Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Sommerberichte aus anderen Ländern auf dem Globus.
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Felix
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Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Beitrag von Felix »

Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Nachdem ich in den letzten Jahren immer wieder interessante Bahnen in der Schweiz besucht habe, stand in diesem Sommer respektive Herbst einmal eine ganz andere Region auf dem Programm: Südtirol. Beim Stichwort Südtirol kommen den meisten in Sachen Seilbahnen wahrscheinlich zunächst einmal die Dolomiten in den Sinn, mit ihren durchindustrialisierten Anlagen und Pisten. Doch dass es auch anders geht, beweisen nicht nur die Dolomiten selbst, sondern auch zahlreiche interessante Seilbahnanlagen rund um Meran und Bozen, von spektakulär bis historisch, vom Korblift bis zum Gletscherskilift.

Der deutsche Nationalfeiertag am 3. Oktober fiel in diesem Herbst auf einen Donnerstag, sodass sich die Möglichkeit eines verlängerten Wochenendes ergab. Dieses nutzte ich, um dem Alltag von Uni und Arbeit zu entfliehen und endlich einmal die zahlreichen spannenden Anlagen in Südtirol zu fahren, die bei mir schon so lange auf dem Programm standen. Auch das Wetter sollte gemäss Prognose mehr oder weniger mitspielen, sodass einem Kurzurlaub nichts mehr im Wege stehen sollte.

Nach einem Zwischenstopp im Bündnerland ging es via Albula- und Ofenpass zunächst ins Münstertal, wo noch auf Schweizer Seite einige Anlagen auf mich warteten, die ich bis dato noch nie zu Gesicht bekommen hatte. In erster Linie handelte es sich dabei um das Gebiet von Minschuns, ein reines Schleppliftgebiet oberhalb von Tschierv. Drei völlig exotische Skilifte von Borer, Streiff und Von Rotz erschliessen hier eine Vielzahl an Pisten. Wäre es im Winter nicht so weit von der Lenzerheide bis dorthin, wäre ich ja längst schon einmal dort gewesen, aber so... Doch nun sollte es eben im Herbst endlich einmal soweit sein, dass es nach Minschuns ging. Der Parkplatz des Skigebiets war von der Ofenpassstrasse aus über eine Schotterstrasse schnell erreicht. Hier probierten gerade zwei Wohnmobiltouristen ihre selbstgebauten Rennwagenmodelle auf einer ebenso eigens eingerichteten Rennstrecke aus. Dank der Verbrennungsmotoren, die einen Höllenlärm veranstalteten, waren die beiden auch noch 40 Minuten später und 300 Höhenmeter weiter oberhalb nicht zu überhören.

Vom Parkplatz aus ging es wie erwähnt zunächst bergauf zur Alp da Munt, wo die erste Sektion Borer-Skilift endet und sich eine schwere, lange und steile Konstruktion der Firma Streiff anschliesst. Ähnlich wie der Skilift in Jaun ist dieses Exemplar des Glarner Herstellers ein echtes Unikat in dieser Region.

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Talstation des Borer-Skilifts Era Sot - wie gewohnt eine äusserst filigrane Angelegenheit.

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Die Strecke mit ihren Schräg-T-Stützen ist bis auf einen Steilhang in der Mitte eher wenig spektakulär.

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Schon etwas spannender wird es an der Talstation des Skilifts Alp da Munt. Streiff ist der Konstrukteur dieser ausgesprochen schweren Konstruktion.

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Strecke des Skilifts Alp da Munt in der Totalen.

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Die leichten Borer-Stützen glänzen in den wenigen Sonnenstrahlen, die diesen eher trüben Herbstnachmittag säumen. Im Hintergrund der exponierte Skilift Alp da Munt.

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Trostlose Landschaft auf der Alp da Munt mit Blick Richtung Ofenpass.

