Kategorie 20: Umlaufbahn kurios

Das Forum zur Jahresserie "100 Schweizer Bergbahnen" 2011
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Felix
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Kategorie 20: Umlaufbahn kurios

Beitrag von Felix »

Kategorie 20: Umlaufbahn kurios

Zwei Kategorien mit kuppelbaren Umlaufbahnen umfasste die Jahresserie "100 Schweizer Bergbahnen" bislang, als 20. und letzte Kategorie soll nun noch eine dritte hinzukommen. Waren die beiden ersten Kategorien, die zusammen zehn Exemplare dieses seit über 50 Jahren festen Bestandteil eines jeden grösseren Skigebiets umfassten, nach dem Alter der Anlagen aufgespaltet, so kommen in der letzten Kategorie fünf spezielle und aussergewöhnliche Umlaufbahnen aus verschiedenen Epochen zum Zug. Alle besitzen jedoch eine Gemeinsamkeit, nämlich, dass es sich bei ihnen entweder zum Zeitpunkt der Eröffnung oder gar bis heute in der Schweiz oder weltweit um absolute Unikate gehandelt hat.

In diesem Topic findet sich ein Kurzbeschrieb zu den jeweiligen Anlagen sowie einige Fotos, zur Abstimmung (auch für nicht-registrierte Besucher) geht es auf dieser Seite: www.bergbahnen.org/100-Schweizer-Bergbahnen.


6-KBK Schönried-Rellerli (Schönried)
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Auch wenn der Rellerligrat bei Schönried als klassisches retortenmässig erbautes Skigebiet auf den ersten Blick auf den Pistenplan weder vom skifahrerischen noch von den Seilbahnanlagen übermässig interessant erscheint, so rückt er bei näherer Betrachtung in ein ganz anderes Licht. Bereits bei der Erschliessung des Rellerligrats zu Beginn der 70er Jahre kam eine völlig neuartige Konstruktion zu Einsatz, die die Firma Baco erst kurze Zeit zuvor patentiert und bei wenigen Schleppliften eingesetzt hatte. Die Kurve, entworfen vom Ingenieur Max Maurer mit ihrer speziellen Kurvenscheibe und Abweiserkappen an den Klemmen, sollte fortan erstmalig bei einer Sesselbahn zum Einsatz kommen und problemlos Kurven in alle Richtungen ermöglichen. Bei der Zubringersesselbahn, die 1971 durch die besagte Firma fertig gestellt werden konnte, kam zwar lediglich eine Rechtskurve zum Einsatz, dennoch stellte sie den Auftakt für eine schlussendlich nur in geringer Stückzahl derartiger erstellter Bahnen dar.

Nach nur zehn Jahren erfolgte allerdings bereits der Ersatz dieses kuriosen Konstrukts durch eine ebenso aussergewöhnliche Kabinenbahn, die den selben Verlauf - also ebenso mit Kurve - annahm. Bis dato nutzte man bei kuppelbaren Anlagen den Vorteil aus, die Fahrzeuge ohne grossen Aufwand vom Förderseil lösen zu können und auf diese Weise mittels einer Mittelstation auch eine horizontale Seilablenkung realisieren zu können. Doch auf der verhältnismässig kurzen Strecke zwei Kilometern wäre eine zusätzliche Mittelstation nicht nur zu teuer, sondern auch wenig zweckmässig geworden. So entschied man sich dafür, eine Kurve mittels schräger Rollen einzubauen. Schon seit Jahrzehnten war die Firma Habegger im Einbau derartiger Konstruktionen bei Schleppliften aktiv, sodass dieser Hersteller auch für den Bau der Kabinenbahn beauftragt wurde. Das System von Habegger, faktisch jenes der kurz zuvor übernommenen Seilbahnsparte der Giovanola Frères, machte die horizontale Ablenkung aufgrund der Klemmenkonstruktion jedoch äusserst diffizil, was zu einer imposanten und nahezu einmaligen Konstruktion führte. Um bei der nur sehr geringen möglichen horizontalen Ablenkung pro Rolle genügend Auflagedruck aufzubauen, kam eine Abfolge von unzähligen Niederhalte- und Tragerollen zum Einsatz, die zu einem zwar durchaus komfortablen, aber ungewöhnlichen, wellenartigen Verlauf führten. Bis heute passieren die Kabinen tadellos die Kurvenkonstruktion mit voller Streckengeschwindigkeit von 4 Metern in der Sekunde.


4-KBK Rivera-Piano di Mora-Alpe Foppa (Rivera)
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Eine ausführliche Reportage findet sich in der Rubrik Reportagen.


