Lange Jahre stellte die Standseilbahn die einzige Form der Seilbahn dar, die dem gross angelegten Personentransport diente. Während den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts sowie zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte sie eine lukrative und komfortable Möglichkeit des urbanen Personentransports dar, ebenso wie in späteren Jahren ein Mittel zu ersten Bergerschliessungen mittels Seilbahnen. Liefen den Standseilbahnen bodenunabhängige Konstruktionen ab den 20er Jahren weitgehend den Rang ab, so sind sie seit den 80er Jahren wieder auf dem Vormarsch, diesmal vor allem dem Wintertourismus dienend. Die Serie "100 Schweizer Bergbahnen" stellt während der kommenden beiden Wochen fünf dieser Standseilbahnen aus jüngerer Vergangenheit vor.
In diesem Topic findet sich ein Kurzbeschrieb zu den jeweiligen Anlagen sowie einige Fotos, zur Abstimmung (auch für nicht-registrierte Besucher) geht es auf dieser Seite: www.bergbahnen.org/100-Schweizer-Bergbahnen.
200-ST Zermatt-Sunnegga (Zermatt)
Bis ins Jahr 1980 ermöglichte den Zugang zur Sunnegga, am Fuss des Zermatter Teilskigebiets am Rothorn gelegen, eine Seitwärtssesselbahn der Marke Von Roll, die als einer der Hauptzubringer nicht länger die erforderliche Förderleistung aufbringen konnte. So stellte sich die Frage nach einem Ersatz, der zum Bau der ersten modernen Schweizer Standseilbahn führte, welche ausschliesslich dem Skitourismus diente. Wiederum kam die im Standseilbahnbau seit jeher federführende Firma Von Roll zum Einsatz, die eine Anlage mit zwei rekordgrossen Wagen à 200 Personen Fassungsvermögen installierte. Besonders an der Bahn ist zweifelsohne, dass sie sich vollständig unter dem Erdboden befindet. Nach einem langen Fussmarsch vom Eingangsportal der Bahn in Zermatt durch einen Tunnel erwartet einem am Ende des Gangs der Stollen der Standseilbahn, welcher bis zur Sunnegga führt. Von hier aus führen einige Treppen hinauf ans Tageslicht. Erstmals konnte mit dieser Bahn in einem Schweizer Skigebiet eine Seilbahnkonstruktion vollständig unterirdisch erbaut werden und beeinträchtigt somit in keinster Weise das Bergpanorama.
115-ST Felskinn-Mittelallalin (Saas Fee)
Nur vier Jahre nach der Standseilbahn Sunnegga in Zermatt kam auch im Nachbartal, genauer gesagt oberhalb von Saas Fee, das Verlangen nach einer kapazitätsstarken Seilbahnanlage bis zum höchsten Punkt des Skigebiets auf. Schon zur damaligen Zeit gab es am Egginerjoch oberhalb des Ortes einen Bereich, in dem Sommerski angeboten wurde, doch mit den zunehmend zurückgehenden Gletschern war das ohnehin schon kleine Angebot längerfristig nicht mehr sonderlich spannend. So stellte sich die Frage, wie man den rund 500 Meter höher gelegenen, ebenso für Sommerski bestens geeigneten Allalingletscher erschliessen könnte. Für die Neuerschliessung bis in 3500 Meter Seehöhe setzte man wie in Zermatt auf eine unterirdische Standseilbahn der Marke Von Roll, die seit nunmehr knapp 30 Jahren die Fahrgäste zum annähernd höchsten Punkt des Skigebiets von Saas Fee befördert. Auch hier konnte somit eine völlig "unsichtbare" Aufstiegshilfe geschaffen werden, die gleichzeitig bis heute als Zubringer zu einem der bekanntesten Schweizer Sommerskigebiete fungiert.
80-ST St-Luc-Tignousa (St-Luc-Chandolin)
Das Skigebiet von St-Luc entstand in den 60er Jahren vornehmlich durch Schlepplifte und Sesselbahnen der Firma Müller. So auch der zu Beginn einzige Zubringer in das Skigebiet, der vom oberen Dorfrand St-Lucs zum heutigen Dreh- und Angelpunkt Tignousa errichtet wurde. Obwohl in den 80er Jahren mit weiteren Zubringerbahnen der Kapazitätsengpass dieser fix geklemmten Sesselbahn kurzfristig behoben werden konnte, sah man sich zu Beginn der 90er Jahre gezwungen, die Anlage durch ein Exemplar mit grösserer Förderleistung zu ersetzen. Untypischerweise fiel die Wahl auch hier auf eine Standseilbahn - im Gegensatz zu den beiden erstgenannten allerdings über dem Erdboden und nicht von der Firma Von Roll, sondern von der Konkurrenz aus dem Hause Garaventa. So entstand ein weitaus weniger wind- und wetteranfälliger Zubringer in das Skigebiet Tignousa, der sich bis heute grosser Beliebtheit erfreut.
120-ST Sierre-St-Maurice-de-Lacques-Montana (Sierre)
Schon im Jahr 1912 konnte Von Roll, wie an so vielen anderen Ortschaften der Schweiz auch, eine Standseilbahn zur Erschliessung von Dörfern oberhalb des Talbodens errichten. Besonderheit der Anlage, die vom im Rhônetal gelegenen Siders in den schon zur damaligen Zeit renommierten Kur- und Wintersportort Crans-Montana führte, waren die zahlreichen Zwischenstationen der in zwei Sektionen unterteilten Standseilbahn. Mit diesen konnte nicht nur das Plateau von Crans-Montana selbst, sondern auch zahlreiche andere kleinere Dörfer direkt an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden werden. Nach fast 100 Jahren Betrieb stand im Jahr 1997 eine grössere Sanierung der bestehenden Bahn an, die von der Firma Garaventa ausgeführt wurde. Hierbei kamen jedoch nicht nur neue Wagen, eine neue Steuerung und zahlreiche andere Komponenten zum Einsatz, die Bahn wurde in eine einzige Sektion umgebaut. Mit über vier Kilometern Länge ist dieser sehr beliebte Zubringer vom Talboden in das Skigebiet von Crans-Montana heute die mit Abstand längste Standseilbahn der Schweiz.
100-ST Gare-Lac (Neuchâtel)
Mit gerade einmal 358 Metern Länge und einer Höhendifferenz von knapp 50 Metern erscheint die Standseilbahn vom Neuenburger See zum Bahnhof des Kantonshauptorts auf den ersten Blick nicht gerade als Überflieger. Doch die zur Expo 2002 erstellte Anlage im urbanen Bereich weist einige technisch höchst interessante Besonderheiten auf. Nicht nur, dass die Anlage vollständig unter dem Erdboden erstellt wurde, die Firma Garaventa setzte an dieser Anlage erstmals auf Schweizer Boden einen automatischen Niveauausgleich ein, welcher je nach Gefälle der Strecke die Wagenneigung so reguliert, dass der Boden der Abteile stets horizontal ausgerichtet ist.