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Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein - jetzt weiss ich auch, warum die Schweiz als Hochpreisinsel bekannt ist! ;)

Der Weg führte uns weiter bergauf bis zur Talstation des Skilifts Vallatscha, eine Occasionsanlage, aufgestellt Anfang der 90er Jahre hier von der Firma Von Rotz. Die lange, aber eher flache Anlage überwindet etwa 300 Höhenmeter in geschützter Lage. Aufgrund der garstigen Wetterbedingungen und der fortgeschrittenen Tageszeit verzichteten wir darauf, noch weiter nach oben zu laufen und machten uns wieder zurück auf den Weg zum Auto. Dort angekommen waren die beiden Rennwagenspezialisten noch immer am rasen, während wir die Wanderschuhe wieder verstauten und uns auf den Weg in Richtung Italien machten.

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Auf dem inzwischen leider verregneten Weg zum Skilift Vallatscha.

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Die Talstation des Skilifts Vallatscha mit kombiniertem Antrieb und Abspannung.

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Der weitere, flache Streckenverlauf des Skilifts Vallatscha. An Stütze zwei wird gerade eine Revision durchgeführt.

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Während des Abstiegs fällt der Blick erneut auf den Ofenpass, ehe es zurück zum Parkplatz und auf in Richtung Meran geht.

Ein kurzer Zwischenstopp erfolgte jedoch noch im Ort Müstair, wo eine Einzelanlage der Firma Baco herumsteht. Ein Seil besitzt der Skilift nicht mehr, sodass davon ausgegangen werden kann, dass ihn wohl in Kürze dasselbe Schicksal erreichen wird, wie den Lift im Nachbardorf Santa Maria, der vor einigen Jahren abgebaut wurde.

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Talstation und Strecke dieses typischen Baco-Skilifts aus den 70er Jahren. Das entfernte Seil deutet auf eine Betriebseinstellung hin - ein Betrieb in dieser Höhenlage dürfte auch nicht besonders lukrativ gewesen sein.

Nach einem Kampf durch den Berufsverkehr in der Meraner Innenstadt ging es nach Dorf Tirol, einer Anhöhe oberhalb von Meran. Von einer Seitenstrasse aus führt eine Einersesselbahn der Firma Leitner direkt in die Meraner Innenstadt, die mit dem Auto um einiges schlechter zu erreichen ist. Obwohl die Bahn nur noch eine knappe Stunde in Betrieb war, lösten wir unter argwöhnischem Blick des Liftwarts eine Retourfahrt und machten einen kurzen Rundgang durch die malerischen Laubengassen von Meran. Inzwischen hatte sich das Wetter merklich gebessert und die untergehende Sonne sorgte für eine nahezu kitschige Stimmung. Im Anschluss ging es wieder via Dorf Tirol zum Domizil nach Bozen.

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Die Strecke der Sesselbahn Meran-Dorf Tirol. Eigentlich eine ziemlich kurze Angelegenheit, doch dank der extrem geringen Fahrgeschwindigkeit ist man fast zehn Minuten pro Fahrt unterwegs.

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Dafür kann man so den herbstlichen Ausblick auf die Dächer von Meran geniessen.

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Ein Blick zurück auf den untersten, steilsten Teil der Strecke, der gerade noch so in der Sonne liegt.

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Die letzten Sonnenstrahlen in Dorf Tirol. Irgendwie wirkt das HDR hier ja schon ziemlich unnatürlich ...

Am nächsten Morgen klingelte uns der Wecker früh aus den Federn, früher als ursprünglich geplant. Grund dafür war, dass wir vor der Abreise in Churwalden zur Sicherheit die Skiausrüstung eingeladen hatten, in der Hoffnung, es könnte sich vielleicht ein Sommerskitag ausgehen. An den Tagen zuvor war es dafür deutlich zu warm, doch am Vortag hatte es in Südtirol vormittags wie in Minschuns Niederschläge gegeben – und kälter war es auch, sodass sich die Schneefallgrenze auf knapp 2800 Meter gesenkt hatte.

