Angst vor dem "hängen bleiben"

Technik, Betrieb, Entwicklung und Innovation bei Seilbahnen und ihren Komponenten.
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Marco83
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Angst vor dem "hängen bleiben"

Beitrag von Marco83 »

Hallo Zusammen

Vielen Dank für die ganzen spannenden Artikel, Infos und natürlich für die ganzen Fotos hier. Mich faszinieren die Seilbahnen auch seit je her.
Leider hat sich vor ein paar Jahren bei mir ganz mühsame Angstzustände entwickelt, sobald ich in einer Seilbahn oder einem Sessellift sitze. Nicht gegenüber dem "runter fallen", viel mehr gegenüber dem "oben bleiben" :lol: Sobald die Bahn die Geschwindigkeit verringert oder gar stehen bleibt, habe ich eine Art Platzangst, dass dieser Zustand nun stundenlang bleibt und erst eine lang dauernde Evakuierung mich daraus befreien kann. Vor allem bei alten, ganz langsamen Liften (wie z.B. der 3er Valata - Cuolm in Obersaxen) ist das extrem.
Nun meine Frage an die Erfahrung hier;
wie oft kommt es tatsächlich vor, dass ein technischer Defekt eine Evakuierung erfordert? Gibt es hier handfeste Informationen? Eine Bahn wird dies ja kaum an die grosse Glocke hängen. Gibt es auch Lifte welche eine Evakuierung aus "eigener" Kraft schaffen, ohne dass eine lang andauernde Evakuierung nötig ist? Ich meine z.B. durch ein Rückwärts herunter pendeln ohne Antrieb, rein durch die Erdanziehung?

Vielen Dank!
migi
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Re: Angst vor dem "hängen bleiben"

Beitrag von migi »

Je nach Defekt besteht in vielen Fällen die Möglichkeit die Sessel/Gondeln per Notantrieb in die Stationen zu bringen. Bereits das kommt relativ selten vor. Mir persönlich ist dies in den letzten 20 Jahren in denen ich mich intensiver mit Seilbahnen beschäftige bisher genau ein einziges Mal passiert. Das bedeutet dann je nach Situation ein paar Minuten Stillstand und im Anschluss eine, meistens langsame, Fahrt bis zur Station.

Kleinere Störungen oder Nothalte sind hingegen keine Seltenheit. Auch hierbei geht es normalerweise nach maximal ein paar Minuten wieder weiter. Die Gründe können dabei sehr vielfältig sein. Seilbahnen sind in punkte Sicherheit so ausgelegt, dass eher einmal zu früh als zu spät abgeschaltet wird. Ein einziger gestörter Sensor kann also bereits reichen um einen Nothalt auszulösen.

Wirkliche Evakuierungen kommen freilich vor, sind aber höchst selten und bedingen grössere (mechanische) Defekte oder Störungen. Bevor man Sessel oder Gondeln per Abseilen, Helikopter oder Rettungsbahn räumt, wird man alle anderen Möglichkeiten zur Bergung versuchen, sprich eben die Fahrt per Notantrieb oder wenn möglich eine, wenn vielleicht auch nur notdürftige, Reparatur. Eine reine Rückwärtsfahrt per Schwerkraft dürfte in den meisten Fällen ausscheiden. Das bedingt entsprechende Gewichtsverhältnisse, ein Streckenprofil welches dies erlaubt und vor allem eine funktionsfähige Bremse und je nach Typ der Anlage die grundsätzliche technische Möglichkeit einer Rückwärtsfahrt.

Davon abgesehen: Für mehrere Stunden in einer Gondel oder auf einem Sessel festzusitzen ist zweifelsfrei unangenehm, aber kein wirkliches Risiko. Es ist die gleiche Bahn die du wenn sie fährt grundsätzlich als sicher erachtest. Nur weil sie sich nicht mehr bewegt, ändert sich daran im Grunde nichts. Das Seil wird nicht reissen weil die Anlage stillsteht und auch die Klemme einer Umlaufbahn wird sich nicht plötzlich öffnen. Deine Angst kann ich aber selbstverständlich schon nachvollziehen. Man hat in einer solchen Situation keinen direkten Einfluss und kann lediglich abwarten.
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Re: Angst vor dem "hängen bleiben"

Beitrag von TPD »

Ich schwebe jetzt auch schon fast seit 40 Jahren mit Seilbahnen durch die Gegend.
Aber dass ich selber über eine längere Zeit in einer Gondel oder Sessel gefangen war und evakuiert werden musste, ist mir bis jetzt zum Glück noch nie passiert.

- Die Sillerenbahn in Adelboden war kurz nach der Eröffnung berüchtigt für ihre Kinderkrankheiten und sie streikte regelmässig.
Als sie wieder einmal eine Trotzphase hatte, stand ich gerade vor dem Drehkreuz. Da hat man sich halt vor der Station die Füsse vertreten bis die Bahn rund 30 Minuten wieder der Laune war anzuspringen. Da im Hochsommer, war es sicher für die Leute, die in den Gondeln gefangen waren nicht besonders angenehm.
- Bei einer Sesselbahn konnte ich gerade noch aussteigen bevor sie, aus mir unbekannten Gründen, den Dienst quittierte.
Rund 30 Minuten später wurde die Bahn mit Hilfe des Notantriebs leer geräumt.
- In der Tat bin ich aber auch schon auf Skilifte stecken geblieben. Sei es wegen einer technischen Störung, deren Reparatur dann mehre Tage dauerte oder aufgrund einer Seilentgleisung, weil sich die Leute nicht bewusst sind, dass das Slamlomfahren brand gefährlich ist!
Aber wenigstens kann man bei einem Skilift selber absteigen und man ist nicht auf die Bergungsequipe angewiesen.
- Sonst habe ich die meisten Störungen bei der Abfahrt von Grosskabinen erlebt. Sei es weil irgend ein Türsensor streikte oder der Kabinenbegleiter vergass die Abfahrt zu quittieren :D Aber hier befindet man sich immer noch in der Station und man könnte jederzeit wieder raus.
- Auch nicht zu unterschätzen sind überraschende Wetterumstürze. Aber hier wird natürlich versucht die Bahn möglichst rasch leer zu räumen. Dafür stranden die Leute, die noch nicht auf der Bahn sind. Kann auf einem Gipfel ohne Schutzmöglichkeit auch sehr unangenehm werden...

Ich will Dir damit keine Angst einjagen. Aber ich will Dir mit diesen Beispielen aufzeigen, dass ich bis jetzt auch noch in keinen Fall involviert war, wo die Bergung über mehrere Stunden dauerte...
Und ja ich hätte auch einen grossen Bammel wenn ich abgeseilt oder per Hubschrauber gerettet werden müsste.
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