Grimselregion | 13. Oktober 2008

Sommerberichte aus dem Berner Oberland und dem Berner Mittelland.
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Felix
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Grimselregion | 13. Oktober 2008

Beitrag von Felix »

Grimselregion | 13. Oktober 2008

Im Zuge des Sesseltransports meines Sessels aus Kandersteg wählten wir auf der Rückfahrt eine etwas andere Linie als auf der Hinfahrt, da wir noch ausreichend Zeit hatten, eine kleine Pässetour zu machen, und ich diese Strecke über den Grimselpass noch nie gefahren war. Über die eigentliche Fahrt gibt es wenig zu erzählen, denn wir fotografierten mehr oder weniger nur ein paar Einzelanlagen entlang der Route, hauptsächlich Pendelbahnen, deren Fotos sich in der Galerie befinden. Ein ganz besonderes Erlebnis waren jedoch die zahlreichen Bahnen auf der Nordseite des Grimselpasses, die vermutlich alle (?) von den Kraftwerken Oberhasli (KWO) betrieben werden. Meist handelt es sich dabei um Werksseilbahnen, einige sind aber für das Publikum im Rahmen einer Führung durch die Kraftwerke auch zugänglich.
Im Juli dieses Jahres konnte ich einige Bahnen der KWO bereits fotografieren, nämlich jene im Bereich des Sustenpasses, dazu mehr in diesem Topic von meiner Sommertour. Zu den restlichen Bahnen ging es dann im Oktober.

Etwas oberhalb von der Zentrale in Innertkirchen befindet, oder besser gesagt befand sich eine sehr steile Standseilbahn links der Strasse, von der allerdings mehr als das verfallene Talstationsgebäude nicht mehr vorhanden ist. Sie hörte vermutlich auf den Namen Chapfbahn und war nicht öffentlich. Ebenfalls nicht öffentlich, aber immerhin noch existent ist die Pendelbahn Sagiwald-Rotlaui, eine Habegger-Windenbahn ohne Stützen. Sie dient ausschliesslich dem Werksverkehr.

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Hersteller ist - wie gewohnt bei solchen Kraftwerksbahnen - Habegger

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Technik Pendelbahn Sagiwald-Rotlaui

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Pendelbahn Sagiwald-Rotlaui

Eine Etage höher kommt man zu einer weiteren Habegger-Bahn, diesmal jedoch als klassische Pendelbahn mit zwei Fahrspuren ausgelegt und deutlich länger als die Pendelbahn Rotlaui. Es handelt sich dabei um die vermutlich wichtigste und grösste Anlage der KWO, stellt sie doch eine immens wichtige Verbindung zum Grimsel Hospiz her. Vermutlich deswegen gab es auch eine Parallelbahn von Habegger, jedoch viel kleiner. Diese wurde vor einigen Jahren abgebrochen, es sind nur mehr die Stationsgebäude übrig geblieben.

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Pendelbahn Handegg-Gerstenegg 2

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Pendelbahn Handegg-Gerstenegg 2

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Die erste Stütze ist in Portalform gehalten

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Die zweite hingegen ist eine normale Fachwerkstütze

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Talstation der Bahn mit Personenkabine. Diese kann man auch durch eine Materialbarelle ersetzen

Wenig weiter oberhalb, genau genommen an Stütze 2 der Pendelbahn Handeck-Gerstenegg trifft man auf das Prestigeobjekt der KWO, die Gelmerbahn. Diese steilste öffentliche Standseilbahn Europas führt zum Stausee "Gelmersee" und ist als Windenbahn ausgeführt. Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut, ist sie erst seit einem Umbau im Jahr 2004 öffentlich. Die Arbeiten führte Von Roll, respektive Doppelmayr Thun aus.