Das nächste Sommerskigebiet von Bozen ist der Schnalstaler Gletscher. Zwar wäre das Stilfser Joch ebenfalls in Reichweite gewesen, doch einerseits kannten wir den dortigen Gletscher bereits und andererseits wird der Schnalstaler Gletscher mit einer wenn auch wenig bekannten, aber äusserst spektakulären Pendelbahn erschlossen, die ich schon länger auf dem Radar hatte. Zudem hatte der Gletscher erst wenige Tage zuvor den Betrieb aufgenommen, nachdem die Anlagen erstmals über Sommer eingestellt wurden. Davon erhofften wir uns weniger Andrang als am Stilfser Joch. So kam es also, dass wir uns früh auf den Weg ins Schnalstal machten und dort schon wenige Augenblicke später 1200 Höhenmeter mit der Luftseilbahn zur Grawand hinauf schwebten.

Am Gletscher angekommen wurden die Erwartungen mehr als erfüllt. Ausser ein paar Trainingsläufern waren nahezu keine Gäste im Gebiet unterwegs. Aufgrund des gerade erst angebrochenen Skibetriebs war das Angebot noch eher überschaubar. Lediglich die Sesselbahn Grawand, eine fix geklemmte Sesselbahn von Doppelmayr Italia sowie einer der beiden parallelen Finail-Skilifte derselben Firma waren in Betrieb. Beide Anlagen überwinden rund 200 Höhenmeter.

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Bei der Ankunft am Parkplatz hebt die Kabine gerade aus der Talstation ab, sodass wir es bis zur nächsten Abfahrt eine halbe Stunde später noch genügend Zeit haben und es gemütlich angehen lassen können. Im Hintergrund ist eine der zahlreichen Abfahrten zu sehen. Auch wenn Südtirol mit dem restlichen Italien ja nicht viel gemeinsam hat, die Unsitte mit den überflüssigen Fangzäunen entlang der Pisten trifft man auch hier an ...

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Die spektakuläre Strecke der Luftseilbahn Kurzras-Grawand. Eine einzige, exponierte Stütze überwinden die Kabinen auf über 1200 Metern Höhendifferenz.

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Unterwegs auf der Streckenmitte, die bereits nach wenigen Minuten erreicht ist.

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Der Ausblick vom Perron ins Tal kommt vielleicht nicht ganz an die Aiguille du Midi oder das Klein Matterhorn heran, aber atemberaubend ist er allemal. Vielleicht lag das aber auch an der extremen Höhendifferenz von Bozen auf 200 Metern bis hier oben auf 3200 Metern, dass uns der Schnauf ausging ;).

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Hinter der Bergstation fällt der Blick auf den heute geöffneten Bereich des Gletscherskigebiets. Linker Hand die Sesselbahn Grawand, rechts am Übergang zum Schatten liegen die beiden parallelen Finraillifte. Ach ja, fällt jemandem etwas auf? - Hier ist ja die Hölle los!

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An der Talstation der Sesselbahn Grawand gewinnen wir einen Blick auf den Gletschersee, der etwa 300 Meter tiefer liegt. Dort starten die beiden rechter Hand sichtbaren Doppelmayr-Sesselbahnen. Auch sie gehören noch zum Gletscherskigebiet, sind aber heute nicht in Betrieb. Mit ihnen gewinnt das Gebiet nochmals deutlich an Grösse und Abwechslung, doch für den ersten Skitag der Saison ist das geöffnete Angebot völlig ausreichend. Am Gegenhang erschliesst die Sesselbahn Hintereis Pisten bis in 3100 Meter Seehöhe. Aufgrund der Südhanglage ist hier allerdings nichts mit Gletscher.

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Unterwegs in der Sesselbahn Grawand, eine Hochleistungsanlage, die für die geschätzt 20 Skifahrer heute allerdings ein wenig überdimensioniert erscheint.

