Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Das Forum zur Jahresserie "100 Schweizer Bergbahnen" 2011
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Felix
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Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Beitrag von Felix »

Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Denkt man an historische kuppelbare Sesselbahnen, so kommen einem spontan selbstverständlich in erster Linie die VR101 in den Sinn. Doch da diese Spezie, die erste Generation kuppelbarer Sesselbahnen in der Schweiz quasi ausgestorben ist, ist es durchaus auch legitim, die Konstruktionen zu Beginn der zweiten Generation kuppelbare Sesselbahnen bereits als historisch zu bezeichnen. Nicht zuletzt auch deswegen, da sich diese Generation langsam aber sicher zu dezimieren beginnt. Einige Bahnen mit Baujahr in den frühen 80ern sind längst verschwunden, bei anderen ist ein Abbruch und ein Ersatz absehbar. Die Serie "100 Schweizer Bergbahnen" beleuchtet fünf besondere Exemplare aus einer Zeit, als die heute nicht mehr wegdenkbaren kuppelbaren Sesselbahnen begannen, die Welt und die Skigebiete zu erobern.

In diesem Topic findet sich ein Kurzbeschrieb zu den jeweiligen Anlagen sowie einige Fotos, zur Abstimmung (auch für nicht-registrierte Besucher) geht es auf dieser Seite: www.bergbahnen.org/100-Schweizer-Bergbahnen.


3-SBK Morgins-La Foilleuse (Morgins)
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Die Boomzeit der 60er und 70er sah den Bau zahlreicher Skigebiete, die vom Reissbrett geplant wurden und so zahlreiche neue Skihänge für die breite Masse zugänglich machten. Nicht selten bestanden die Gebiete aus einer Zubringerbahn in Form einer teils sehr langen, fixen Zweiersesselbahn, als Beschäftigungsanlagen dienten vornehmlich Skilifte. Auch wenn die Infrastruktur für die damalige Zeit ausreichend war, so gerieten in den letzten Jahren immer mehr solcher Skigebiete in finanzielle Schwierigkeiten, blieben doch längerfristig die nötigen Erfolge zur Modernisierung der Infrastruktur aus. Doch bereits zu Beginn der 80er Jahre machten sich mehrere Hersteller Gedanken darüber, wie man die ungeliebten fixen Sesselbahnen attraktiver machen könnte. Mit den ersten Plänen einer Kombination der in grösseren Skigebieten anzutreffenden Kabinenbahn und der fixen Sesselbahn war die Idee für die kuppelbare Sesselbahn geboren, sodass 1982 erstmals derartige Anlagen auf Schweizer Boden entstanden. Dabei handelte es sich jedoch um komplette Neubauten, wohingegen die Anlage in Morgins die erste ihrer Art war, die zahlreiche Komponenten des fix geklemmten Vorgängers beibehalten konnte. Die Firma Städeli übernahm unter anderem die Stützen der Zweiersesselbahn aus den 70ern, was die Baukosten erheblich senken konnte. Seither erreicht man die Foilleuse durch den dichten Bannwald in dreiplätzigen Sesseln und das mit höherer Streckengeschwindigkeit auch wesentlich schneller. Während anderswo die bewährten Stationsbauten in Form von Häusern zum Einsatz kamen, ist die Bahn in Morgins aber auch sozusagen die Mutter der Kompaktstationen. Städeli verwendete ein später noch oft eingesetztes Tunnelröhren-Konzept mit Wellblechabdeckung. Leider ist die Anlage heute von der Wartung wie auch der Optik in einem desolaten Zustand, sodass es bis zu einem Ersatz nicht mehr allzulange dauern könnte.