4-KBK Mayens de l'Ours-Thyon (Veysonnaz)
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Mal ganz abgesehen von der Entstehung der Schneise für Bahn und Skipiste zwischen den Mayens de l'Ours und Thyon weist die gleichnamige Kabinenbahn für den Fahrgast auf den ersten Blick keine grossartigen Besonderheiten auf, handelt es sich doch um eine klassische Kabinenbahn mit vierplätzigen Kabinen, wie sie in den 70ern und 80ern zu Hauf in der Schweiz entstanden. Doch bei genaurerem Hinsehen fällt der Blick unweigerlich auf die aussergwöhnliche Klemmenkonstruktion, die es so heute kein zweites Mal mehr zu bestaunen gibt. Es handelt sich dabei um die letzte existente Vertreterin der Klemme VR104, die die Firma weltweit nur an drei Anlagen einsetzte; in der Schweiz in Zermatt und eben in Veysonnaz. Konstruktionsbedingte Sicherheitsmängel sowie der Aufkauf von Habegger mit dem intakten Giovanola-Klemmensystem sorgten dafür, dass sich die Klemmenart nicht weiter verbreiten konnte. Nur noch ein Jahr soll diese letzte Anlage mit den Klemmen mit ihrer Winkelstation und ihrer Von Roll-typischen extrem hohen Trassierung in Betrieb sein, ehe sie durch eine neue Standardbahn ersetzt werden soll.


4-KBK / 4-SBK Alt St. Johann-Alp Selamatt (Alt St. Johann)
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Schon seit den 80er Jahren nährten sich die Systeme der kuppelbaren Sesselbahn und der kuppelbaren Kabinenbahn einander immer mehr an. Kaum ein Hersteller war nur in einem der beiden Geschäftsfelder tätig, sodass Klemmen, Stützen und Stationsbauten weitgehend zwischen den einzelnen Systemen übereinstimmten. So ist es wenig verwunderlich, dass schliesslich die Idee einer Kombination, die Von Roll bereits ab den 50er Jahren bei den VR101-Seitwärtssesselbahnen erprobte, Realität wurde. Nur selten sind die Gegebenheiten so, dass sich ein paralleler Einsatz von Kabinen und Sesseln notwendig und rentabel ist. In der Schweiz war dies erstmalig 2003 in St. Johann im Obertoggenburg der Fall. Bis dato stellte eine fix geklemmte Sesselbahn von Sameli-Huber respektive Küpfer den Zugang zum Sommer wie Winter beliebten Hochplateau Selamatt her, welches im Winter sowohl von Fussgängern als auch von Wintersportlern rege aufgesucht wird. Zwei getrennte Ein- und Ausstiegsbereiche in Tal- und Bergstation sorgen dafür, dass die Fussgänger wind- und wettergeschützt in den geschlossenen Kabinen den Berg hinauffahren können, während die Skifahrer ohne Abschnallen der Ski bequem per Sessel empor schweben können. Bis heute sind derartige Anlagen rar geblieben, nur deren vier zählt die Schweiz bis heute. Bei der Anlage in St. Johann handelt es sich zudem um die einzige solche Bahn mit dem Garaventa-MCS-System.


2-SBK Cardada-Cimetta (Locarno)
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Seit 1955 wurde die Cimetta, ein beliebtes Ausflugsziel oberhalb von Locarno im Tessin mit imposantem Blick auf den Lago Maggiore, durch eine Sesselbahn der Firma Carlevaro e Savio erschlossen. War die Firma in Italien zu jener Zeit speziell durch ihr erst kurz zuvor patentiertes legendäres Kuppelsystem mit den markanten "Eiergondeln" populär, so kam auf Schweizer Boden untypischerweise eine Anlage mit Seitwärtssesseln zum Einsatz. Diese entsprachen vom Aufbau her exakt jenen der VR101, sodass das markanteste Unterscheidungsmerkmal die Klemmen bleiben sollten. Vermutlich handelte es sich bei der Bahn auch für Carlevaro e Savio um ein Einzelprojekt, denn bereits bei der folgenden Anlage in Champéry kamen erstmalig auf Schweizer Boden die bewährten geschlossenen Kabinen zum Einsatz. Nach Umbauten durch Garaventa wurde die Anlage schliesslich 1999 durch Doppelmayr ersetzt. Hierbei kam jedoch keineswegs eine Standardanlage zum Stehen, sondern ein Unikat in Form einer modernen Seitwärtssesselbahn. Die Stützen wurden zum Teil von der Vorgängeranlage übernommen, soweit diese bereits durch Garaventa ausgetauscht wurden. Ebenso übernommen wurde die Carlevaro-typische liegende Anordnung des Antriebs in der Talstation. Die Seitwärtssessel wurden mit modernem Wetterschutz ausgestattet, ebenso mit einem speziellen Schliessbügel. So lässt sich bis heute bei Berg- und Talfahrt das faszinierende Panorama auf den Lago Maggiore geniessen. Zum zweiten Mal kam das System bei einer Kombibahn 2007 in Braunwald zum Einsatz, ebenfalls als Ersatz für eine Seitwärtssesselbahn.
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salvi11
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Re: Kategorie 20: Umlaufbahn kurios

Beitrag von salvi11 »

Ab 2:40 wirds spannend.


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Felix
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Re: Kategorie 20: Umlaufbahn kurios

Beitrag von Felix »

Nach 40 Wochen geht nun auch die 20. und letzte Kategorie zu Ende - und das mit einem Rekordergebnis von 58% der Stimmen für die Rellerlibahn in Schönried. Ebenfalls Rekord stellen die 77 Stimmen dar, die abgegeben wurden. Hiermit stehen nun also alle Sieger der 20 Kategorien fest, die in den kommenden Wochen gegeneinander die Finalrunde bestreiten. Dazu aber mehr in einem separaten Thema.
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