Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Das Forum zur Jahresserie "100 Schweizer Bergbahnen" 2011
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Felix
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Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von Felix »

Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Nach den anfänglichen Versuchen der Firmen Von Roll und Müller, die an ihren ersten Seitwärtssesselbahnen auch geschlossene Fahrzeuge austesteten, entwickelten sich die kleinen Kabinen zu einem festen Bestandteil der Schweizer Skigebiete. Nicht zuletzt aufgrund der fortschrittlichen Schweizer Ingenieurskunst prägten die meist als Zubringer oder in schroffem Gelände zum Einsatz gekommenen Bahnen während vielen Jahrzehnten das Erscheinungsbild von zahllosen Skigebieten im In- und Ausland. Die jedoch begrenzte Förderleistung, ein äusserst knapp bemessenes Raumangebot für die Fahrgäste sowie der technische Fortschritt sorgen aber seit rund 20 Jahren dafür, dass immer mehr dieser herausragenden Zeitdokumente aus den Boomjahren des Skitourismus verschwinden. Die Serie "100 Schweizer Bergbahnen" präsentiert aus diesem Anlass fünf der letzten klassischen Schweizer Kabinenbahnen.

In diesem Topic findet sich ein Kurzbeschrieb zu den jeweiligen Anlagen sowie einige Fotos, zur Abstimmung (auch für nicht-registrierte Besucher) geht es auf dieser Seite: www.bergbahnen.org/100-Schweizer-Bergbahnen.


4-KBK Saas Fee-Spielboden
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Noch während der Ära der legendären VR101-Seitwärtsesselbahnen wurden nicht nur versuchsweise Anlagen teils auch mit Kabinen ausgestattet, sondern auch zahlreiche seitwärts ausgerichtete, reine Kabinenbahnen mit diesem Klemmensystem erstellt. Da die Förderleistung dieser zweiplätzigen Kabinen für die aufstrebenden Fahrgastzahlen jedoch mittelfristig nicht mehr ausreichte, musste eine Lösung gefunden werden, auch vierplätzige Kabinenbahnen zu erstellen. Die Gesetzgebung sah vor, dass für vierplätzige Fahrzeuge zwei separate Klemmeinrichtungen zum Einsatz kommen mussten, was die Firma Von Roll zu einer neuen Klemmenkonstruktion, der VR102, veranlasste. Dieses System sollte fortan bei allen kuppelbaren Kabinenbahnen des Berner Unternehmens zum Einsatz kommen. Obwohl das System bei weitem nicht so zahlreich entstand, wie die VR101, so traf man bis in die 90er Jahre an allen Ecken der Schweiz einige dieser Anlagen an. Gerade in jüngerer Vergangenheit wurden jedoch nahezu alle dieser Anlagen durch neue Exemplare ersetzt, sodass die letzte VR102 der Schweiz heute in Saas Fee steht, und über eine Länge von knapp 2,5 Kilometern den Spielboden erschliesst. Seit nunmehr 35 Jahren verrichtet die Kabinenbahn, die teilweise auch noch die hohen Stützen des Vorgängers, einer Gruppenumlaufbahn von Habegger, weiterverwendet, tadellos ihren Betrieb. Allerdings sind die Tage gezählt, da die Betreiber die Bahn 2012 auf einer verlängerten Achse ersetzten möchten. Diesem Neubau wird auch die anschliessende zweite Sektion, eine Von Roll-Pendelbahn aus den 70er Jahren, zum Opfer fallen. Aufgrund des zumindest optisch guten Zustands der Bahn ist es aber recht wahrscheinlich, dass die Anlage als Occasionsanlage weiterverwendet wird, so wie es bei zahlreichen anderen Kabinenbahnen dieses Typs ebenso der Fall war.


4-KBK Grindelwald-Hohlenstein-Männlichen
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Kurioserweise entwickelte sich das Skigebiet am Männlichen oberhalb des renommierten Wintersportorts Grindelwald am Fusse des bekannten Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau schon rund 15 Jahre vor dem Bau der ersten richtigen Zubringeranlage. Grund dafür war, dass man mit der bestehenden Zahnradbahn zur kleinen Scheidegg gelangen konnte und so die Skihänge am Männlichengrat zugänglich gemacht werden konnten. Allerdings stellte die begrenzte Kapazität der Zahnradbahn einen Engpass dar, ferner war der untere Teil der lohnenden Abfahrten nach Grindelwald äusserst suboptimal erschlossen. So dauerte es bis 1978, ehe eine rekordlange Kabinenbahn von Grindelwald in zwei Sektionen zum Männlichengrat erstellt werden konnte. Konstrukteur der Bahn war wenig überraschend die Firma Habegger, welche bereits im Vorfeld nahezu alle anderen Anlagen im Gebiet zu ihren Referenzen zählen konnte. Zum Einsatz kam das Giovanola-Schwerkraftklemmensystem, eines der Ursysteme im Schweizer Seilbahnbau, welches Habegger bereits seit einigen Jahren an seinen Bahnen einsetzte. Die enorme Länge von über sechs Kilometern sorgte für den Bau zweier unabhängiger Sektionen mit Durchfahrbetrieb, die aber mit 3,1 und 3 Kilometern schräger Länge auch alleine schon rekordverdächtig lang waren. Über 30 Minuten dauert die Fahrt vom Talboden auf den 1280 Meter höher gelegenen Männlichengrat, bei der die Kabinen 52 Zwischenstützen überwinden. Ebenso eindrücklich ist die Zahl der einzelnen Kabinen, die 230 Stück misst. Kurios ist an der Bahn zudem eine weitere kleine Zwischenstation auf der ersten Teilstrecke, die der Landwirtschaft dient. Hier werden die Kabinen allerdings nicht vom Förderseil gelöst; um zuzusteigen muss die Bahn angehalten werden. Nicht ganz überraschend machen sich seit einigen Jahren aber auch Spekulationen um einen allfälligen Ersatz der Bahn breit. Auch wenn die Anlage weiterhin in einem tadellosen Zustand verkehrt, so genügt sie den Ansprüchen des komfortverwöhnten Fahrgasts nicht mehr und soll in naher Zukunft einer Standardbahn weichen.