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Ein interessantes Detail am Rande (vom Gletscher): Offenbar wurde in diesem Bereich der Gletscher vermattet, sodass immer die Bahn immer noch einige Gletscherstützen aufweist. Wenn man bedenkt, dass die Anlage erst Mitte der 90er gebaut wurde, ist der Höhenunterschied bemerkenswert! Links der Bahn arbeitete den ganzen Tag ein Bagger, der einen Weg in den Gletscher schlug. Den Grund konnten wir allerdings nicht herausfinden.

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Angekommen in der luftigen Bergstation.

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Die heute längste Abfahrt führt von der Grawand zur Talstation der Finaillifte.

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Talstationen der beiden Finaillifte, von denen heute verständlicherweise nur einer in Betrieb ist.

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Ein Blick zurück während der gemütlichen Fahrt. Ein Geschwindigkeitswunder ist die Anlage wahrlich nicht!

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Am späteren Vormittag fand sich eine Gruppe Langläufer zusammen, die ohnehin schon verschwindend geringe Zahl der Alpinskifahrer nahm dagegen kontinuierlich ab.

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Blick von der Bergstation auf die Strecke der Finaillifte am Mittag.

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Nach unserer Mittagspause im Restaurant Grawand (das gleichzeitig auch ein Hotel ist) packten auch die wenigen verbliebenen Rennfahrer ihre sieben Sachen, sodass das Skigebiet fortan quasi uns allein gehörte.

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Nach einer kurzen Mittagsrast auf der Grawand zogen wir noch einmal für einige Fahrten Schwünge auf dem Gletscher, ehe es per Luftseilbahn wieder talwärts ging. Die Skihose wurde gegen eine Jeans eingetauscht, die Skistiefel gegen die Wanderschuhe und schon konnte es zum Teil zwei des heutigen Tagesprogramms gehen: nach Algund, etwa 40 Minuten von der Talstation der Schnalstaler Gletscherbahnen in Kurzras entfernt. Von Algund führt eine kultige Einersesselbahn der Firma Trojer nach Vellau, die ihre Fortsetzung in einem ebenso fahrenswerten Korblift-Oldtimer desselben Herstellers zur Leiteralm findet.

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Die urige Talstation der Sesselbahn von Algund nach Vellau. Im Gegensatz zur Sesselbahn in Meran war diese gut ausgeschildert und schnell gefunden.

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Auch vom Parkplatz aus konnten wir das Objekt der Begierde kaum verfehlen.

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Auf dem Weg zur Kasse findet sich im Untergeschoss des Hauses eine liebevoll gepflegte Übersichtskarte.

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Eine Stunde vorher noch auf den Ski, und jetzt in der Nachmittagssonne über die Weinberge schweben - kann man sich schönere Ferien vorstellen? :)

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Nach einem erneuten Kauf zweier Billete (die Anlagen werden scheinbar von verschiedenen Gesellschaften betrieben, die sich untereinander völlig verkracht haben :)) schweben wir hinauf zur Leiteralm - mein erster echter Korblift seit nun auch schon wieder sechs Jahren ...

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Am Morgen des dritten Tags in Südtirol ging es etwas gemütlicher zu und her. Später als am Vortag starteten wir zu einer guten Stunde Autofahrt von Bozen nach Campitello, inmitten der Dolomiten gelegen. Campitello liegt streng genommen nicht mehr in Südtirol, interessante Bahnen trifft man dort aber dennoch an. Das dortige Skigebiet ist Teil der weltbekannten Sella-Runde, die das Skifahren rund um den Sellastock ermöglicht und Teil des je nach Definition grössten Skigebiets der Welt, Dolomiti Superski, ist. Um endlich einmal nicht nur Seilbahn zu fahren, sondern auch etwas für die Kondition zu tun, ging es von Campitello zunächst mit einer Pendelbahn zum Col Rodella, von wo aus eine Wanderung zum Sellajoch anstand. Die Pendelbahn Campitello-Col Rodella ist ein neueres Produkt der Firma Doppelmayr mit grossräumigen Kabinen für 125 Personen. Umso erstaunlicher, dass die Bahn bei dieser Grösse alle 15 Minuten fährt – kennt man anderswo eigentlich nicht so.