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Ehemaliges Getriebe der Gelmerbahn

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Technische Daten der Gelmerbahn, an der steilsten Stelle 106% steil

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Gelmerbahn

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Eine Hängebrücke über die Aare

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Gelmerbahn mit Niederhalter für das Förderseil

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Gelmerbahn


Weiter in Richtung Pass fällt rechter Hand noch ein Blick zu einem Gebäudekomplex am Hang, der durch die Erlenbahn erschlossen wurde. Wie die Chapfbahn handelt es sich auch hier um eine stillgelegte Standseilbahn, von der nicht mehr viel zu sehen ist.

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Pendelbahn Handegg-Gerstenegg, Stütze 2

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Bis zur dritten Stütze wird das längste Spannfeld überwunden

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Ein Gletscher im Zoom

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Das Gebäude oberhalb der Erlenbahn

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Pendelbahn Handegg-Gerstenegg 2, Stütze 3 von unten...

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... und von oben

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Die letzte Stütze ist wiederum in Portalform gehalten

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Der unterste der drei Stauseen rund um den Grimsel, der Räterichsbodensee

Oberhalb des Räterichsbodensees trifft man auf zwei weitere Bahnen, darunter eine noch in Betrieb befindliche Küpfer-Pendelbahn, die vom Sommerloch die Verbindung zum Grimselnollen herstellt. Zweite Bahn ist eine weitere stillgelegte Standseilbahn, die mitten ins Nirvana führt, diversen Quellen nach gehörte sie dem Militär an.

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Zoom zu der stillgelegten Standseilbahn Sommerloch

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Küpfer-Pendelbahn Sommerloch-Grimselnollen

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Ausgang des Zweigstollens, der die Handeck mit dem Sommerloch verbindet

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Die Militärstandseilbahn

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Sieht noch recht spektakulär aus. Von einer Trasseekorrektur scheint der Erbauer noch nichts gehört zu haben ;-)

Vom Grimsel Hospiz führen nun zwei Pendelbahnen über den mittleren Stausee, den Grimselsee hinweg. Die erste, kleine und kurze Habegger-Pendelbahn verläuft in Richtung Passhöhe und kreuzt mehrmals die Strasse, die zweite, wesentlich grössere Bahn stellt gemeinsam mit der zweiten Sektion die Verbindung zum höchsten der drei Stauseen, dem Oberaarsee her. Diese beiden Sektionen wurden von Streiff gebaut und zählen zu deren wenigen Pendelbahnen, die mit zwei Tragseilen ausgestattet sind.

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Pendelbahn Grimselnollen-Kessiturm. Die zweite Sektion führt mit über 3 Kilometern Länge zum höchsten per Seilbahn erreichbaren Punkt, dem Oberaarsee

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Der mittlere Stausee am Hospiz, der Grimselsee

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Mitten ins Nirgendwo führt diese kleine Pendelbahn, die ebenfalls am Hospiz startet

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Hospiz

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Hospiz

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Um einen natürlichen See handelt es sich bei Totesee auf der Grimselpasshöhe

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Totesee

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Auf Walliser Seite des Grimselpasses mit Blick zum Furkapass und zum Belvédère mit dem stark zurückgegangenen Rhônegletscher

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Rhônegletscher

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Furkapass

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Blick ins Goms

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Goms

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Berge südlich des Furkapasses

Vermutlich gibt es am Grimsel auch noch einige unterirdische Anlagen in einem sehr komplexen Stollensystem, die ich verständlicherweise nicht ablichten konnte. Aber vielleicht wird es ja irgendwann mal etwas mit einer Besichtigung der KWO, das stelle ich mir hochinteressant vor.
Für uns ging es über die Südrampe des Grimselpasses weiter nach Gletsch und von dort über Furka und Oberalp zurück nach Graubünden. Bilder davon findet ihr wiederum in der Fotogalerie.
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Re: Grimselregion | 13. Oktober 2008