4-KBK Aminona-Petit Mont Bonvin
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Nicht viele Bahnen der ehemals im Unterwallis ansüssigen Firma Giovanola haben bis heute überlebt, von den wenigen noch existenten wurden nahezu alle grosszügig modernisiert oder umgebaut. Eine der letzten Bahnen, die noch annähernd im Originalzustand erhalten ist, ist die Kabinenbahn von Aminona auf den Petit Mont Bonvin, welche als Zubringer in das bekannte Skigebiet von Crans-Montana führt. Die enorme Länge von knapp 2,5 Kilometern und eine Höhendifferenz von über 800 Metern zwischen Tal- und Bergstation machen die Bahn bereits zu einem ausgefallenen Exemplar. Noch wesentlich kurioser ist aber die Tatsache, dass ein Grossteil der Kabinen keinen automatischen Türöffnungsmechanismus besitzt, sodass die Türen von Hand geöffnet werden müssen. Erst seit dem Jahr 2005, als ein Teil der Kabinen der abgebauten Kabinenbahn Sunnegga-Blauherd aus Zermatt eintrafen, wurde ein Mechanismus für die neuen Kabinen eingebaut. Nachgerüstet wurde bereits einige Jahre zuvor ein Kettenförderer, der den Transport innerhalb der Stationen übernimmt. Untypischerweise besitzt die Bahn den Antrieb in der Talstation, die Abspanneinrichtung aber in der Bergstation. Von Giovanola kennt man sonst quasi ausschliesslich die umgekehrte Variante. Die heute aber wenig ferquentierte Seilbahn wird aufgrund gesetzlicher Auflagen bezüglich des Giovanola-Klemmensystems allerdings wohl auch nicht mehr allzu lang ihre Runden drehen. Ein Ersatz auf der selben Achse ist derzeit nicht vorgesehen, sodass davon auszugehen ist, dass die Bahn im finanziell angeschlagenen Skigebiet Crans-Montana vermutlich nach Ablauf ihrer Betriebsbewilligung ersatzlos wegfallen wird.


4-KBK Les Diablerets-Isenau
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Die in den 70ern und 80ern am weitesten verbreitete Art der Sitzfläche waren sicher die Plastiklatten, wie man sie noch gut von zahlreichen Sesselbahnen der Firmen Von Roll und Städeli, aber auch von Kabinenbahnen mit CWA-Kabinen in Erinnerung hat. Die Holzbank oder gar der klassische Schalensitz war schon vor 25 Jahren nahezu ausgestorben, doch bis heute hat sich eine Schweizer Anlage mit diesen nostalgischen Elementen gehalten: Die Kabinenbahn von Les Diablerets nach Isenau. Ursprünglich von der Firma Giovanola in den 50er Jahren als zweiplätzige Kabinenbahn gebaut, wurde sie als letzte Anlage dieser Firma 1974 in eine vierplätzige Bahn umgebaut. Hierbei wurden unter anderem die Stützen übernommen, sodass die Bahn als letzte überhaupt statt den sonst üblichen Fachwerkstützen noch die urigen Rundrohrstützen besitzt, die Giovanola nur in den 50er Jahren verbaute. Selbstverständlich ist die wunderbar gepflegte und optisch sehr ansprechende Anlage mit ihren klassischen, rund geformten roten Kabinen mit dem Giovanola-Klemmensystem ausgestattet. Nicht nur für einen Seilbahninteressierten ist an dieser Bahn zweifelsfrei erkennbar, dass es sich um ein Stück Schweizer Seilbahngeschichte und um eine der wahrscheinlich schönsten Nostalgie-Seilbahnexemplare des Landes handelt. Noch immer werden die Kabinen manuell geöffnet und durch die Station geschoben, die mit ihren rot gestrichenen Verstrebungen den Glanz der 70er Jahre noch einmal hochleben lassen. Doch bereits in weniger als einem Jahr ist es aus mit der Nostalgie in Les Diablerets, denn die Anlage wird durch eine gewöhnliche Kabinenbahn ersetzt. Der ursprünglich durchaus lohnende Plan, das Skigebiet Isenau mit den beiden anderen Sektoren Meilleret und Glacier 3000 mittels der neuen, verlängerten Bahn zu verbinden, wurde aufgrund von Einsprachen verworfen, sodass ab 2012 auf der alten Trasse eine die neue Bahn ohne jegliche Aufwertung für die Skifahrer verkehren wird.