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Ausblick vom Col Rodella auf den Sellastock.

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Auch unser späteres Ziel, Sass Pordoi, lässt sich von hier bereits erkennen.

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Ausblick vom Col Rodella auf die Langkofelgruppe.

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Eine der zahlreichen Agamatic-Anlagen in diesem Bereich. Überhaupt ist der Verhau für einen Seilbahnfan hier eine rechte Freude ;).

Nach einem Marsch mit grandioser Aussicht auf den Sellastock und auf die Langkofelgruppe erreichten wir das Sellajoch, wo genauso wenig Andrang herrschte wie in Campitello. Überhaupt war die ganze Region wie ausgestorben, weswegen wohl auch die meisten Bahnen bereits Saisonschluss hatten. Oder waren Ursache und Wirkung genau vertauscht? Jedenfalls ging es im Anschluss an die Überlegungen mit einer Bahn nach oben, die schon seit etlichen Jahren auf meiner To-Do-Liste stand – die Bahn zur Langkofelscharte. Ein Prachtexemplar der Firma Trojer mit geschlossenen Kabinen, die wie ein Korblift bestiegen und verlassen werden. Gemächlich ging es zunächst über eine Steinwüste und im Anschluss an den steilen Felswänden die Langkofelscharte hinauf.

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Bei meinem letzten Besuch am Sellajoch vor sechs Jahren hatte es diesen Ausblick so noch nicht gegeben. Zwar existierte die Seilbahn zur Langkofelscharte natürlich auch schon damals, doch die Sesselbahn "darunter" noch nicht. Einen Leitner-Schlepplift und eine Sesselbahn der gleichen Firma ersetzte die neue Bahn, bei der interessanterweise zum Betrieb der Bahn zur Langkofelscharte an zwei Stützen das Seil ausgehängt werden muss. Da letztere schon seit Jahrzehnten leider im Winter nicht mehr fährt, stellt diese Tatsache kein Problem dar.

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Ausblick Richtung Val Gardena.

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Ausblick aus der Scharte Richtung Westen.

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Blick zur Marmolada mit ihrem Gletschermassiv. Bei genauem Hinsehen ist auch eine Zwischenstütze der dritten Sektion Luftseilbahn am Horizont zu erkennen.

Nach der Mittagspause im Rifugio Toni Demetz hatte sich das Wetter leider merklich verschlechtert. Die Sonne blinzelte nur noch spärlich zwischen den immer dichter werdenden Nebelwolken durch, sodass es wieder zurück Richtung Sellajoch ging. Von dort folgte wiederum eine Wanderung zurück zum 250 Meter höher gelegenen Col Rodella. Schon bald schwebten wir in einer nahezu leeren Kabine wieder talwärts nach Campitello.

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Talfahrt zum Sellajoch.

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Auf dem Weg zurück zum Col Rodella.

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Eine der beiden sehr geräumigen Kabinen der Luftseilbahn von Campitello zum Col Rodella.

In Campitello entschieden wir uns nach kurzer Beratschlagung trotz des schlechteren Wetters dazu, auf den Passo Pordoi zu fahren. Von hier aus führt eine spektakuläre stützenlose Pendelbahn der Firma Hölzl zum knapp 3000 Meter hoch gelegenen Sass Pordoi, die als eine der wenigen Anlagen in den Dolomiten noch geöffnet hatte. Am Parkplatz entschieden wir uns schliesslich dazu, der Bahn einen Besuch abzustatten, in der Hoffnung, die Bergstation würde über den Wolken liegen. Zu unserem Erstaunen fuhr auch diese Bahn wieder in einem 15-Minuten-Takt, obwohl nahezu keine Fahrgäste vor Ort waren. Während der Fahrt tauchten wir in immer dichter werdende Nebelschwaden ein. Als die Gegenkabine uns passierte, war es für einen Augenblick heller, doch dann verschwanden die Seile bereits nach wenigen Metern wieder in den Wolken. Erst kurz vor der Bergstation tauchten wir aus dem Nebelmeer auf und waren wieder an der Sonne – eine knappe Sache, aber das Risiko machte sich bezahlt!