Beitrag von lift-master »

also diese standseilbahn ins nirvana , im internet gibts infos und fotos davon,oben gab es ein riesen eingangstor, dieses wurde nach der aufgabe des militärstützpunktes gesprengt. einfach mal unter militäreinrichtungen am grimsel suchen.
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Dani
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Re: Grimselregion | 13. Oktober 2008

Beitrag von Dani »

Merci für den Bericht ;)
Vermutlich gibt es am Grimsel auch noch einige unterirdische Anlagen in einem sehr komplexen Stollensystem, die ich verständlicherweise nicht ablichten konnte. Aber vielleicht wird es ja irgendwann mal etwas mit einer Besichtigung der KWO, das stelle ich mir hochinteressant vor.
Ja, da bin ich schon drin gewesen, ist echt der Hammer. Irgendwo "ganz hinten" ;) gibt es auch noch eine unterirdische "Flucht-SSB", bzw. Schrägaufzug. Die ganze Anlage ist x-Mal grösser als z.B. die Göscheneralp - was das ganze tw. fast ein bisschen gewöhnlich macht. Zum Turbinenraum gibt es nämlich ein richtiger Strassentunnel wo die Touris sogar mit Cars tief in den Berg reingekarrt werden (der Tunnel ist recht lange). Wir armen Schüler bekamen damals Fahrräder, mit welchen wir das Stollensystem abgefahren sind. Was mir halt an der Göscheneralp besser gefallen hat, ist das alles viel enger und nur durch Stollenbahnen erschlossen ist. Hat mehr James Bond style ;)
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Re: Grimselregion | 13. Oktober 2008

Beitrag von migi »

Grade habe ich im Zusammenhang mit einer Reisedokumentation die ich für eine Seilbahntour zu den KWO Ende des Monats schreibe diesen Bericht gefunden.

Ich möchte da noch ein paar Anmerkungen machen. Die Region ist ein Stück weit sowas wie mein "Heimgebiet". Ich habe mich schon unzählige Stunden mit den KWO und ihren Transportanlagen befasst und die meisten auch bereits besucht bzw. wo möglich befahren.

Erstmal zur Chapfbahn: Die ist durchaus noch im Betrieb. Sie wurde vor ein paar Jahren sogar modernisiert. Die erschliesst ein Wasserschloss und ist für den Kraftwerksbetrieb notwendig, auch wenn sie scheinbar selten gebraucht wird. Das was man von der Passstrasse aus sieht, ist nicht die Talstation. Letztere liegt oberhalb des sichtbaren Gebäudes im Wald versteckt. Ein Forstweg führt dort hoch. Gemäss einem Besucherführer der KWO ist das sichtbare Gebäude eine ehemalige Talstation einer Bauseilbahn. Architektonisch wäre dies durchaus möglich.

Zur Erlenbahn: Auch diese Bahn wird noch benutzt. Allerdings auch sehr selten. Auch dort oben befindet sich ein (kleines) Wasserschloss. Die Talstation liegt hinter dem Hotel Handeck versteckt und ist nur zu finden, wenn man sie bewusst sucht.

Zur SSB am Sommerloch: Die gehörte zur Grimselfestung des Militärs. Als die Festung ausgeräumt wurde, ging das Gelände an die KWO über mit der Bedingung, dass die Bahn zurückgebaut wird. Sie endete unterirdisch direkt in der Festung. Zur Festung gehörte übrigens auch die weitherum sichtbare Hütte oberhalb der Seilbahn auf dem Felsen. Es gab von dieser Hütte einen direkten Zugang zur Festung. Heute ist die ausgeräumte Festung noch über die Grimselstaumauer zu erreichen. An ihrem westlichen Ende gibt es eine lange Treppe in die Festung hoch. Genaue Infos gibts hier: http://www.festung-oberland.ch" onclick="window.open(this.href);return false; .

