoos zu liegen. Auf Stütze 2 richtete man einen Zwischenausstieg zur Versorgung einer handvoll Bauernhöfe ein. Ausgeführt als Einseilpendelbahn und ausgestattet mit zwei Kabinen für je 15 Personen konnte die neue Seilbahn 1992 den Betrieb aufnehmen. Pro Stunde erreichten so bis zu 120 Personen auf bequeme, wenn auch bei den holprigen Stützenüberfahrten nicht ganz so sanften, Weg den Fronalpstock. Gleichzeitig konnte das Militär seine neben der Bergstation unterirdisch im Fels gelegenen Anlagen weiterhin rund um die Uhr erreichen. Als Antriebsart wählte man einen leistungsfähigen Elektromotor mit der Besonderheit dass die unterflurig angetriebene liegende Antriebsscheibe im bergseitigen Perronbereich der Talstation zu liegen kam, von wo aus das Seil zurück in das Gebäude geführt und erneut umgelenkt wurde bevor es auf die Strecke gelangte. Eine Bauform, die in dieser Art einzigartig war.

Im Jahr 2000 erhielt die Pendelbahn Konkurrenz durch eine aus zwei Sektionen bestehende 4er-Sesselbahn auf direkterer Strecke. Die neue Sesselbahn sollte hauptsächlich im Winter dem Skibetrieb dienen, jedoch auch im Sommer an den oft gut frequentierten Wochenenden die Pendelbahn entlasten, welche ihrerseits an schönen Tagen aufgrund der vergleichsweise geringen Förderkapazität nicht mehr in der Lage war den Besucheransturm zu bewältigen.

Im April 2010 erlitt die Pendelbahn einen Lagerschaden. Da durch die Sesselbahn kein direkter Bedarf an der Bahn bestand und es bereits zuvor Überlegungen zu einer Stilllegung gegeben hatte, entschied man sich auf die teure Reparatur zu verzichten und den Betrieb einzustellen. Nach einigen Monaten des Stillstands wurde die komplette Anlage im Sommer 2011 abgebrochen. Um dem Militär weiterhin rund um die Uhr einen Zugang zu den Anlagen am Fronalpstock zu ermöglichen, wurde die 4er-Sesselbahn umfangreich umgebaut und bei der Talstation eine Sesselgarage errichtet um ausreichend Sessel für spontane Personaltransporte vorhalten zu können.

Seilbahntechnisch ist eine Fahrt auf den Fronalpstock seither nicht mehr im Übermass interessant da es sich bei der Sesselbahn um eine klassische, beim Umbau mit Hauben nachgerüstete 0815-Anlage von Garaventa handelt. Ein Besuch ist aber schon alleine wegen der atemberaubenden Aussicht weiterhin äusserst lohnenswert!

Link zum Datenblatt

15-PB Stoos - Fronalpstock


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Die beiden Kabinen waren in klassischem Rot gehalten.

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Die Talstation befand sich am südlichen Dorfrand von Stoos, einige Meter von der Talstation der heute noch vorhandenen 4er-Sesselbahn entfernt.

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Eine Kabine mit Ausflüglern unterwegs zum Gipfel.

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Die gut zwei Kilometer lange Strecke wies insgesamt fünf Stützen auf.

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Auf Stütze 2 kam ein Zwischenausstieg für die Versorgung von einigen Bauernhöfen zu liegen.

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Die Bergstation war direkt in den Fels gebaut und bot einen wettergeschützten Zugang zu den militärischen Anlagen.

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Blick von der Bergstation talwärts auf die Strecke.

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Die Streckenmitte befand sich zwischen den Stützen 3 und 4.

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Jede Kabine war mit je zwei dieser Klemmen am Förderseil befestigt.

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Der Kommandoraum war gleichzeitig auch Billettschalter. Die Bahn wurde für das Militär rund um die Uhr betriebsbereit gehalten.

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Speziell am Antrieb war nicht nur die liegende Antriebsscheibe, sondern auch deren Positionierung ausserhalb des Gebäudes im Perronbereich.

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Das Förderseil wurde von der Antriebsscheibe zurück ins Gebäude geführt, dort umgelenkt und gelangte im Anschluss wieder zurück ins Freie auf die Strecke - eine anderswo kaum anzutreffende Seilführung.

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Aussenansicht der liegenden Antriebsscheibe mit den Bremseinrichtungen.
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Felix
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Re: 15-PB Stoos - Fronalpstock

Beitrag von Felix »

Ah, da werden Erinnerungen wach! Ich erinnere mich noch vage daran, wie ich die Bahn mal bei einem Skiurlaub in den 90ern gefahren bin. Das muss so um 1996 gewesen sein, da war die Bahn noch recht neu. Kann es sein, dass die Anlage am Anfang nur eine Kabine hatte? Ich habe da so etwas in Erinnerung, kann aber auch sein, dass ich mich täusche. Auf jeden Fall hatte es am Morgen immer entsetzlich lange Wartezeiten, weswegen wir dann später meistens auf den Sameli-Huber-Skilift ausgewichen sind. Dessen extrem steiler erster Abschnitt ist mir auch noch in Erinnerung geblieben :).
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martin
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Re: 15-PB Stoos - Fronalpstock

Beitrag von martin »

Solche Seilführungen mit doppelrilliger Spannscheibe und starrer Antriebsscheibe gibt es auch bei der Gondelbahn Riederalp-Moosfluh und bei der Militärseilbahn Axalp. In der Riederalp ist es wie auch hier auf dem Stoos zudem ein Unterflurantrieb. Ebenfalls ist der Unterflurantrieb in beiden Fällen nicht nachsteckbar.
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