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Der wolkenverhangene Start am Passo Pordoi gleicht einer Fahrt ins Ungewisse ...

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... doch schon bald haben wir nicht nur die Gegenkabine, sondern auch die Wolken hinter uns gelassen.

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Der Ausblick ist in alle Richtungen atemberaubend!

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Und alle 15 Minuten taucht eine der beiden Kabinen wieder aus den Wolken auf, ...

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... ehe sie die exponierte Bergstation erreicht.

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Auf dem Rückweg nach Bozen machen wir einen Abstecher über Corvara. Hier ist das Wetter weit besser als auf der anderen Seite des Grödnerjochs.

Ursprünglich war für den frühen Vorabend noch eine Fahrt mit der Rittnerseilbahn in Bozen geplant. Bei dieser handelt es sich um die erste Dreiseilumlaufbahn der Firma Leitner, die die Stadt Bozen mit dem Ritten verbindet. Da sich bei unserer Ankunft allerdings der Nebel bereits etwas gesenkt hatte, verschwand die Bahn im obersten Streckenabschnitt in selbigem. Eine Fahrt unter diesen Umständen hätte keinen Sinn gemacht, sodass ich es bei einigen Fotos der architektonisch interessanten Talstation beliess.

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Die nicht nur seilbahntechnisch, sondern auch architektonisch interessante Talstation der Rittnerseilbahn. Aufgrund des begrenzten Platzes sind die Stationen eigentlich zu kurz, um die Kabinen abzubremsen bzw. zu beschleunigen. Daher wird bei der Ein- und Ausfahrt einer Kabine die Anlage für kurze Zeit verlangsamt, bis die Kabine die Kuppelstelle passiert hat.

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Die Strecke, die sich leider gänzlich unter den Wolken befindet.

Schon im Vorfeld unserer Reise war klar, dass der letzte Tag wettertechnisch am unsichersten sein würde. Und in der Tat – beim morgendlichen Blick aus dem Fenster zeigte sich, dass noch immer der Hochnebel vom Vortag den Himmel zierte. Auch beim Blick auf diverse Webcams bot sich kein gutes Bild, denn über dem Hochnebel mit einer Obergrenze auf 2000 Metern war der Himmel bewölkt. So fuhren wir zunächst zu zwei weiteren interessanten Seilbahnen in Bozen, um diesen einen kurzen Besuch abzustatten und im Anschluss unseren Rückweg gen Norden anzutreten. Ein erster Halt erfolgte bei der weltbekannten Kohlern-Seilbahn, ihres Zeichens mit Baujahr 1908 die erste für den Personentransport zugelassene grosse Luftseilbahn mit Pendelbetrieb. Von der ursprünglichen Anlage, aus der Feder von Ceretti & Tanfani stammend, ist allerdings nichts mehr zu sehen.

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Talstation der Kohlernseilbahn - das sieht ja nicht mehr wirklich nostalgisch aus :(.

So machten wir uns quer durch die Stadt auf zu einer weniger bekannten Pendelbahn nach San Genesio, einem Dorf oberhalb von Bozen. Die Bahn wurde zwar erst 50 Jahre nach der Kohlern-Seilbahn eröffnet, aber weit weniger modernisiert, sodass das Produkt der Firma Hölzl mit seinen Betonstützen noch immer recht nostalgisch daherkommt.

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Da sieht diese Anlage nach Jenesien doch schon wesentlich interessanter aus!