Der Stollen am Sommerloch führt übrigens nicht zur Handeck. Die liegt ja viel weiter unten. Es handelt sich um einen Verbindungsstollen zum Hauptstollen zum Kraftwerk Grimsel 2, welches unter dem See liegt. Dieser Stollen vom Sommerloch aus führt mitten durch das ältere Kraftwerk Grimsel 1. Dieser Zugangsstollen hat ein weit kleineres Profil als der Hauptstollen. Hier liegen auch noch etwas mehr Überreste der ehemaligen Stollenbahn, die bis zum Bau des KW Grimsel 2 bestand.

Und ja, im Kraftwerk Grimsel 2 gibt es eine Evakuations-Seilbahn. Einfach mal googeln und schon landet man auf meiner Website mit den entsprechenden Infos ;) . Es handelt sich um zwei unterschiedlich lange Sektionen, welche allerdings beide an der selben Winde hängen, welche sich in der Bergstation am Kessiturm befindet. Zwischen den beiden Sektionen befindet sich ein waagerechter Stollen. Hier müssen die Fahrgäste zu Fuss gehen, da der Seilbahnwagen für eine Mitfahrt zu sehr geneigt wäre. Die Talstation im KW Grimsel 2 liegt oberhalb der Kraftwerksebene in einem Seitenstollen. Die Bahn kann während Besucherführungen (die öffentlichen Führungen für Einzelpersonen finden aktuell im KW Grimsel 1 statt) besichtigt werden. Mitfahren ist jedoch nicht möglich.

Theoretisch gibt es noch einige weitere unterirdische Seilbahnen. Konkret handelt es sich dabei um Schienen, welche in den Druckleitungen verlaufen. Dort kann ein Seilbahnwagen draufgesetzt werden, welcher für Inspektionsarbeiten von oben mit einer Winde heruntergelassen werden kann. Sowas gibt es in vielen Kraftwerken, auch ausserhalb den KWO.

Ebenfalls unterirdisch ist die bekannte Stollenbahn zwischen Guttannen und Handeck, welche dort für einen wintersicheren Zugang sorgt. Die Fahrt über die 4 Kilometer Strecke dauert ca. 20 Minuten und hat eine maximale Steigung von 88 Promille. Unterwegs gibt es einen Ausgang wo mithilfe einer Kletterweiche die Fahrzeuge an die Freiheit geholt werden können. Dieser Ausgang befindet sich in der Nähe des Zufahrtsstollens zum Kraftwerk Handegg 3 links unterhalb der Passstrasse. Wer genau hinschaut findet auch die Abzweigung von der Strasse dort runter ;) . Auf der Stollenbahn gibt es drei Triebwagen für je 20 Personen und einen Güterwagen. Gefahren wird im Akkubetrieb. Ausweichgleise gibt es nur in der Talstation in Guttannen. Letztere befindet sich in dem auffälligen Bruchsteingebäude im Ortskern von Guttannen. Die Bergstation liegt direkt neben der noch vorhandenen Talstation der abgebrochenen PB Handegg - Gerstenegg 1 (abgebrochen im Jahr 2004 da nicht mehr benötigt - hatte eine Kurvenstütze in einem kurzen Tunnel und eine Schwebestütze über dem Tal) und wird aus nördlicher Richtung angefahren.

Hätte ich diesen Thread früher gesehen, so hätte ich euch auch noch eine Teilnahme bei unserer Besichtigungstour Ende Monat ermöglichen können. Leider sind wir aber bereits ausgebucht. Eine weitere Führung ist aktuell für das kommende Frühjahr vorgesehen. Ist echt eine interessante Sache sich das einmal alles anzuschauen.
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Re: Grimselregion | 13. Oktober 2008

Beitrag von Felix »

Hallo migi, erstmal herzlich willkommen im Forum und vielen Dank für deine interessanten Infos!

Von der Besichtigungstour habe ich auf deiner Website gelesen. Leider habe ich aber keine Zeit für diesen Ausflug, sonst wäre ich sehr daran interessiert gewesen. Aber vielleicht klappt es ja ein andermal.
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