6-KBK Crap Masegn-Fuorcla-Vorab
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Das Skigebiet von Flims-Laax-Falera war - wie sich anhand der bereits zahlreichen in dieser Serie vorgestellten Bahnen zeigt - schon seit jeher ein Vorreiter in Sachen neuartiger Aufträge für die Seilbahnfirmen. Nach der ersten kuppelbaren Sesselbahn der Welt 1945, der spektakulären und nostalgischen Anlage auf den Cassonsgrat 1956 und der grössten und längsten Pendelbahn der Schweiz für den Personentransport zum Crap Sogn Gion 1968 folgte in den 70er Jahren der Ausbau einer Achse zum Vorabgletscher. Wie so viele andere Schweizer Skigebiete suchte auch die Weisse Arena nach einem geeigneten Gletscher, der die Nachfrage nach dem aufstrebenden Sommerskiinteresse stillen könnte. Der weit vom Talboden entfernte Vorabgletscher sollte mittels der bestehenden Pendelbahn zum Crap Sogn Gion und einer weiteren Sektion zum Crap Masegn erschlossen werden. Von hier aus sollte als dritte Sektion eine Kabinenbahn zum Einsatz kommen, die die Firma Habegger schliesslich 1978 fertig stellen konnte. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um die bereits viele Jahre erprobte Version mit vierplätzigen Kabinen, nein, es kamen erstmals auf Schweizer Boden sechsplätzige Kabinen zum Einsatz. Die erhöhte Förderleistung und das grössere Raumangebot der Kabinen erfreute die Fahrgäste in der der schon zur damaligen Zeit mehr als gut ausgelasteten Weissen Arena. Vom Crap Masegn aus wurde die Bahn zunächst in ein Tal zur Station Fuorcla trassiert. An diesem steilen Nordhang sind seither auch im Winter Skiabfahrten möglich, genau wie auf der anderen Talseite, bei der die Kabinenbahn über sanfte Hänge zum Fusse des Vorabgletschers führt. Im selben Jahr, 1978, entstanden eine Sesselbahn und zwei Schlepplifte auf dem Gletschereis des Vorabgletschers samt einem typischen Selbstbedienungsrestaurant. Diese Infrastruktur fand man zur damaligen Zeit in nahezu jedem Retorten-Sommerskigebiet. Heute ist der Glanz des Sommerskis verloren gegangen, schon lange dreht sich am stark zurückgegangenen Vorabgletscher über den Sommer kein Rad mehr. Doch noch immer lässt sich die Ingenieurskunst der ersten Schweizer 6er-Kabinenbahn in Flims-Laax-Falera bestaunen.
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von Joey_Wheeler »

Schade, dass es bald keine solchen KBK mehr geben wird, alle gefallen mir sehr. Vielleicht gehe ich mal einen Tag nach Saas Fee, um wenigstens nochmal eine VR102 gefahren zu sein. Das letzte Mal war ich am Hasliberg, vor etwa 8 Jahren. Giovanola kenne ich von Zermatt, aber das Feeling, auf Plastik zu sitzen in roten Gondeln, würde ich schon gerne einmal erleben. In Grächen gibts jetzt auch keine Habegger mehr :weinen:

Übrigens fehlen die Links zu den technischen Daten im Abstimmungsbereich.
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von salvi11 »

Boha, schwieriger kann es gar nicht mehr sein. Vier Favoriten habe ich!
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von Keepa »

Ja ausserordentlich grosse Auswahl an tollen Bahnen.

Ich muss aber in Frage stellen ob die Kabinenbahn in Flims die erste 6er-Bahn war, ich bin mir ziemlich sicher dass die erste Gondelbahn mit 6-Plätzen die vom Poma erstellte Anlage von Saanenmöser aufs Saanerslochgrat ist!
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von bündner »

Laut Datenbank ist diese in Laax 2 Jahre älter.

Es gibt übrigens noch eine VR102, die ist aber nicht mehr ganz original (umso länger bleibt sie uns aber erhalten :D ).
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von Keepa »

um 1978 waren 6er-Kabinenbahnen noch gar nicht erlaubt. Sonst wäre die Männlichenbahn auch solch eine.
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von bündner »

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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von Keepa »

spfelsberg hat geschrieben:http://www.seilbahnen.org/Zeittafel.html
TipTop! Danke!
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Felix
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Re: Kategorie 13: Kabinenbahn Einseil klassisch

Beitrag von Felix »

Ein wahres Herzschlagfinale gab es diesmal, und auf der Zielgeraden hat dann doch noch die Kabinenbahn Saas Fee-Spielboden das Rennen gemacht :lol:. Wieder einmal war es nur eine Stimme, die den Unterschied gemacht hat!
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