Ursprünglich hatten wir geplant, nördlich von Bozen in Lana auf das Vigiljoch zu fahren. Auch die dortige Pendelbahn kann inzwischen auf eine über hundertjährige Geschichte zurückblicken, wurde sie doch erstmalig 1912 vom Seilbahnpionier Luis Zuegg erbaut. Doch auch diese Anlage führte direkt in den Nebel, sodass wir wenig Lust verspürten, mit ihr zu fahren. Auf einer Wanderkarte entdeckten wir dann eine Strasse, die zur Bergstation der Pendelbahn führt. Da wir noch genügend Zeit hatten, folgten wir den Wegweisern nach Pawigl, wo wir unterwegs auf eine weitere kleine Pendelbahn trafen. Diese schien allerdings nicht in Betrieb zu sein, sodass wir unseren Weg direkt fortsetzten. Nach vielen Kehren erreichten wir schliesslich einen Parkplatz mit einem Wegweiser. Der Nebel war derart dicht, dass ich auf zwei Meter Entfernung nicht entziffern konnte, was auf dem Wegweiser stand. So stieg ich aus dem Auto und sah mir die Sache genauer an – 40 Minuten bis zu Bergstation Vigiljoch. Warum nicht noch eine kurze Wanderung vor der langen Fahrt? Meine Begleitung war einverstanden und so machten wir uns auf die Suche nach der Bergstation der Vigiljochbahn. Dort sollte uns schliesslich noch eine interessante Sesselbahn der Firma Trojer erwarten.

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Die Strecke der Pendelbahn von Lana zum Vigiljoch, die dank ihrer Betonstützen schon von weitem sichtbar ist.

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Die Kabinen der Bahn wurden erst vor kurzem modernisiert, sodass auch hier der nostalgische Charakter etwas getrübt ist.

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Talstation der Pendelbahn nach Pawigl, die oberhalb von Lana etwas versteckt startet.

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Nach nur einer knappen halben Stunde standen wir an der Talstation der besagten Sesselbahn, die zu unserem Erstaunen sogar in Betrieb war. Laut Aussage des Liftwarts würden uns an der Bergstation die gleichen Wetterverhältnisse erwarten wie unten – würde sich das Hochfahren also lohnen? Immerhin hatte sich der Nebel deutlich gesenkt, hier und da konnte man sogar die Sonne erahnen. Probieren geht über studieren lautete das Motto und schon wenige Augenblicke später schwebten wir in den Einersesseln den Berg gemächlich empor.

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Unterwegs Richtung Vigiljoch - das sieht ja nicht gerade vielversprechend aus ...

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Zwischenzeitlich sorgen immerhin die Leitner-Stützen für ein wenig Abwechslung. Da die Nummerierung der Stützen am Berg beginnt wissen wir immerhin, wie weit es noch ist.

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Doch auch am höchsten Punkt der Sesselbahn ist von Sonnenstrahlen nichts zu sehen.

An der Bergstation hatten wir weit weniger Glück als am Vortag am Sass Pordoi, denn noch immer betrug die Sichtweite keine zehn Meter. Auch nach der Mittagspause besserte sich das Wetter kaum. So entschlossen wir uns nach einem kurzen Spaziergang durch den Wald nahe der Sesselbahnstation wieder für die Talfahrt, ehe es zurück zum Auto und Richtung Heimat ging.

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Immerhin treffen wir hier oben einen Lamborghini an - mit Scheibenbremsen. Scheint ein älteres Modell zu sein, die Aerodynamik wirkt nicht ganz ausgefeilt ;).

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Neben dem Lamborghini gibt es aber hier oben auch noch zwei Skilifte zu bestaunen. Einen kann ich ohne Zweifel als Doppelmayr-Konstruktion identifizieren, ...

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... doch der zweite sieht doch recht ungewöhnlich aus - eine gewisse Ähnlichkeit zu den Stützen der Sesselbahn ist allerdings nicht abzustreiten. Sollte es sich hierbei um einen Trojer-Skilift handeln?