4-SBK Savognin-Tigignas (Savognin)
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Bereits 1985 konnte Städeli die erste Sesselbahn überhaupt in der Schweiz mit vierplätzigen Sesseln erstellen. Gerade einmal 15 Jahre war die Anlage jedoch in Betrieb, ehe sie durch eine Vierersesselbahn mit Hauben auf neuer Linienführung ersetzt wurde. Ein Jahr nach der ersten Sesselbahn war es 1986 die Firma Poma, die eine gleichartige Bahn am Flumserberg eröffnen konnte. Ab 1987 startete auch eine der grössten Schweizer Seilbahnfirmen, Garaventa, mit dem Bau kuppelbarer Vierersesselbahnen. Mit einer Ausnahme sind jedoch bis heute alle derartigen Bahnen von 1987 ersetzt worden, sodass die Sesselbahn Savognin-Tigignas seit mehr als fünf Jahren die älteste ihrer Art auf Schweizer Boden ist. Doch nicht nur das macht die stets gut ausgelastete Zubringeranlage zu einem ganz besonderen Exemplar. Zusammen mit der beschneiten Talabfahrt, die die erste in derartigem Ausmass der Schweiz war, läutete sie eine bis heute andauernde Epoche des Mainstream-Skifahrens ein. Eine kapazitätsstarke, schnelle, kompakte Sesselbahn mit einem künstlich planierten Hang - Savognin war hier definitiv Vorreiter. Erst während der 90er Jahre nahmen die flächendeckenden Beschneiungsanlagen in anderen grösseren Gebieten langsam Formen an. So gesehen kann man heute in Savognin die Mutter des modernen Skifahrens noch immer besichtigen - auch wenn sich die Anlage technisch nicht allzusehr von weiteren Exemplaren der Firma Garaventa in jener Epoche unterscheidet.


3-SBK/B Schönried-Horneggli (Schönried)
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So neuartig war die Sesselbahn von Schönried zum Horneggli 1984 gar nicht - und doch ist sie bis heute als die futuristischste Seilbahnanlage aus den 80er Jahren bekannt. Die Komfortsteigerung war seit jeher ein zentraler Gedanke der Weiterentwicklungen im Seilbahnbau, sodass auch Schutzmöglichkeiten bei widrigen Wetterverhältnissen stets vom Gast geschätzt wurden. Es stellte sich die Frage, wie man die üblichen geschlossenen Kabinen bei Pendel- oder Kabinenumlaufbahnen auch bei kuppelbaren Sesselbahnen nutzen könnte, ohne dabei auf den Hauptvorteil, das Anbehalten der Ski während der Fahrt, verzichten zu müssen. Bereits die Firmen Brändle und Carlevaro hatten viele Jahre zuvor sogenannte Wetterschutzhauben an fix geklemmten Sesseln installiert, doch es war die Firma Von Roll, die Mitte der 80er Jahre an ihrer ersten kuppelbaren Sesselbahn seit der VR101-Ära die Massentauglichkeit dieser Errungenschaft einläutete. Für die Konstruktion der dreiplätzigen Haubensessel wurde die Berner Firma De Giorgi beauftragt, die auch noch bei weiteren Von Roll-Bahnen die Sessel bereit stellte. Heute wirken die damals so futuristischen Hauben, oder auch Bubbles genannt, gar nicht mehr ungewohnt - im Gegenteil, sie sind aus vielen Skigebieten nicht mehr wegzudenken. Umso schöner, dass die erste derartige Anlage heute noch immer ihre Runden dreht - dazu auch noch mit den erstmals eingesetzten später so populären VH400-Klemmen der Firma Von Roll.


2-SBK Wixi-Lauberhornschulter (Wengen)
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Nicht nur Städeli, sondern auch die Firmen Von Roll und Garaventa machten sich zu Beginn der 90er Jahre Gedanken, wie man bestehende fix geklemmte Sesselbahnen möglichst kostengünstig für kleinere Skigebiete umsetzten könnte. Während Garaventa mit den Kompaktexpress, einer entschlackten zweiplätzigen Variante der Vierersesselbahn, bis 2001 punkten konnte, verfolgte Von Roll eine etwas andere Strategie. Um den Umbauaufwand der bestehenden Anlage so gering wie möglich zu halten, wurde ein Sesselbahnkonzept in Sparversion konstruiert: Nach dem Vorbild der ebenfalls zu dieser Zeit entstandenen Quattro-Serie wurde auf eine dynamische Spanneinrichtung des Förderseils verzichtet, lediglich eine nachsteckbare fixe Abspannung wurde eingebaut. Eine leichte Variante der Klemme VH400 kam zum Einsatz, Stützen und grosse Teile der Stationen konnten komplett übernommen werden. Notabene wurde auch in den Stationen alles weggelassen, was nicht unbedingt nötig wäre. So besitzen die Bahnen dieses Typs, auch VH400 light nach dem Klemmentyp benannt, keine Stationsschienen, die Sessel werden von den Beschleunigern respektive Verzögerern getragen. Jedoch konnten aufgrund der späteren Übernahme der Von Rollschen Seilbahnsparte durch Doppelmayr nur drei derartige Anlagen realisiert werden. Die erste derartige in Zweisimmen basierte auf einer Baco-Sesselbahn, die inzwischen jedoch ersetzt wurde, bei den beiden anderen Bahnen in Bellwald und Wengen dienten Habegger-Konstruktionen als Basis. Letztere Anlage in Wengen ist gerade aus diesem Grund besonders hervorzuheben: Hier finden sich zumindest noch Überreste der in den 70ern so legendären Habegger "Strommasten"-Fachwerkstützen. Zudem ist die Anlage wohl eine der berühmtesten Sesselbahnen der Schweiz: Jährlich ist sie bei der Lauberhornabfahrt im Fernsehen zu sehen, wenn Didier Cuche & co. unter der VH400 light hindurchfahren. In naher Zukunft soll dieses Meisterwerk der Technik durch eine Standardsesselbahn ersetzt werden, die letzte Skisaison steht unmittelbar bevor.