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Auf der Talfahrt mit der Sesselbahn.

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Der lichte Nebel sorgt bei einigen Passagen für ungewohnte Farbkontraste.

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Wieder angekommen an der Talstation - bis bald Vigiljoch, sicher einmal wieder bei besserem Wetter!
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Re: Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Beitrag von ProfiSuisse »

Herzlichen Dank für diese schöne Reportage! Scheint als hätte es dort wirklich sehr sehenswerte Anlagen :D

Das Vigiljoch mit dem Nebel finde ich gar nicht mal so übel, die Fotos haben einen gewissen Effekt, der mir gefällt!
Felix hat geschrieben:Bild
Der lichte Nebel sorgt bei einigen Passagen für ungewohnte Farbkontraste.
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Re: Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Beitrag von bündner »

Danke für die Bilder!

Pawigl sollte eigentlich immer in Betrieb sein. Da muss man einfach die Bergstation anrufen um hochzufahren. Kann die Bahn nur empfehlen, ist ein fast schon ein Abenteuer die Kiste! :mrgreen:
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Monte
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Re: Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Beitrag von Monte »

Sehr schöner Bericht.

ich weiss nicht wiso es scheint im Aussland scheint man mehr Nostalische Anlagen zu schätzen.
In der Schweiz sind öffntliche Einersesselifte schon längst ausgestorben und sonstige intersannte Anlagen wegen irgenwelchen Sicherheitshirngespinsten und langsamer Förderleistung verteufelt.
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Re: Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Beitrag von Dani »

Merci für den Bericht...

Aber...
Trostlose Landschaft auf der Alp da Munt mit Blick Richtung Ofenpass.
Das ist doch nicht trostlos... Eher eine der schönsten Landschaften die es in der Schweiz noch gibt... ;)
Eine der zahlreichen Agamatic-Anlagen in diesem Bereich. Überhaupt ist der Verhau für einen Seilbahnfan hier eine rechte Freude ;).
Wurden die fixgeklemmten Sessellifte nicht immer als "Doppelmayr Italia" vermarktet? Ok, die Teile scheinen aus der selben Fabrik zu kommen... ;)
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Re: Südtirol im Oktober 2013 • Von der Skipiste zum Korblift

Beitrag von Felix »

Monte hat geschrieben:ich weiss nicht wiso es scheint im Aussland scheint man mehr Nostalische Anlagen zu schätzen.
In der Schweiz sind öffntliche Einersesselifte schon längst ausgestorben und sonstige intersannte Anlagen wegen irgenwelchen Sicherheitshirngespinsten und langsamer Förderleistung verteufelt.
Ja, das ist durchaus an manchen Orten der Fall. Z. B. gibt es in Deutschland einige Anlagen, die unter Denkmalschutz stehen und daher einen besonderen Status geniessen.
Dani hat geschrieben:
Trostlose Landschaft auf der Alp da Munt mit Blick Richtung Ofenpass.
Das ist doch nicht trostlos... Eher eine der schönsten Landschaften die es in der Schweiz noch gibt... ;)
Der Hintergrund schon eher, aber die Wiesen im Vordergrund waren schon ziemlich trostlos... Aber das lag sicher auch in erster Linie am Wetter ;).
Dani hat geschrieben:
Eine der zahlreichen Agamatic-Anlagen in diesem Bereich. Überhaupt ist der Verhau für einen Seilbahnfan hier eine rechte Freude ;).
Wurden die fixgeklemmten Sessellifte nicht immer als "Doppelmayr Italia" vermarktet? Ok, die Teile scheinen aus der selben Fabrik zu kommen... ;)
Das ist gut möglich, Agamatic war ja eher im Bereich der kuppelbaren Bahnen aktiv. Aber auch davon gibt es dort mehr als genug, insofern schon eine Agamatic-Hochburg. Und wie du schon sagst, die die Stützen kann man eh nicht unterscheiden ;).
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