3-SBK Grisch-La Siala (Flims-Laax-Falera)
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Sie zählt definitiv zu den ausgefallensten Seilbahnen der Schweiz, die Sesselbahn Grisch-La Siala. 1982 begann die zur damaligen Zeit bereits durch die Folgen den Bettmeralpunglücks geschwächte Firma Habegger mit dem Bau der ersten kuppelbaren Sesselbahn der Firmengeschichte. Mitten während der Bauzeit erfolgte die Übernahme durch den Von Roll-Konzern, sodass die Anlage Merkmale beider Hersteller aufweist. Dass die Anlage aber ein Prototyp ist, zeigt nicht nur die Tatsache, dass Von Roll erst zwei Jahre später im Bau von kuppelbaren Sesselbahnen richtig durchstartete. Die durchaus gewagte Trassierung bis auf 2800 Meter Seehöhe über Permafrostboden erforderte absolute Präzisionsarbeit bei der Planung und beim Bau. Sowohl Antrieb als auch Abspannung mussten aufgrund der klimatischen und topografischen Gegebenheiten in der Talstation untergebracht werden, woraus eine komplizierte Seilanordnung resultiert, bei deren Konstruktion Habegger auf die Erfahrungen im Pendelbahnbau zurückgriff. Die Beschleunigung und Verzögerung erfolgt zwar noch Habegger-typisch per schiefer Ebene, allerdings durch Unterstützung mit Reifenförderern. Obwohl zur Dosierung in der Talstation ein Kettenförderer zum Einsatz kommt, gibt es eine Zone mit elektrisch betriebenen Reifenförderern, die dafür sorgen, dass die Sessel bei der Einfahrt nicht kollidieren. Die Kettenförderer werden von der beweglichen Umlenkscheibe im Spannschacht abgegriffen, die bei einem Nothalt durch entsprechendes Auf- und Abbewegen die Sessel in der Station zurückrutschen lässt. So musste man eine Art Knautschzone in der Talstation einrichten. Auch die Bergstation hat mit ihren schiefen Ebenen Kultstatus: Bleibt hier bei einem Halt ein Sessel an der falschen Stelle liegen, ist Muskelkraft gefordert, um diesen in die Station zu befördern. Einzig wirklich für den normalen Gast bemerkbares Kuriosum ist hingegen der 90°-Einstieg, bei dem man seitlich durch das Talstationsgebäude in einen Tunnel geführt wird, wo der Einstieg in die Sessel erfolgt. Die Zeit dieses wertvollen Zeitdokuments der Schweizer Seilbahngeschichte scheint jedoch bereits 2012, nach knapp 30 Jahren Betrieb, abgelaufen zu sein. Im Zuge einer kompletten Neuorganisierung der Erschliessung in der Weissen Arena soll die Bahn auf verkürzter Linie durch eine Sechsersesselbahn ersetzt werden.
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Felix
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Re: Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Beitrag von Felix »

Derzeit haben wir einen Gleichstand zwischen der Sesselbahn Wixi-Lauberhornschulter und Grisch-La Siala. Aus diesem Grund lasse ich die Wahlurne noch eine Weile geöffnet, bis sich hier eine Entscheidung abzeichnet!
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Re: Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Beitrag von ProfiSuisse »

Wir haben einen Gewinner!
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Felix
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Re: Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Beitrag von Felix »

Wieso? Die Abstimmung lasse ich noch bis 22 Uhr laufen.
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Re: Kategorie 8: Sesselbahn kuppelbar historisch

Beitrag von Felix »

So, nun ist es definitiv vorbei, nachdem sich die letzten beiden Stunden nichts mehr getan hat, bleibt es bei einem wirklich hauchdünnen Vorsprung für die Sesselbahn Grisch-La Siala mit gerade mal einer Stimme Vorsprung.
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